Netphen-Salchendorf. Die „Wurstekommission“ trifft sich seit vielen Jahrzehnten zum Jahresende in Netphen-Salchendorf. Bei Sonnenschein amüsierten sich viele Besucher

Jahreswechsel, das ist die Zeit der Rückblicke, des vorsichtigen Abschüttelns der festlichen Tage, wobei das Schütteln gerade in einigen Bereichen des Siegerlandes ein wenig kräftiger und deftiger ausfallen kann. Unter anderem in Netphen-Salchendorf, wo die Herren der „Wurstekommission“ bereits seit vielen Jahrzehnten ihren Mitbürgern die großen und kleinen Fehltritte der vergangenen zwölf Monate in fröhliche Erinnerung bringen. Da wurde ein Baum im Hauberg etwas zu forsch und unglücklich so gefällt, dass er als Hindernis auf die Straße fiel und prompt einem Autofahrer zum Verhängnis wurde.

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Was wiederum einen Feuerwehr-Einsatz und den Ärger eines „Blaurocks“ nach sich zog. Dessen klare Worte in Richtung der Übeltäter sorgten am Silvesternachmittag ebenso für kräftige Lacher, wie jener brave Eingeborene, der die vorgekochten Leckereien seiner urlaubenden Gattin schon innerhalb weniger Stunden vor Hunger verdrückte und schließlich am Abend auch das Leckerli-Mahl für den vierbeinigen Freund in den Magen schaufelte. Was die bessere Hälfte natürlich gar nicht witzig fand, die vielen Zuschauer aber schon. Wobei der Hund überhaupt nicht zu Wort kam.

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Acht Wagen und 65 fleißige Helfer

Pünktlich zum Start gegen 13.40 Uhr verzogen sich am Dienstag die Wolken und strahlte die Sonne auf den kleinen Zug herab, der diesmal aus acht Wagen bestand, die 65 fleißige Helfer seit dem zweiten Weihnachtstag mit ihren kreativen Ideen erdacht und zusammengebaut hatten.

Voran die Kapelle, die ein wenig ironisch „When The Saints Come Marching In“ intonierte, dahinter der „Ältestenrat“ in Frack und Zylinder. Es folgte der Zug, der diesmal besondere Mühe hatte, sich durch die Straßen und Gassen zu schlängeln. „Das hätte ich nicht gedacht, dass so viele Menschen hierher kommen“, war von einem Pärchen zu hören, das offensichtlich erstmals zum Traditionsspektakel gekommen war. Erfahrene Zuschauer bemerkten, dass die Menge an der Kreuzung noch einmal spürbar größer als in früheren Jahren geworden war, was sicherlich auch mit dem Wetter zusammenhängen konnte.

Bürgermeisterin und Ausbau der Rudersdorfer Straße

Die Tradition ist mindestens seit 1920 belegt, höchstwahrscheinlich aber deutlich älter. Nach einer Pause ab 1941, als die SA den „Wurstekommissaren“ die Laune ziemlich verdarb, gab es ab 1946 einen Neustart mit Höhen und Tiefen, der aber die Tradition bis heute am Leben gehalten hat. Seit dem Jahr 1948 sind Wagen im Zug.

Immer wieder im Mittelpunkt standen auch politische Themen. Im Zug war davon nichts zu sehen, aber im „Salchendorfer Witz- und Intelligenzblatt“ findet sich ordentliche Kritik an der Ortsbürgermeisterin, die als „lockige Fehlbesetzung“ bezeichnet wird. Auch das Thema Ausbau der Rudersdorfer Straße wird dort mit deutlichen Worten behandelt.

Das den Späßen der „Wurstejungs“, die passend zum Namen natürlich auch reichlich Fleischwürste mit sich trugen, längst nicht jedes Jahr so gewogen war. Insgesamt lässt sich aber schon seit einiger Zeit beobachten, dass die mageren Zeiten der Burschenschaft von vor etwa 20 Jahren deutlich überwunden sind.

Haarsträubende Ereignisse auf einem Kreuzfahrtdampfer gaben Anlass zum Hinweis, dass auch die Thomas Cook-Pleite durchaus ihre Spuren im Johannland hinterlassen hatte, dazu noch viele weitere Ärgernisse, die dem einen den Tag verhageln und dem anderen eine Menge Unterhaltung bieten können. Etwa ein zünftiger Boxkampf mit einigen Herren von der Security oder ein Sturz mit bitteren Folgen für die Zahnpracht des Betroffenen.

Salchendorfer Witz- und Intelligenzblatt

Dies alles und noch mehr davon fand und findet sich auch im „Salchendorfer Witz- und Intelligenzblatt“, das wie immer am Rande des Zuges zu bekommen war, in dem sich auf fast 40 Seiten massig Geschichten und Geschichtchen rund um Salchendorf im Jahre 2019 wiederfinden und sicher auch noch Tage für Gesprächsstoff sorgen. Wie immer gingen die schönen Wagen bei Einbruch der Dämmerung in Flammen auf, sorgten für ein Vergeben aller ‚Sünden’ und gemeinsam mit dem Lärm und dem Gelächter dafür, die bösen Geister beim Jahresübergang fernzuhalten.

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Nur die geistigen Getränke, die waren den ganzen Tag und auch in der folgenden Nacht sehr willkommen. Und ab 10 Uhr ging es im Horbes beim Neujahrsfrühschoppen weiter.

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