Müsen. Uwe von Seltmann hat die erste deutschsprachige Biografie Mordechai Gebirtigs geschrieben. Am 19. November liest er daraus im Bürgerhaus Müsen.

„Es hieß vorher, dass es über Mordechai Gebirtig nichts gibt“, sagt Uwe von Seltmann. Damit wollte er sich allerdings nicht abfinden. Bei seiner Recherche reiste er nach Israel, in die USA und durch Europa. „Diesen Zeitungsschnipsel habe ich zwischen einem Wust von Zeitungen entdeckt“, erklärt er und deutet auf eine Textseite in seinem Buch „Es brennt“. Uwe von Seltmanns Leidenschaft für den jüdischen Dichter und Komponisten Mordechai Gebirtig trieb ihn immer weiter voran. Schließlich verfasste er rund 400 Seiten. „Ich habe immer wieder Entdeckungen gemacht. Das Buch hätte auch noch umfangreicher werden können“, sagt Uwe von Seltmann. Aus „Es brennt“ liest er am Dienstag, 19. November, ab 19 Uhr im Bürgerhaus Müsen.

Aus einem Film über Mordechai Gebirtig wurde das Buch „Es brennt“

„Das erste Mal habe ich die jiddische Musik im Haus der Offenen Tür in Ferndorf gehört“, sagt Uwe von Seltmann. Kurz danach begann er Hebräisch zu lernen, damit er Jiddisch lesen konnte. Viele Jahre später zog er nach Krakau, in die Geburtsstadt von Mordechai Gebirtig. „Da dachte ich: Warum mache ich nicht etwas über ihn?“, sagt Uwe von Seltmann.

Rund 170 Gedichte und Lieder überlebten die Schoah

Mordechai Gebirtig wird auch „Vater des jiddischen Liedes“ genannt. Er wurde am 4. April 1877 in Krakau geboren. Am 4. Juni 1942 erschossen die Nationalsozialisten den Poeten im Krakauer Ghetto.

Er schrieb zahlreiche sozialkritische Texte. Insgesamt überlebten rund 170 seiner Gedichte und Lieder die Schoah.

Mordechai Gebirtigs bekanntes Lied „S’brennt“ („Es brennt“) war während der NS-Zeit die inoffizielle Hymne jüdischer Widerstandskämpfer. Heute wird es in Israel zu jedem Holocaust-Gedenktag angestimmt.

Ursprünglich wollte er über den jiddischen Poeten einen Film drehen. Das Projekt scheiterte – das Budget ging aus. „Da hatte ich schon so viel recherchiert“, sagt Uwe von Seltmann. Also entschied er sich, ein Buch daraus zu machen. Nun wird es als Pionier- und Meisterleistung national und international gefeiert. „Die zweite Auflage ist in Vorbereitung“, sagt Uwe von Seltmann.

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Schriftsteller kehrt in seinen Heimatort Müsen zurück

Er wurde 1964 in Müsen geboren, lebte seit 2007 als freier Publizist, Dokumentarfilmer und Rechercheur vor allem in Krakau. Seit Frühjahr ist Müsen wieder sein erster Wohnsitz. „Krakau wird mir immer am Herzen liegen, aber es war am Ende nicht mehr so, dass man dort gerne gelebt hätte“, sagt er. Als Nicht-Pole und Nicht-Katholik sei es für ihn dort immer schwieriger geworden.

Autor Uwe von Seltmann blättert in seinem Buch „Es brennt“. Vier Jahre hat er dafür recherchiert.
Autor Uwe von Seltmann blättert in seinem Buch „Es brennt“. Vier Jahre hat er dafür recherchiert. © Ina Carolin Lisiewicz | Ina Carolin Lisiewicz

Neun Bücher hat Uwe von Seltmann insgesamt verfasst oder herausgegeben, die sich vor allem mit den familiären, gesellschaftlichen und politischen Auswirkungen der NS-Zeit auf die Gegenwart auseinandersetzen.

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In seinem neuen Buchprojekt beschäftigt er sich mit der Weimarer Republik. Und erkennt dort viele Parallelen zur heutigen Zeit: „Der Rechtsextremismus wurde damals viel zu wenig beachtet“, sagt er.

Videos bei der Lesung im Bürgerhaus Müsen

Bei der Lesung im Bürgerhaus wird es allerdings nochmal um „Es brennt“ gehen. Die Veranstalter sind die Dorfgemeinschaft Müsen, das Bürgerforum Müsen und die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Siegerland. „Ich werde Material aus meinem Filmprojekt zu Mordechai Gebirtig zeigen“, erklärt Uwe von Seltmann. Es soll keine „langweilige Leselampe-Wasserglas-Lesung“ werden.

„Ich werde nur frei reden und nur einmal eine kurze Passage lesen“, so der Müsener. Er freue sich sehr auf den Abend. „Ich bin begeistert von dem Engagement der Müsener. Die Dorfgemeinschaft geht mit meinem eher exotischen Thema auch ein Wagnis ein“, sagt der Schriftsteller.

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