Siegen. Bei „Kodrona“ erforschen Siegener Partner, was es braucht, um Luftfracht zwischen zwei Kliniken zu transportieren. Später kann daraus mehr werden
Der Raum auf Siegener Straßen ist knapp – aber in der Luft ist Raum. Der ist nur streng reglementiert. Beziehungsweise überhaupt nicht: Unter einer Höhe von 500 Metern darf man nicht einfach so fliegen. Auf gar keinen Fall, wenn das Fluggerät unbemannt und außer Sichtweise des Piloten ist.
Genau das hat das Siegener „Kodrona“-Projekt aber vor: Eine Drohne eine relativ weite Strecke fliegen zu lassen, selbstständig; so weit, dass der Pilot die Drohne nicht mehr mit bloßem Auge erkennen kann. Technisch ist das schon heute im Grunde kein Problem. Rechtlich schon.
Das Kodrona-Projekt und die Ziele der Siegener Krankenhäuser
Kodrona steht noch ganz am Anfang. Ein kompletter Testflug hat noch nicht stattgefunden, Starts und Landungen klappen aber. Alles dazwischen muss erst einmal rechtlich geklärt werden. Arbeitsgruppen arbeiten die nötige Infrastruktur aus, definieren Prozesse, wälzen Gutachten. Das soll in einem wirklichen Testflug münden, der wiederum ausgewertet wird und zusammen mit weiteren Tests ergeben soll, was verändert werden muss, um wirklich durchgängig von A nach B fliegen zu können. BVLOS heißt das im Fachjargon: „Beyond Visual Line of Sight“ (Außerhalb der Sichtweite, Red.).
Und wenn das alles klappt, soll eine Drohne zwischen der DRK-Kinderklinik auf dem Wellersberg und dem Kreisklinikum in Weidenau fliegen, um Blutproben zu transportieren. „Der riesige Vorteil liegt im Tempo im Vergleich zum Taxi“, sagt Arnd Dickel, Pressesprecher der Kinderklinik. Ein Taxi muss gerufen werden, es muss auf den Wellersberg fahren, die Probe einsammeln und auf dem Weg nach Weidenau vor Ampeln und im Stau stehen. Weil das so aufwändig ist, werden Proben gesammelt, für drei bis fünf Fahrten am Tag. Rund 50 Laboruntersuchungen von Blut oder anderen Körperflüssigkeiten fallen am Tag in der Kinderklinik an.
„Wenn es aber einen kritischen Fall gibt, schicken wir die Drohne mit der Blutprobe los und sie ist in wenigen Minuten im Labor“, schildert Dickel eine künftige mögliche Situation. Das ist der Plan, die zweite Stufe: Erfahrungen sammeln im Flugbetrieb auf dem Korridor Wellersberg – Weidenau. Stufe 1 ist die rechtliche Abklärung des Luftraums und ein absolvierter Flug.
Die nächsten Schritte auf dem Weg zu einer funktionsfähigen Drohnenverbindung
Die dritte Stufe: Klappt es zwischen Kinderklinik und Kreisklinikum, läuft dieser Flugkorridor stabil, könnten weitere Krankenhausstandorte eine Kodrona-Achse bekommen. Damit gäbe es dann schon ein Drohnen-Netz.
Und mit diesem Drohnen-Netz lässt sich womöglich eines Tages die vierte Stufe zünden: Luftkorridore nicht nur zwischen Krankenhäusern und zur medizinischen Versorgung, sondern auf lange Sicht überhaupt für Logistik. Sehr weit in die Zukunft geblickt: Ein Luftstraßennetz („U-Space“ – innerstädtischer Luftraum) – im Grunde wie auf dem Boden, nur unsichtbar und ein paar hundert Meter höher. Die ersten Grundlagen dafür, dass dann vielleicht dutzende Drohnen über Siegen schwirren, starten, landen, überwacht werden, damit es keine Unfälle gibt – an Krankenhäusern sind häufig Hubschrauber unterwegs –, werden jetzt gerade gelegt.
„Vor 125 Jahren wurde mit dem ersten motorisierten Omnibus der Welt der Personenverkehr grundlegend umgekrempelt“, sagt Arnd Dickel. Damals hat längst nicht alles auf Anhieb geklappt – aber die Grundlage war gelegt. Ähnliche Grundlagen könnten mit „Kodrona“ im Jahr 2020 für den künftigen Waren-Luftverkehr der Zukunft gelegt werden.
Die Drohne: Fluggerät vom Siegener Weltmarktführer Microdrones
Die Idee, Drohnen als Logistikmittel einzusetzen, ist nicht neu. Die Deutsche Post etwa experimentiert schon länger damit. Der Witz an der Sache – und die große Herausforderung – ist eben die Automatisierung, dass das Drohnennetz von selbst funktioniert und die Operatoren nur eingreifen müssen, wenn es Probleme gibt.
Die Drohnen, Hersteller ist der Siegener
Weltmarktführer Microdrones, können einiges ab. Nachts und bei schlechtem Wetter sind die Fluggeräte erprobt.
Der regionale Ansatz: Bei Kodrona sind Siegener Partner für Siegen beteiligt
„Hier haben wir die Möglichkeit, mit neuen Technologien zu arbeiten und sie in den Dienst der Menschen zu stellen und zu gucken, wie wir diese Technologie in den Städten entwickeln können“, sagt Projektleiter Dominik Eichbaum, Abteilung Wirtschaftsförderung bei der Stadt Siegen.
Eine Besonderheit dabei sei, dass alle Projektpartner aus der Region kommen und in Siegen ansässig sind – und etwas für die Region erforschen. „Wir können stolz sein, dass wir hier die Möglichkeit haben, uns mit anderen Städten deutschland- und europaweit zu messen.“
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