Siegen. Ein Experte der Uni Siegen ist an einer bundesweiten Studie zu Einstellungen von AfD-Wählern beteiligt. Die Ergebnisse sind recht eindeutig.

Wählerinnen und Wähler der AfD „zeigen in allen Bereichen antidemokratischer Einstellungen deutlich höhere Zustimmungswerte als die Anhängerinnen und Anhänger anderer Parteien“. Das geht laut einer Mitteilung der Universität Siegen aus einer nun veröffentlichten, repräsentativen Studie des Kompetenzzentrums für Rechtsextremismus- und Demokratieforschung der Universität Leipzig hervor. An der Studie war auch der Siegener Forscher Dr. Johannes Kiess vom Seminar für Sozialwissenschaften beteiligt.

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Im Rahmen der Leipziger Autoritarismus-Studien befragten die Forscherinnen und Forscher von Mai bis Juli 2018 insgesamt 2.344 Personen im Alter zwischen 18 und 91 Jahren zu ihren politischen Einstellungen. Sie fanden unter anderem heraus, dass bei Wählern der AfD ein höherer tradierter Antisemitismus zu finden ist. Zudem seien in keiner anderen Wählergruppe rechtsextreme Einstellungen und Muslimfeindschaft weiter verbreitet, sagt der Leiter der Studie, Dr. Oliver Decker von der Universität Leipzig.

Forscher sehen Grund zur Sorge

Aus den Ergebnissen lasse sich ableiten, dass ein Großteil der Anhänger die AfD nicht trotz, sondern wegen ihrer antidemokratischen Positionen wähle, ergänzt die an der Studie beteiligte Wissenschaftlerin Julia Schuler. Menschen, die zwar schon lange „extrem rechte Einstellungen“ teilten – etwa Chauvinismus, Befürwortung einer Diktatur, Antisemitismus oder Ausländerfeindlichkeit – aber bis 2014 SPD oder CDU wählten, „stimmten jetzt für eine Partei, die eine Programmatik entsprechend ihrer Einstellung umsetzt“, schreibt die Universität Siegen. Diese Gruppe habe in der AfD eine politische Heimat gefunden, so Decker.

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„Vor dem Hintergrund der Ereignisse der letzten Monate ist diese klare Positionierung gegen den demokratischen Zusammenhalt mit Sorge zu betrachten“, betont der Rechtsextremismusforscher. Die Ermordung des hessischen Politikers Walter Lübcke, das Attentat auf die Synagoge in Halle und die anschließenden Morde, wie auch der jüngste rassistische Terroranschlag in Hanau mit zehn Ermordeten seien durch „dieselbe rechtsextreme Ideologie der Ungleichwertigkeit“ motiviert gewesen.

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Tendenz zu Gewaltbereitschaft

Konkret fand das Team heraus, dass AfD-Anhänger „nicht nur mehrheitlich chauvinistischen und ausländerfeindlichen Aussagen zustimmten, sondern viele von ihnen auch eine rechtsautoritäre Diktatur bevorzugten und Demokratie ablehnten“, wie es weiter heißt. Die Wissenschaftler bescheinigten ihnen zudem „ein hohes Maß an Antisemitismus, Sozialdarwinismus sowie einen ausgeprägten Hang zur Verharmlosung des Nationalsozialismus“.

80,6 Prozent der AfD-Wählerschaft hätten angegeben, sich durch „die vielen Muslime“ fremd im eigenen Land zu fühlen. Mehr als 70 Prozent äußerten den Standpunkt, Muslimen sollte die Zuwanderung nach Deutschland untersagt werden. Ein Großteil stellte triftige Asylgründe wie Verfolgung im Heimatland infrage. Zudem war der Umfrage zufolge jeder fünfte AfD-Anhänger „bereit zur Anwendung körperlicher Gewalt, um eigene Interessen durchzusetzen“.

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Hang zu Verschwörungstheorien

Mehr als die Hälfte der AfD-Wähler findet den Studienergebnissen zufolge „Ressentiments gegen Juden mindestens teilweise verständlich“. „Bei keiner anderen Partei nutzen die Anhänger so offen die Möglichkeit, ihren Antisemitismus zu äußern“, erläutert der Siegener Soziologe Dr. Johannes Kiess.

Mehr als ein Drittel der AfD-Wähler befürchteten, dass hinter politischen und sozialen Ereignissen in der Welt geheime Organisationen mit großem Einfluss stecken. Die Forscher stellten fest, dass „erschreckend viele Wähler der AfD diese Verschwörungsmentalität und antidemokratische Einstellungen teilen“.

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Warnung vor Terror

„Dass diese Motive in einigen Teilen der Bevölkerung geteilt werden, diese eine parlamentarische Repräsentanz haben und damit auch als legitim erfahren werden, macht das Risiko weiterer rassistischer Terroranschläge groß“, warnt Studienleiter Oliver Decker. Er und sein Team sehen die Vertreterinnen und Vertreter der AfD in der Verantwortung, „sich sowohl inhaltlich, als auch in der Rhetorik für den demokratischen Zusammenhalt in einer pluralen und liberalen Demokratie einzusetzen“, wie es abschließend in der Mitteilung heißt.

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