Eiserfeld. Die Gesamtschule Eiserfeld ist die 20, Schule in Siegen-Wittgenstein mit dem Courage-Siegel. Sie hat einen prominenten Paten.
„Es gab genug Hass, es ist Zeit für mehr Liebe“ – mit seinem letzten Satz brachte Dr. Mehmet Gürcan Daimagüler auf den Punkt, was in den vorangegangenen zweieinhalb Stunden von Lehrern, Schülern und Politikern auf der Bühne der Aula der Gesamtschule Eiserfeld gesagt worden war. Die Schule erhielt als mittlerweile 20. im Kreis Siegen-Wittgenstein die Plakette „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“. Mehmet Daimagüler, selbst in Niederschelden aufgewachsen und als Anwalt einer der Nebenkläger im NSU-Prozess bekannt geworden, hatte sich bereit erklärt, die Patenschaft zu übernehmen.
Schuldezernent André Schmidt freute sich, dass eine weitere Siegener Schule die Auszeichnung erhielt. Er formulierte den Wunsch, dass das Siegel am Ende flächendeckend in allen Siegener Schulen hängt. Gerade an Schulen, wo die mündigen Bürgerinnen und Bürger der Zukunft erzogen werden, müsse „Integration gelebt werden und Ausgrenzung keine Chance haben.“
Toleranz im Alltag leben
Landrat Andreas Müller erläuterte, was für ihn Courage bedeutet: die Regeln eines demokratischen und friedlichen Zusammenlebens zu erarbeiten und zu verteidigen. „Lasst euch nicht ein auf ein Schwarz-Weiß-Denken und glaubt nicht alles, was gesagt und geschrieben wird. Bleibt kritisch.“ Die Schul-Band und verschiedene Theater-Gruppen der Schule gestalteten den Rahmen der Veranstaltung, durch die die Schülerin Nele Beichler führte.
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Zum Abschluss ergriff Mehmet Daimagüler das Wort. Der Anwalt, Unternehmensberater und Buchautor, vertrat im NSU-Prozess die einzige Tochter des ermordeten İsmail Yaşar. Er schilderte bewegende und drastische Momente der Terror-Serie und der Prozesse. Besonders bewegt haben ihn die Kinderfotos der Täter, und er warf die Frage auf, was passieren müsse, damit aus glücklichen Kindern hasserfüllte Mörder werden. „Wir sind passiert“ war seine zum Nachdenken anregende Antwort: Erwachsene, die abfällig über Minderheiten sprechen oder eben nicht widersprechen. Redewendungen wie „Das Boot ist voll“ hätten auch im Vorfeld der NSU-Morde vermehrt Einzug in den öffentlichen Diskurs gehalten.
Vielfalt erhalten
Schulleiter Werner Jüngst eröffnete die Verleihung mit einer Rede, in der er vor dem rauer werdenden Ton in der Gesellschaft und einem „lange nicht gesehenem Ausmaß an rechter Gewalt“ warnte. Er sei aber davon überzeugt, dass sich die große Mehrheit der Gesellschaft durchsetzen und die „bunte Vielfalt erhalten“ könne. Die Auszeichnung als Schule ohne Rassismus sieht er als „fortwährende Verpflichtung, der wir uns auf Dauer als würdig erweisen müssen“.
Daimagüler berichtete, wie auch schon André Schmidt und Werner Jüngst zuvor, von Hass-Mails. Unter anderem wird ihm oft an den Kopf geworfen, er solle zurück in seine Heimat gehen. „Vielleicht mache ich das irgendwann“, verriet er die Gedanken, die ihm daraufhin durch den Kopf gehen: „Vielleicht gehe ich irgendwann zurück nach Siegen.“
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