Siegen. In Siegen-Wittgenstein und Olpe steigt laut IHK-Konjunkturklimaindex im Januar die Stimmung der Unternehmer. Sorge bereitet aber das Coronavirus.

Die Stimmung in der regionalen Wirtschaft geht nach zwei Jahren Abwärtstrend wieder etwas nach oben. Der Konjunkturklimaindex, den die Industrie- und Handelskammer (IHK) Siegen regelmäßig via Umfrage bei den Unternehmen ermittelt, steigt von 99 Punkten im September auf 106 Punkte im Januar. Er liegt damit genau im langfristigen Mittel der vergangenen 20 Jahre. „Ein passables Ergebnis“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Klaus Gräbener. „Aber berauschend ist anders.“ Hinzu kommt: Zum Zeitpunkt der Umfrage war das Coronavirus noch kein Thema – sonst wären einige Antworten womöglich anders ausgefallen.

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Coronavirus. „Wer wie früher sagt ,wenn in China ein Sack Reis umfällt, interessiert uns das in Deutschland nicht’ – der hat den Knall nicht gehört. Das ist durch!“, sagt Klaus Gräbener. Allein im Jahr 2018 hätten die Firmen in den Kreisen Siegen-Wittgenstein und Olpe, Zuständigkeitsbereich der IHK Siegen, Waren im Wert von mehr als 550 Millionen Euro nach China exportiert, das Importvolumen umgekehrt lag bei rund einer Milliarde Euro, schätzt der Hauptgeschäftsführer: „Das ist nicht ein Klacks, um den es hier geht.“ Das Coronavirus habe folglich „ein hohes Verletzungsrisiko für die heimische Wirtschaft“. Dies dürfte sich allerdings in Abhängigkeit von der Entwicklung der Situation in China erst in der kommenden Umfrage auswirken. Betroffen sei keinesfalls nur eine einzelne Branche wie etwa der Automobilbereich. Klaus Gräbener: „Fragen sie mal einen Maschinenbauer.“ Inzwischen „dämmert vielen Leuten, dass weltweite Produktionsströme und Lieferketten kräftig durchgeschüttelt werden könnten.“

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19 Prozent der Unternehmen – 547 haben sich an der Umfrage beteiligt – erwarten in den kommenden Monaten bessere Geschäfte. Im September waren es nur 13 Prozent. 25 Prozent gehen von schlechteren Geschäften aus, im September waren es noch 29 Prozent. Mehr als ein Drittel der Unternehmen schätzt seine aktuelle Lage als gut, etwa die Hälfte als befriedigend ein. Unzufrieden sind, wie im September, 16 Prozent.

Der Auslastungsgrad der Industrieunternehmen sinkt. 74,9 Prozent melden mehr als 70 Prozent Auslastung, 34,9 Prozent mehr als 85 Prozent. Die Peaks der jüngeren Vergangenheit lagen bei rund 90 Prozent im Januar 2019 (über 70 Prozent Auslastung) und rund 57 Prozent im Januar und September 2018 (über 85 Prozent Auslastung). Allerdings lag der Konjunkturklimaindex im Januar 2018 auch auf einem Rekordwert von 137 Punkten. Die Auslastung, betont Klaus Gräbener, sei „weiterhin auf einem guten Niveau“, es machten sich aber vielerorts die sinkenden Auftragseingänge bemerkbar. Und mit einem Saldo aus positiver und negativer Einschätzung von zwölf Prozent übertrifft die Lagebeurteilung der Industrieunternehmen den Septemberwert zwar um sechs Prozentpunkte, liegt aber weit unter den 54 Prozent vom Januar 2018. „Zwölf ist nicht wirklich prickelnd“, kommentiert Klaus Gräbener das Ergebnis.

Weiterhin Unsicherheiten

Die internationale Lage sei „für unsere exportorientierten Unternehmen“ weiterhin mit Unsicherheiten verbunden, sagt Felix G. Hensel, Präsident der IHK Siegen.

Das Coronavirus ist ein relevantes Thema, die Handelspolitik von US-Präsident Donald Trump ebenfalls. Etwas in den Hintergrund getreten sei der Brexit, nachdem der Stichtag nun vorbei sei: „Erst einmal läuft es handelspolitisch weiter wie bisher“, sagt Felix G. Hensel. Die weiteren Verhandlungen folgen noch.

„Etwas, was die Stimmung in der Wirtschaft nicht gerade steigert“, sei im Moment die bundespolitische Lage mit dem Rückzug von Annegret Kramp-Karrenbauer vom CDU-Vorsitz und einer möglichen Kanzlerkandidatur ihrerseits.

Dauerhaft negative Auswirkungen auf die heimische Wirtschaft befürchtet der IHK-Präsident allerdings nicht, „zum Glück haben wir in Deutschland stabile politische Verhältnisse“. Er hoffe aber, „dass sich bis zur Sommerpause zeigt, wie es mit der Regierungspartei CDU weitergeht“.

Im Baugewerbe geben 71 Prozent der befragten Betriebe eine gute Lage an, kein einziges eine schlechte; damit liegt auch der Saldo bei 71 Prozent. „Exorbitant gute Zahlen“, sagt der IHK-Hauptgeschäftsführer. Die starke Nachfrage nach Bauleistungen führt allerdings auch dazu, dass 79 Prozent der befragten Firmen in dieser Branche den Fachkräftemangel als größtes Risiko für ihre weitere Entwicklung angeben. Dieses Problem war jahrelang auf Platz 1 der Risikofaktoren quer durch die Wirtschaftszweige, rutschte nun aber insgesamt auf Rang 3 und in der Industrie sogar auf Rang 6. Darin, erläutert Klaus Gräbener, deute sich auch die veränderte Auftragslage in den verschiedenen Sparten an. „Die Bauunternehmen haben Aufträge ohne Ende, aber teilweise zu wenig Leute, um diese abzuarbeiten.“ Über alle Zweige hinweg führen die Liste der Risikofaktoren aus Unternehmersicht mittlerweile die Inlandsnachfrage und die Wirtschaftspolitik an: 54 beziehungsweise 51 Prozent der Befragten nannten diese Aspekte, 49 Prozent den Fachkräftemangel.

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Im Einzelhandel stufen 94 Prozent der Befragten ihre derzeitige Lage als gut oder befriedigend ein, nur 6 Prozent als schlecht. 46 Prozent konnten laut IHK-Umfrage ihre Umsätze erhöhen, ein Plus von 7 Prozentpunkten im Vergleich zu September. Grund sei das gute Konsumklima – einerseits eine Folge der hohen Beschäftigungszahlen, andererseits auch Konsequenz der niedrigen Zinsen: Geldanlagen sind weniger rentabel als vor der Niedrigzinsphase, Kredite, auch für den privaten Konsum, günstig.

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Positiv habe sich im Jahr 2019 der Arbeitsmarkt präsentiert, so die IHK. Rund 179.000 Menschen waren in den Kreisen Siegen-Wittgenstein und Olpe demnach sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Die Arbeitslosenquote lag im Jahresdurchschnitt bei etwa 4,1 Prozent.

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