Siegerland. Die Lokalredaktion Siegen stellt Siegerländer Traditionen zum Weihnachtsfest vor. Die sind mitunter schräg: Stichwort saufende Nikoläuse...
Fröhliche Weihnacht. Überall. Schon klar. Aber überall hin oder her: In jeder Region gibt es auch spezielle Traditionen, besondere Bräuche und Eigenheiten, mit denen die Menschen sich auf das Fest der Feste einstimmen. Im diesjährigen Adventskalender wird die Lokalredaktion Siegen einige dieser lokalen Beispiele aufgreifen und bis zum Heiligen Abend täglich vorstellen.
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Der Anstoß kam vom Stadtarchiv Siegen. Dies widmete sich in seinem jüngsten „Klick in die Vergangenheit“ dem historischen Advents- und Weihnachtsbrauchtum im Siegerland . Die Ausführungen gehen bis ins 15. Jahrhundert zurück, reichen bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts und sind überaus lehrreich: Wissen Sie zum Beispiel, was ein „Sterzelaif“ ist oder warum Stutenkerle mit einer Pfeife dekoriert werden? Wenn nicht: Die Antworten liefert ab dem 1. Dezember 2019 unser Adventskalender.
In Siegen waren Weihnachtsbäume und Nikolauskostüme zeitweise untersagt Es wird auch schräg, versprochen. Zeitweise war nämlich sowohl das Aufstellen und Schmücken von Weihnachtsbäumen als auch die Kostümierung als Nikolaus offiziell untersagt. Anlass für Letzteres waren unter anderem ausgeartete Nikolausfeiern, bei denen sich junge Menschen nach reichlichem Alkoholgenuss rechtschaffen danebenbenahmen. Klingt ziemlich modern – gab es aber tatsächlich schon im 18. Jahrhundert. Und auch damals haben Verbote wohl relativ wenig abschreckende Wirkung entfaltet.
Natürlich sind einige Traditionen und Begebenheiten nicht allein spezifisch für Siegen und Umgebung, aber dennoch aus der lokalen Adventszeit nicht wegzudenken. Und manche Bräuche sind neueren Datums, gehören im Siegerland aber trotzdem dazu. Freuen Sie sich mit uns auf diesen besonderen Countdown zum Fest!
Unser Siegener Adventskalender
1: Die Beschaulichkeit und Bescheidenheit früherer Tage verdeutlicht diese Postkarte aus dem Jahr 1913. „Bis 1917 waren Gottesdienstbesuche, Askese und Reflexion sogar durch das Kirchenrecht gefordert worden“, weiß Christian Brachthäuser vom Stadtarchiv Siegen. Zuhause sitzen, in sich gehen, besinnliche Zurückhaltung üben gehörten zum guten Ton. Zudem war „insbesondere im Verlauf der sogenannten Winterquatemberwoche das Fasten als bewusstes Innehalten oftmals gebräuchlich“, erklärt der Experte. Jede der vier Jahreszeiten begann früher mit einer Quatemberwoche mit jeweils drei Fastentagen (Mittwoch, Freitag und Samstag), die winterliche Fastenzeit in der ersten Adventswoche.
© Stadtarchiv Siegen | privat ,
2:Als „überaus bescheiden“ gingen nach heutigen Maßstäben „die Weihnachtsteller“vergangener Generationen beispielsweise noch vor dem Ersten Weltkrieg“ durch, wie das Stadtarchiv Siegen schreibt. Es gab selbst gebackene Plätzchen, außerdem Nüsse und Äpfel – aber „lukullische Raffinessen und Luxusprodukte aus exotischen Ländern suchte man damals vergeblich“. Beliebt war damals das sogenannte Gebildebrot, wobei außer Menschenfiguren hauptsächlich Tiere – etwa Hirsch, Pferd, Hase, Eichhörnchen oder Vogel – aus Weizenmehlteig geformt wurden. Zu dieser Gattung gehört auch der heute noch der zwischen Martinstag und Nikolaustag gern verzehrte Stutenmann. „Die vielfach unproportionierten Teigfiguren moderner Machart lassen allerdings kaum noch einen Bezug zu der Tradition und christlichen Symbolik erkennen“, erläutert Christian Brachthäuser vom Stadtarchiv. „Ursprünglich sollte die Backware einen Bischof verkörpern, während die eingebackene Tonpfeife eigentlich den Bischofsstab darstellen sollte.“Foto: Rolf Hansmann
3:Zum 17. Mal gibt es in diesem Jahr den Freudenberger Adventskalender. Damit ist es ein noch relativ junger, aber nichtsdestoweniger schöner Brauch – hier eine Aufnahme aus dem Jahr 2007. Anwohnerinnen und Anwohner des Alten Fleckens stellen ihre Fenster als „Türchen“ zur Verfügung, um so einen begehbaren Adventskalender entstehen zu lassen. Das im historischen Fachwerkambiente der Altstadt dürfte so ziemlich jeden in Weihnachtsstimmung versetzen. Und die Aktion hat das Zeug dazu, zu einem echten Klassiker und Dauerbrenner zu werden.
© Stadt Freudenberg
4:Der Adventskranz ist auch nicht so alt, wie es heutige Weihnachtszeitgenossen mehrheitlich vermuten würden. Die Publikation „Weihnachten in Westfalen um 1900“, 1979 herausgegeben von der Volkskundlichen Kommission für Westfalen/Landschaftsverband Westfalen-Lippe, zitiert Adolf Wurmbach. Der Volksschullehrer, 1891 geboren, erinnert sich daran, wie es in Littfeld war: „Der Adventskranz ist im Begriff, sich allgemein einzubürgern. Noch nach dem Ersten Weltkrieg war er nur ganz vereinzelt im Dorfe bekannt. In meinem Elternhause wurde er durch eine Tante eingeführt, die in verschiedenen Städten im weiteren Umkreise als Krankenpflegerin tätig gewesen war.“ In der Regel wurden die Kränze von den weiblichen Familienmitgliedern aus Fichtenreisig gebunden, hatten vier weiße oder rote Kerzen und wurden unter der Stubendecke an einem Balken befestigt.
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5:Die Gesellen, die hier so konzentriert ein Säckchen inspizieren, sind nicht nur recht bunt; sie sind auch bekannt wie bunte Hunde, jedenfalls in Weidenau. Das Kaufhaus Wagener hat mit seinem eigenen Adventskalender eine lange Tradition im Stadtteil geschaffen: 24. Türen über der Schaufensterfront, dahinter farbenfrohe Bilder – und Geschenke. Die werden von den Nikoläusen zu festen Zeiten unters in aller Regel äußerst zahlreich erschienene Volk geworfen. Auf jeden Fall ein Erlebnis. Archivfoto: Jennifer Wirth
6Diese Herren, die im Jahr 2006 von der Arbeitsagentur Siegen als Nikoläuse vermittelt wurden, hätten auch Mitte des 15. Jahrhunderts etwas zu tun tun gehabt, wie Christian Brachthäuser vom Siegener Stadtarchiv herausgefunden hat. Quellen in den Archivbeständen erwähnen nämlich Nikolausumzüge im späten Mittelalter. Damals „formierte sich Siegens Schuljugend, um aus ihrer Mitte einen Knabenbischof auszuwählen, der dann auf einem Pferd sitzend und mit Mitra bekleidet gemeinsam mit seinen Mitschülern durch die winterlichen Gassen vor das Siegener Rathaus zog, um hier Gesangskünste vorzutragen und Geschenke in Empfang zu nehmen“, so der Bibliothekar. Ob das 2006er Trio im Bild hier dabei mit seinen Kostümen so gut angekommen wäre, darf indes bezweifelt werden. Um 1450 herum wären sie angesichts des Materials der künstlichen Bärte wohl in Erklärungsnot geraten.
© WR | Horstgünter Siemon
7Fröhlich musiziert wurde im Siegerland zur Adventszeit schon Mitte des 17. Jahrhunderts, wie das Stadtarchiv dank historischer Aufzeichnungen belegen kann. Eine besondere Form davon hat sich in Siegen seit Anfang der 1990er Jahre etabliert. Das Turmblasen vom Turm der Nikolaikirche gehört in der Oberstadt seitdem dazu, diesmal wieder mit wechselnden Ensembles aus der Region an allen Samstagen bis Weihnachten. Los geht es jeweils um 17 Uhr, um 18 Uhr folgen dann Musik und Andacht in der Nikolaikirche. )
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8Auch 1949, gerade einmal vier Jahre nach Kriegsende, gab es in Siegen eine Klientel, die bei den Geschenken nicht auf den Pfennig schauen musste. Das legen zumindest die Werbeanzeigen nahe – nicht nur wegen des großen Raumes, den sie einnehmen, sondern auch wegen der Preisklasse der Produkte, die sie an den Kunden oder die Kundin bringen sollten. Bild: Stadtarchiv Siegen
© Stadtarchiv Siegen | Stadtarchiv Siegen
9Es gilt die goldene Regel: Auf Weihnachtsfeiern, erst recht auf offiziellen, sollte man sich unbedingt am Riemen reißen, damit der Abend nicht peinlich oder im Fiasko oder im peinlichen Fiasko endet. Das Stadtarchiv Siegen kann belegen, dass es auch für Party-Desaster im Advent eine gewisse – sagen wir mal: feucht-fröhliche – Tradition gibt: „Zuweilen arteten die Nikolausfeiern aber in Tumulten aus, wie ein Siegener Presbyterialprotokoll verdeutlicht“, hat Christian Brachthäuser vom Stadtarchiv recherchiert. So echauffierten sich die Geistlichen zu Beginn des 17. Jahrhunderts darüber, dass „junge volck habe in Schneppenkauten am Claußtag ein gesoff und darnach ein Claußgelärm gehalten.“ Die oranien-nassauische Landesregierung sprach übrigens Ende des 18. Jahrhunderts ein Verbot solcher Exzesse unter Alkoholeinfluss aus vermutlich eine Reaktion darauf, dass „Jugendliche nach wie vor dieser Form ungezügelter Nikolausfeiern in der Öffentlichkeit“ frönten, wie Brachthäuser vermutet.Bild: Stefan Arend
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10Damit Weihnachtsmann, Christkind oder Mama und Papa auch wissen, was Sohn oder Tochter gerne unterm Baum liegen hätten, hat der Wunschzettel sich als Mittel der Wahl etabliert – hier ein Exemplar von 1927. Wir hätten jemanden, der sich mit alten Handschriften auskennt, fragen können, was das Mädchen denn wollte; und vielleicht haben wir das ja sogar getan. Aber an dieser Stelle wird es nicht verraten, ein bisschen Weihnachtsgeheimnis gehört in der Adventszeit schließlich dazu. In jedem Fall hat die klassische Papiervariante mit hübschen Bildchen einen Charme, den digitale Wunschzettel bei Online-Versandhäusern nicht kopieren können, oder?
© WP | Thomas Nitsche
11Schon lange bevor die Innenstadt im Zuge des Projekts „Siegen – Zu neuen Ufern“ umgestaltet wurde, gehörte die öffentliche Weihnachtsbeleuchtung zur Adventszeit dazu – hier die Version aus dem Jahr 2006. Mittlerweile trumpft die Stadt mit rund 200.000 LEDs zwischen Bahnhof und Marburger Straße auf und nutzt die Weihnachtsbeleuchtung auch noch Wochen über die Feiertage hinaus als Winterbeleuchtung. Zugegeben: Es wäre auch schade, die beeindruckende Wirkung nicht zu nutzen, um der dunklen Jahreszeit etwas mehr Glanz zu verleihen. Siegener City und Weihnachtsmarkt bei Dunkelheit. Fotos: Die Bahnhofstraße im vorweihnachtlichen Glanz
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12Es gab einmal einen Weihnachtsmarkt auf der Siegplatte. Ob die Überkragung des Flusses, dem die Stadt ihren Namen verdankt, der ideale Ort für eine solche Veranstaltung war – nun, darüber mag es verschiedene Auffassungen geben, denn faktisch war es ein oller Parkplatz. Gleichwohl: Für viele Siegenerinnen und Siegener gehörte es seit den frühen 1980er Jahren fest zum Vorweihnachtsprogramm, sich allein oder mit Freunden an die Fachwerkbuden in der Unterstadt zu begeben, und Glühwein, Reibeplätzchen oder sonstige Leckereien zu genießen und vielleicht das ein oder andere Geschenk zu kaufen. Nach den diversen Baustellen in der Stadt hat der Weihnachtsmarkt nun sein festes Domizil auf dem Schlossplatz gefunden. Und irgendwann werden sich Generationen an ihre Besuche dort erinnern, die fester Bestandteil der Adventszeit für sie waren. )
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13Ginge es dem Zeitpunkt des Auftauchens in den Geschäften nach, müsste Spekulatius mittlerweile als typisches Herbst-, vielleicht sogar Spätsommergebäck gelten. Das war aber mal ganz anders. Frühere Generationen kamen erst wesentlich später in den Genuss, führten die Leckerei dafür aber unter dem Begriff „Konfekt“ – „worunter kein pralinenähnliches Feingebäck beziehungsweise kandierte Früchte nach heutiger Herstellung in Confiserien zu verstehen sind, sondern Gewürzspekulatius aus Mürbeteig“, wie das Stadtarchiv erläutert. Die Formen für diese Gebäckkreation wurden zuweilen kunstvoll mit Liebe zum Detail in Holz geschnitzt. Erst später kamen blecherne Ausstechformen zum Einsatz.
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14Standesunterschiede traten in der Weihnachtszeit auch in scheinbar kleinen Dingen zu Tage. Eigentlich sollte das Fest der Liebe die Menschen nach unserem heutigen Verständnis ja vereinen, sie einander näherbringen und durchaus betonen, was sie miteinander verbindet. Aber auch früher fing es schon bei scheinbaren Kleinigkeiten an: „Wer es sich leisten konnte, dem dienten in der Adventszeit Bienenwachskerzen als stimmungsvolles Dekor“, teilt das Stadtarchiv Siegen mit. Und wer es sich nicht leisten konnten: Dem blieben nur die billigeren Altnativen, beispielsweise au Talg.
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15Je mehr es sich durchsetzte, die Zahl der Weihnachtsgeschenke kontinuierlich zu steigern, um so mehr steigerte sich auch der Publikumsverkehr in den Innenstädten – hier im Dezember 2010 in der Siegener Bahnhofstraße. Das Gedränge beim Geschenke-Shopping mag jetzt nicht im klassischen Sinne als hübsche Weihnachtstradition durchgehen. Irgendwie ist es aber trotzdem eine, denn es gehört nun einmal dazu.
© Friedrich Lück
16Städte, Länder, Privatleute liefern sich heute gelegentlich Wettstreits, wer den größten Baum in der Nachbarschaft, der Region oder sogar auf der Welt vorweisen kann. „Vor mehr als 150 Jahren war undenkbar, ausgerechnet während der besinnlichen Festzeit kleinkarierte Intimfehden um den (angeblich) schönsten und größten Weihnachtsbaum auszutragen“, schreibt das Stadtarchiv Siegen. Aber wie wir in diesem Kalender ja bereits erwähnten: Noch im 18. Jahrhundert stand es immerhin unter Strafe, überhaupt einen Baum als Weihnachtsschmuck in die Stube zu holen
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17Das ein oder andere Kind aus reichem Hause mag im späten 19. Jahrhundert einen Gabentisch wie diesen vorgefunden haben – mit Kaufladen, Schmusetier und Bauklötzen. Die Regel war das aber nicht, wie Christian Brachthäuser vom Stadtarchiv Siegen betont. Solche üppigen Bescherungen „waren ,anno dazumal’ aus wirtschaftlichen Gründen einerseits kaum vorstellbar, galten andererseits aber auch als unsittlich“, sagt der Fachmann. Im Allgemeinen waren Präsente hauptsächlich selbst angefertigte Kleidungsstücke und Gebrauchsgegenstände, besonders für junge Frauen im heiratsfähigen Alter, aber auch ganze Stoffrollen. Daraus wurden dann wiederum Kittel, Kleider, Betttücher und Hemden für Familienmitglieder oder den eigenen Ehepartner in Handarbeit hergestellt – praktische Aspekte gingen in den allermeisten Haushalten vorusstellung "Wunschzettel und Gabentische aus 100 Jahren" im Museum für Kunst und Kulturgeschichte Dortmund. Gabentisch des späten 19. Jahrhunderts mit typischen Weihnachtsgeschenken für Kinder. Foto: Thomas Nitsche Ausstellung "Wunschzettel und Gabentische aus 100 Jahren" im Museum für Kunst und Kulturgeschichte Dortmund. Gabentisch des späten 19. Jahrhunderts mit typischen Weihnachtsgeschenken für Kinder.
© WP | Thomas Nitsche
18Der erste Feiertag scheint im Siegerland lange Zeit der Kernfamilie vorbehalten gewesen zu sein, wie das Stadtarchiv Siegen alten Quellen entnommen hat. Die Mitglieder eines Haushalts blieben unter sich, dabei wurde die Weihnachtsgeschichte vorgelesen. Erst am zweiten Feiertag kamen Besucher, alternativ trafen sich insbesondere Männer wohl auch gern zu ausgelassenen Runden in den Wirtshäusern. Ein erstaunlicher Kontrast zur Besinnlichkeit der Weihnachtsgeschichte, hier illustriert durch die 1933 entstandene Krippe, die bis heute die Pfarrkirche St. Cäcilia in Irmgarteichen in der Weihnachtszeit schmückt – und deren Figuren im Jahr 2010 restauriert wurden. .
© Heinrich Bruch
19Jeder bekommt sie gern und jeder schreibt sie gern: Weihnachts- und Neujahrsgrußkarten, gern als 2-in-1 aufgebaut. Der Vorteil: Man kommt mit einer Karte hin. Denn, seien wir ehrlich: Dass jeder sie gern schreibt, ist ein wenig beschönigt. Oder geschwindelt. Okay: Es ist einfach gelogen! Bekommen möchte die Dinger fast jeder, aber sich selbst hinsetzen und sich die Mühe machen, 20 Mal etwas Launiges auf die Pappteile zu schreiben – am besten noch für jeden Empfänger etwas Anderes – das wollen nur wenige. Die Frage, die sich bei diesem historischen Stück, zur Verfügung gestellt vom Stadtarchiv Siegen, stellt: Räumt das Kind die Säcke mit der Aufschrift 1000000 (immerhin eine Million. Aber eine Million von WAS?) ins Haus rein – oder raus? Es guckt irgendwie so ertappt. Dafür ist der Hut schick.
© Stadtarchiv Siegen | Privat
20Eine besondere Aufmerksamkeit war in früheren Zeiten das „Sterzelaib“ oder Stephansbrot – hier in der historischen Darstellung an einem Fachwerkhaus. Dieses Brot wurde am zweiten Weihnachtstag besonders den Knechten und Mägden sowie anderen kommunalen und landesherrlichen Bediensteten gereicht, wie Christian Brachthäuser vom Stadtarchiv Siegen erklärt. Es war Bestandteil des meist am Stephanstag – dem 26. Dezember – ausbezahlten Lohns. Dabei handelte es sich um ein kleines Brot, das aus übrig gebliebenem Teig geformt wurde. Im Netpherland gaben Dienstherren ihren Dienstboten, Nachtwächtern und Hirten neben einem Trinkgeld in aller Regel auch den „Sterzelaif“. Im Kirchspiel Irmgarteichen bestand der Sterzelaif aus einem Brot und einem halben Schweinskopf. Im Raum Freudenberg gehörte wiederum der Verzehr von Hirnwurst am „Schdeffesdahch“ – dem Stephanstag – zum festen Bestandteil des Brauchtums.
© Christian Brachthäuser
21 Die ersten Christbäume wurden im Siegerland wohl im Verlauf des späten 18. Jahrhunderts geschmückt, wie das Stadtarchiv recherchiert hat: „Und dies, obwohl die Fürstliche Rentkammer des regierenden Landesherrn Wilhelm V. Batavus Prinz von Oranien und Fürst zu Nassau (1748-1806) per Dekret am 9. Dezember 1786 verkündet hatte, dass der Gebrauch solcher Bäume bei Strafandrohung untersagt sei – in für heutige Maßstäbe klangvollen Worten: „Da die fast durchgängig herrschende Gewohnheit, den Kindern auf Weyhnachten grüne Bäume aufzuputzen, wozu meistentheils die Kronen der jungen Fichten und Kiefern abgebrochen werden, den Nadelholzwaldungen sehr nach-theilig ist; So wird der Gebrauch solcher Bäume hierdurch bey einem halben Gulden Strafe untersagt […].“ Es scheint nur bedingt Wirkung gezeigt zu haben, so Christian Brachthäuser vom Stadtarchiv: „Im Sinne der forstwirtschaftlichen Nachhaltigkeit mag das oranien-nassauische Dekret von 1786 vielleicht plausibel erscheinen, aber längst hatten im 18. Jahrhundert offenkundig auch im Siegerland geschmückte Nadelhölzer und Tannenbäume Einzug in so manche Wohnung gehalten.
© Horstgünter Siemon
22 Geschenkorgien zu Weihnachten werden zwar auch heute von vielen Menschen kritisch gesehen, sind aber dennoch weit verbreitet. Tatsächlich ist diese Entwicklung geschichtlich relativ neu. Zweifellos hängt sie mit allgemein gestiegenem Wohlstand zusammen. In früheren Zeiten stand aber auch unabhängig davon „im Vergleich zu heute nicht der materielle Akt des Schenkens an erster Stelle“, wie Christian Brachthäuser vom Stadtarchiv Siegen unterstreicht. „Jenseits des heutigen Konsumzwangs wurden vielmehr der familiäre Zusammenhalt und das Festhalten an jahreszeitlicher Tradition betont. „Weihnachtsgeschenke waren Beiwerk, in vielen Familien beileibe nicht die Hauptsache.“
© FUNKE Foto Services | Michael Gohl
23Viele Menschen träumen von weißer Weihnacht. Und viele haben in Erinnerung, dass sie in der jeweils eigenen Kindheit häufiger vorkam als später. Tatsächlich ist die Sache mit dem Schnee am 24. Dezember nicht die Regel – was nicht heißt, dass es nicht immer wieder mal passiert. Hier zum Beispiel zeugt ein eingeschneiter Weihnachtsbaum auf dem Hilchenbacher Marktplatz davon, dass zumindest am 21. Dezember 2010 die Zeichen auf Weiße Weihnacht standen. Wobei die schon fast zu weiß war: Hätte da jemand Geschenke unter diesem Baum liegen gehabt: Junge, Junge, Junge!
© WR | SCHWAB, Steffen
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