Siegen-Wittgenstein/Olpe. In diesem Jahr konnten in Siegen-Wittgenstein mehr als 700 sterbenskranke Menschen durch dem PKD begleitet werden.
5500 Patienten hat der Palliativkonsiliardienst (PKD) Siegen-Wittgenstein-Olpe seit seiner Gründung 2009 in der Region zu Hause betreut. 2019 sind es bereits mehr als 700 Patienten mit einer lebensverkürzenden Erkrankung, um die sich die Spezialisten in einem multiprofessionellen Team kümmern. Ziel: Den Menschen, die ihren Tod vor Augen haben, ein leid- und angstfreies Sterben zu ermöglichen – wenn irgend möglich im eigenen Zuhause. Von den über 700 wurden mehr als 70 Prozent zu Hause behandelt.
Das Modell
Das Team um die Palliativmedizinerin Dr. Regina Mansfeld-Nies arbeitet dabei nach dem „Westfälisch-Lippischen Modell“, das durch Verträge mit den Krankenkassen institutionalisiert ist: Patienten erfahren eine ambulante Versorgung durch alle Beteiligten.
Neben fachlich ausgewiesenen Pflegediensten sind es vor allem auch die jeweiligen Hausärzte, von denen in der Region mehr als 90 Prozent mit dem gemeinnützigen Verein Palliativ-Netz Siegen-Wittgenstein-Olpe zusammenarbeiten. Der PKD selbst besteht aus Ärzten und Koordinatoren und ist Vertragspartner der Kassen; der Verein unterstützt die Arbeit. „Wir betreuen auch Patienten in Hessen und Rheinland-Pfalz, auch wenn wir das nicht vergütet bekommen“, sagt die Ärztin, die jetzt im Gesundheitsausschuss des Kreistags berichtete
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Die Vorteile
„Wenn wir früher in die Familien kommen, nicht erst in der finalen Phase, desto größer ist der Vorteil“, so Mansfeld-Nies: So gebe es unter den Angehörigen weniger posttraumatische Belastungsstörungen. Weil der Hausarzt in den meisten Fällen involviert ist, herrsche schnell ein gutes Vertrauensverhältnis. Und die Patienten können sicher sein, dass die besprochenen Ziele, etwa wie in Krisensituationen interveniert wird, eingehalten werden. Zudem profitieren die Pflegekräfte vom Wissen des Hausarztes über den Patienten, „unsere Spezialbehandlung wird in top aufgesetzt“, erklärt Mansfeld-Nies. „Die meisten Menschen haben Angst vor einem furchtbaren Sterben“, sagt die Ärztin. „Wir haben Möglichkeiten, ihnen das zu nehmen und Stresssituationen zu minimieren – schon dadurch, dass die Menschen wissen, dass es eine Schmerzmedikation vor Ort gibt.“ Alle nötigen Informationen, etwa die 24-Stunden-Notrufnummer, Festlegungen des Patienten sowie Schmerzmedikamente und die nötigen Instrumente sind ebenfalls dort. Auch Krankenhäuser gehören zum Netzwerk, etwa wenn es im psychosozialen Umfeld des Patienten zu Erschöpfungserscheinungen komme.
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Die Strukturen
1 Zentrum als Anlaufstelle unterhält der PKD seit 2014 im Albertus-Magnus-Zentrum an der Sandstraße 140-144.
14 Tage dauert die Betreuungszeit im Durchschnitt. Manche Patienten behandelt der PKD nur einen Tag, andere ein Jahr lang.
200 Hausärzte in der Region arbeiten mit dem PKD zusammen, Tendenz steigend.
7 Palliativpflegedienste sind dem Netzwerk angeschlossen sowie 60 ambulante Pflegedienste und 50 Betreuungseinrichtungen. Hier engagieren sich Regina Mansfeld-Nies und ihre Kollegen in Schulungen für die Pflegekräfte: Auch dort gebe es Angst vor Krisensituationen, denen man gegenüberstehe, etwa wenn man allein mit Patienten auf Station und für viele alte Menschen verantwortlich sei. Dem Pflegepersonal soll Sicherheit gegeben werden.
5 Palliativärzte gehören zum Team sowie drei Koordinatoren, die die Pflege planen und organisieren. Sie besuchen die Patienten, fragen mit deren Einverständnis den Hilfebedarf ab, welche pflegerischen Maßnahmen gewünscht werden und was nicht mehr passieren darf, erklärt Koordinator Matthias Zahn.
520 Euro pro Patient – „dafür machen wir alles“, sagt Mansfeld Nies. Das Netzwerk unterhält einen kleinen Fuhrpark und medizinische Geräte.
Die Zukunft
… ist unsicher, so Regina Mansfeld-Nies. Das Westfälisch-Lippische Modell soll in anderen Bundesländern übernommen werden, über eine entsprechende Rahmenvereinbarung wird derzeit verhandelt. Es soll mehr Geld ins System, das aber anders verteilt werden soll, so die Expertin; ihre Sorge ist, dass dann große Akteure des Gesundheitssektors mit eigenen Spezialisten eine zu starke Konkurrenz zum Netzwerk-Prinzip aufmachen könnten. „Dann würde wieder zerfasert, was wir mühsam aufgebaut haben.“
Hier gibt es weitere Informationen
Die Koordinatoren des Palliativkonsiliardienstes (PKD) sind rund um die Uhr erreichbar– auch für weitere Informationen: 01522/8529924.
Das Netzwerk ist für seine Arbeit auch auf Finanzierung durch Spenden angewiesen. Konto: Sparkasse Siegen, IBAN: DE52 4605 0001 0047 0079 84, BIC: WELADED1SIE.
Mehr Infos auch im Netz auf www.palliativnetz-siegen-wittgenstein-olpe.de
Außerdem mache der Fachkräftemangel auch dem PKD zu schaffen, die Palliativpflegedienste hätten deutlich zu wenig Leute. „Unsere anderen Pflegedienste sind wunderbar“, betont sie: Das Personal sei ebenfalls sehr qualifiziert, aber der Aufwand zur Anerkennung als Palliativpflegedienst sei sehr hoch – bei sehr geringer Gegenfinanzierung.
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