Netphen. Die meisten Betroffenen werden die Zahlungen an die Stadt Netphen nicht abwenden können. Das KAG spielt nur eine Nebenrolle.
Baudezernent Erwin Rahrbach ist überrascht: Er habe bei der Anwohnerversammlung in Oelgershausen nicht den Eindruck gehabt, dass die Anwohner im Baugebiet Auf der Stette mit der Straßenplanung nicht einverstanden seien. „Ich habe kein böses Wort gehört.“ Ortsbürgermeister Dieter Bruch erklärt sich seinerseits überrascht: Wenn die Verwaltung die Höhe der Anliegerbeiträge offen in der Versammlung und nicht erst danach in Vier-Augen-Gespräch, „dann hätte es einen Riesenaufstand gegeben“.
Der Fall
Der Fall passt zur Debatte über das Kommunalabgabengesetz (KAG) – obwohl die meisten Betroffenen auch zahlen müsste, wenn es den umstrittenen Paragrafen nicht mehr gäbe. Konkret geht es um die Straßen Auf der Schütze und Vorm Seifchen, die erstmalig ausgebaut werden sollen, weil Gas- und Wasserleitung neu verlegt werden. Der Großteil der Grundstücke liegt im Gebiet des seit 1983 gültigen Bebauungsplans – dort werden die Grundstücksbesitzer ohnehin an 90 Prozent der Kosten mit Erschließungsbeiträgen beteiligt. Nur ein kleinerer, älterer Teil wird ein Fall fürs KAG; dort werden 50 Prozent fällig.
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1,7 Millionen Euro investiert die Stadt in den 800 Meter langen Straßenring mit der auf 5,50 Meter reduzierten Fahrbahnbreite samt direkter Anbindung an die L 729. 34,44 Euro je Quadratmeter beträgt der Erschließungsbeitrag, 23,33 Euro der KAG-Beitrag. Auch in Sohlbach, so Baudezernent Erwin Rahrbach, seien zuletzt an die 30 Euro erhoben worden. Ortsbürgermeister Dieter Bruch hatte zum Vergleich eher die Hömbergstraße auf der anderen Talseite im Sinn, wo vor wenigen Jahren 7,26 Euro verlangt worden seien. Bei den nun diskutierten Beträgen „sträuben sich einem die Haare“. Im Einzelfall, so Bruch im Gespräch mit dieser Zeitung, würden Beiträge von mehr als 30.000 Euro fällig.
Die Diskussion
Die hohen Summen haben Gründe: große Grundstücke und damit wenige Eigentümer, auf die die Kosten umgelegt werden,. dazu noch ein Straßenabschnitt, der nur an einer Seite bebaut wird. „Da wohnen nicht nur Millionäre“, warnt Manfred Heinz (SPD) im Stadtentwicklungsausschuss, „das haut rein.“ Der SPD-Fraktionschef fragt, ob der Anlass des Straßenbaus überhaupt noch bestehe: „Eigentlich hat keiner einen Gasanschluss gewollt.“ Baudezernent Rahrbach ist nicht überzeugt. Selbst wenn – „die Wasserleitung ist sanierungsbedürftig“.
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„Die Anlieger hatten eine lange Schonfrist – sie mussten damit rechnen“, meint Helmut Buttler (UWG), wendet sich aber dagegen, dass die Aufträge für die Abschnitte innerhalb und außerhalb des Bebauungsplans zusammen zu vergeben: „Etwas Ungerechteres gibt es nicht.“ Wenn die Stadt früher gebaut hätte, gäbe den Konflikt nicht, glaubt Paul Legge (CDU): „In Neubaugebieten merken die Anlieger das nicht.“ Weil der Erschließungsbeitrag meist Teil des Grundstückspreises ist.
Legge fragt nach dem Risiko für die Stadt. 169.000 Euro, antwortet Kämmerer Hans-Georg Rosemann. Das ist der KAG-Beitrag, der womöglich ausfallen könnte. Einstimmig stimmt der Ausschuss dem Ausbauplan zu – fast die Hälfte, acht von 17 Mitgliedern, enthält sich allerdings der Stimme.
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