Siegen. In NRW gibt es zwei Coronavirus-Verdachtsfälle. Ein China-Reisender wird am Kreisklinikum Siegen behandelt. Dritter Verdacht nicht bestätigt.

Das Wichtigste in Kürze

  • Zwei Personen aus dem Raum Siegen könnten sich mit dem Coronavirus infiziert haben.
  • Die Patienten werden im Kreisklinikum Siegen behandelt.
  • Der Verdacht eines dritten Falls im Kreis Siegen-Wittgenstein wurde nicht bestätigt.
  • Wer Symptome wie Husten, Fieber oder Atemnot zeigt, soll sich beim Gesundheitsamt des Kreises melden.

Experten hatten es über Kurz oder Lang erwartet: Das Coronavirus, das sich seit Jüngstem von China aus weltweit ausbreitet, ist womöglich nun auch erstmals in NRW aufgetreten. Nachdem ein erster Verdachtsfall gemeldet worden war, hat sich die Zahl der womöglich Infizierten am Mittwochmorgen, 29. Januar, auf zwei erhöht, die im Siegener Kreisklinikum behandelt werden bzw. dort zur Behandlung erwartet würden. Das bestätigte am Mittwochmorgen das Gesundheitsamt des Kreises Siegen-Wittgenstein.

„Ein Patient mit dem Verdacht auf Coronavirus wird seit diesem Dienstag im Kreisklinikum in Siegen behandelt“, bestätigte Thomas Tremmel, Leiter des Amtes für Rettungswesen und Katastrophenschutz beim Kreis am Mittwoch auf Nachfrage. Es soll sich um einen Geschäftsreisenden aus der Region handeln, der jüngst in China gewesen ist. Details wollte Tremmel keine nennen.

Coronavirus? Hausarzt meldete Verdachtsfall dem Kreisgesundheitsamt

Erst am Dienstagvormittag hatte die Kreisverwaltung mitgeteilt, dass man sich intensiv auf ein mögliches Auftreten des Coronavirus in der Region vorbereitet habe. Dabei sei das Kreisklinikum in Weidenau die „zentrale Anlaufstelle für Patienten mit einem Verdacht auf Infizierung“, teilte Landrat Andreas Müller mit.

Der Verdachtsfall sei laut Thomas Tremmel über den Hausarzt des Patienten an das Kreisgesundheitsamt gemeldet worden - unmittelbar, nachdem der Kreis am Dienstag den Ablaufplan zum Umgang mit Coronavirus-Fällen veröffentlich hatte, berichtete Tremmel.

Kreisklinikum ist einziges Krankenhaus in der Region mit Isolierstation

Der Patient sei auf der Isolierstation im Kreisklinikum untergebracht und sei dort mit Grippe-Symptomen eingeliefert worden, sagte Tremmel. Das Kreisklinikum hat nach Angaben einer Sprecherin insgesamt 600 Betten und ist das einzige Krankenhaus im Kreis Siegen-Wittgenstein mit einer Isolierstation.

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Von dem seien verschiedene bzw. Abstriche der Atemwege gemacht worden und nach Berlin geschickt worden. Dort ist das Institut für Virologie der Berliner Charité das bundesweit zentrale Labor, um Coronavirus-Proben zu analysieren, teilte die Charité mit. Das Ergebnis werde innerhalb eines Tages nach Erhalt der Probe vorliegen, sagte eine Klinik-Sprecherin auf Nachfrage. Weitere Details nannte sie nicht.

Ansteckung nur bei engem Kontakt mit China-Reisenden

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Eine Meldung vom Mittwochmorgen, nach der es sich um insgesamt drei Patienten am Siegener Kreisklinikum mit Verdacht auf Coronavirus-Infektion handele, konnte eine Kliniksprecherin am Mittwoch auf Nachfrage nicht bestätigen: Laut des zuständigen Chefarztes sei eine Person seit Dienstag auf der Isolierstation, eine weitere werde Mittwoch erwartet.

Die Inkubationszeit - also die Zeit bis zu einer möglichen Ansteckung mit der gefährlichen neuen Lungenkrankheit wird mit bis zu 14 Tage angegeben, teilte der Kreis mit: „Eine Ansteckung mit dem neuartigen Coronavirus ist derzeit nur bei einem Aufenthalt in China oder bei engem Kontakt zu einer erkrankten Person möglich“, teilte Müller mit.

Die schlimmsten Pandemien der letzten Jahre

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Das Coronavirus: Mehr als 41 Millionen Menschen sind in China Ende Januar 2020 von den Quarantänemaßnahmen betroffen, landesweit gibt es mehr als 830 bestätigte Infektionsfälle, 26 Patienten starben. © dpa | Kin Cheung
Angenommen wird, dass das Coronavirus durch Tröpfcheninfektion etwa beim Husten übertragen wird. Vermutet wird auch, dass das Virus sich vor allem in den unteren Lungenbereichen ansiedelt und weniger ausgeprägt in den oberen Atemwegen. Das würde ein geringeres Ansteckungspotenzial bedeuten, da der es von Lunge zu Lunge weiter ist als etwa von Nase zu Nase.
Angenommen wird, dass das Coronavirus durch Tröpfcheninfektion etwa beim Husten übertragen wird. Vermutet wird auch, dass das Virus sich vor allem in den unteren Lungenbereichen ansiedelt und weniger ausgeprägt in den oberen Atemwegen. Das würde ein geringeres Ansteckungspotenzial bedeuten, da der es von Lunge zu Lunge weiter ist als etwa von Nase zu Nase. © dpa | Uncredited
In den vergangenen Jahren gab es immer wieder heftige Pandemien. Rund 800 Menschen starben 2002/2003 an dem Sars-Virus.
In den vergangenen Jahren gab es immer wieder heftige Pandemien. Rund 800 Menschen starben 2002/2003 an dem Sars-Virus. © imago images / ecomedia/robert fishman
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Bei der Sars-Pandemie 2002/2003 erkrankten nach dem ersten Ausbruch in China weltweit mehr als 8000 Menschen – in rund 30 Ländern und auf sechs Kontinenten. Wahrscheinlich sprang der Erreger von Tieren auf den Menschen über. Er verbreitete sich über Tröpfcheninfektion beim Husten und Niesen. © imago images / ecomedia/robert fishman
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Bei einem Mers (Middle East Respiratory Syndrome)-Ausbruch in Südkorea starben im Jahr 2015 38 Menschen. © imago/ZUMA Press | COVER Images
Das Virus, das Mers (Middle East Respiratory Syndrome) verursacht, wurde zum ersten Mal 2012 bei einem Mann in Saudi-Arabien gefunden. Es zählt zu den Coronaviren und kann schwere Atemwegsinfektionen verursachen. Als Hauptträger des Virus gelten Kamele. Von ihnen gibt es weiterhin Übertragungen auf den Menschen, vor allem in Saudi-Arabien. In einigen Fällen wurde das Virus auch von Mensch zu Mensch übertragen.
Das Virus, das Mers (Middle East Respiratory Syndrome) verursacht, wurde zum ersten Mal 2012 bei einem Mann in Saudi-Arabien gefunden. Es zählt zu den Coronaviren und kann schwere Atemwegsinfektionen verursachen. Als Hauptträger des Virus gelten Kamele. Von ihnen gibt es weiterhin Übertragungen auf den Menschen, vor allem in Saudi-Arabien. In einigen Fällen wurde das Virus auch von Mensch zu Mensch übertragen. © imago/ZUMA Press | COVER Images
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Die Zahl der Todesfälle durch die sogenannte Schweinegrippe geht weit auseinander. Während die WHO die Todesfälle infolge einer Infektion mit dem A/H1N1-Virus auf 18.500 beziffert, fanden US-Wissenschaftler heraus, dass bis 2012 weltweit zwischen 151.700 und 575.400 Menschen daran gestorben sein dürften. © imago/ Xinhua | U Aungvia
Der neuartige H1N1-Subtyp verursachte im Jahr 2009 eine Grippe-Epidemie mit etlichen Todesfällen. Ihren Ursprung hatte sie in Mexiko. Inzwischen ist die Schweinegrippe Teil des saisonalen Grippegeschehens.
Der neuartige H1N1-Subtyp verursachte im Jahr 2009 eine Grippe-Epidemie mit etlichen Todesfällen. Ihren Ursprung hatte sie in Mexiko. Inzwischen ist die Schweinegrippe Teil des saisonalen Grippegeschehens. © imago/ITAR-TASS | Alexander Ryumin
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BSE erreichte 2000 seinen Höhepunkt. In Großbritannien starben mindestens 177 Menschen. Mehr als vier Millionen Rinder wurden geschlachtet, schätzungsweise 180.000 Tiere verendeten an BSE. © imago/UIG | wayne Hutchinson
In Deutschland wurde die Bovine-Spongiforme-Enzephalopathie Ende 2000 erstmals bei einer hierzulande geborenen Kuh nachgewiesen. Sie sorgt für eine Rückbildung der Gehirnsubstanz bei Rindern. Als Auslöser gelten falsch gefaltete Eiweißmoleküle. Übertragen wurde der Erreger durch das Verfüttern von Tiermehl und -fett. Beim Menschen kann der BSE-Erreger eine Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit verursachen. Durch das Verfütterungsverbot von tierischem Eiweiß, das 2001 europaweit in Kraft trat, wurden Neuinfektionen unterbunden.
In Deutschland wurde die Bovine-Spongiforme-Enzephalopathie Ende 2000 erstmals bei einer hierzulande geborenen Kuh nachgewiesen. Sie sorgt für eine Rückbildung der Gehirnsubstanz bei Rindern. Als Auslöser gelten falsch gefaltete Eiweißmoleküle. Übertragen wurde der Erreger durch das Verfüttern von Tiermehl und -fett. Beim Menschen kann der BSE-Erreger eine Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit verursachen. Durch das Verfütterungsverbot von tierischem Eiweiß, das 2001 europaweit in Kraft trat, wurden Neuinfektionen unterbunden. © imago/fossiphoto | imago stock&people
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Vor diesem Hintergrund versuchte Landrat Müller die Bevölkerung zu beruhigen: „Wer weder innerhalb der letzten 14 Tage in China war, noch einen entsprechenden Kontakt zu einem Erkrankten hatte, kann nach aktuellen Erkenntnissen in Deutschland nicht erkranken.“

Kreisgesundheitsamt wartet mit weiteren Schritten

Weitere Aktivitäten des Kreises würden jetzt vom Zustand des Verdachts-Patienten im Klinikum abhängen bzw. davon, ob sich der Verdacht bestätigt, teilte Müller mit: „Wenn sich der Verdacht auf Infizierung mit dem neuen Coronavirus bestätigt, werden durch das Kreisgesundheitsamt umgehend alle Personen ermittelt, mit denen der oder die Erkrankte engeren Kontakt hatte.“

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Der Kreis mahnt mögliche „Kontaktpersonen“ des Patienten zudem, sich in Bezug auf mögliche Krankheitssymptone für die kommenden 14 Tage „selbst zu beobachten“: „Bei Auftreten von Symptomen wie Husten, Fieber oder Atemnot mögen Sie sich sofort beim Gesundheitsamt melden. Von dort werden dann weitere Untersuchungen veranlasst“, teilte Landrat Müller mit.

Feste Ablaufpläne zwischen Kreis, Rettungsdienst und Krankenhäusern

Kreis, Rettungsdienst und Krankenhäuser haben sich laut Müller mit festen Ablaufplänen auf den Umgang mit möglichen Verdachts- oder Krankheitsfällen im Zusammenhang mit dem Coronavirus vorbereitet. Dazu gehöre auch, dass die Mitarbeiter der Kreisleitstelle der Feuerwehr nun gebrieft sind, bei entsprechenden Notrufen „gezielt einige Fragen zu stellen“, berichtete Amtsleiter Thomas Tremmel: „Dazu gehören zum Beispiel die Fragen, ob der Anrufer selbst jüngst in China war oder Kontakt zu China-Reisenden hatte“.

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„Um eine Weiterverbreitung bei uns zu verhindern, ist es wichtig, tatsächliche Fälle früh zu erkennen, zu isolieren und Hygienemaßnahmen konsequent einzuhalten“, sagte Landrat Andreas Müller. Das Robert Koch Institut (RKI) rät dazu, sich nicht anders zu verhalten, als beim Schutz vor Grippe auch: „Um die Ausbreitung von Infektionskrankheiten der Atemwege zu vermeiden, sollten ganz besonders in Regionen mit Erkrankungsfällen durch das neuartige Coronavirus gute Händehygiene, Husten- und Nies-Etikette sowie Abstand zu Erkrankten eingehalten werden.“

Coronavirus-Verdacht in Iserlohn bestätigte sich nicht

Für Rückfragen in Sachen Coronavirus steht das Gesundheitsamt des Kreises Siegen-Wittgenstein unter der Telefonnummer 0271/333-2800 zur Verfügung, teilte der Kreis mit: „Außerhalb der Dienstzeiten kann die Leitstelle des Kreises unter dem Notruf 112 kontaktiert werden, die dann wiederum den Kontakt zum Gesundheitsamt herstellen wird.“

Einen ersten Verdacht auf Coronavirus in NRW gab es am Montag in Iserlohn. Es gab einen Großeinsatz von Feuerwehr und Polizei. Grund war ein Schüler eines Privatgymnasiums, der drei Wochen zuvor von einer Reise aus China zurückgekehrt war und bei dem von Erkrankungssymptome die Rede war. Ärzte hatten aber festgestellt, dass sich der Verdacht nicht bestätigt habe.

Stand Mittwochmorgen wurden in Deutschland bis dato vier Ansteckungsfälle mit dem neuen Coronavirus nachgewiesen. In Bayern war das Virus bei einem 33-jährigen Mann erstmals in Deutschland nach gewiesen worden. Bei den drei weiteren Fällen soll es sich zum Arbeitskollegen handeln, teilten die Behörden mit.