Siegen. HaSi Siegen / Chaos Siegen bieten regelmäßig Lockpicking-Treffen an. Warum Schlösser knacken? Weil’s cool ist. Aber es steckt noch mehr dahinter.
Eigentlich ist Schlösser knacken einfach. Und Schlösser knacken ist auch ziemlich schwer. Einfach zu verstehen ist das Prinzip, wie ein Schloss funktioniert. Und ziemlich schwer kann es sein, das Schloss aufzubekommen. Im Edition 19 in der Siegener Oberstadt treffen sich einmal im Monat Lockpicker, was man vielleicht mit „Schloss-Stocherer“ übersetzen kann: Sie knacken Schlösser, für die sie keinen Schlüssel haben. Wobei es gerade kein „knacken“ ist. Sondern ein Überlisten der Mechanik, das Wissen um ihre Schwächen.
Wer veranstaltet die Lockpicking-Treffen?
Karsten Hiekmann und Katharina Gimbel vom Verein Hackspace Siegen (Hasi)/Chaos Siegen waren bei Tagungen des Chaos Computer Clubs (CCC), bei beiden Veranstaltungen saß jemand seelenruhig an einem Tisch voller Werkzeuge und knackte Schlösser. Karsten Hiekmann wurde gefragt, ob er nicht auch Bock habe und Hiekmann hatte.
Katharina Gimbel genauso, sie gibt zu, dass sie nicht allen Themen des Kongresses folgen konnte, „ich war richtig froh, dass ich beim Lockpicking Erfolgserlebnisse hatte“. Wieder in Siegen entstand die Idee, dass das eine spaßige Sache war und man sich doch regelmäßig zum Schlösser öffnen treffen könnte. Sie kauften auf dem Flohmarkt Schlosszylinder und ein paar Picking-Sets und legten los.
Ist Schlösser knacken nicht illegal?
Schließsport, Sperrtechnik oder Lockpicking – das Schlösserknacken hat sich zu einer Art Sport entwickelt. Es gibt sogar einen Bundesverband. Ein Schloss aufzumachen ist natürlich nicht per se illegal – und moderne Schlösser sind so sicher konstruiert, dass auch sehr gute Lockpicker ziemlich lange brauchen, um sie aufzukriegen. Wenn überhaupt.
Zu einem der ersten Lockpickertreffen war ein Sicherheitsfachmann im Edition 19 zu Gast. „Er hat uns erzählt, dass Einbrecher eher auf die Türscharniere gehen“, sagt Karsten Hiekmann. Die aufzubrechen geht viel schneller, als minutenlang in einem Hochsicherheitstürschloss herumzustochern. Und wenn Einbrecher eines nicht haben, dann zu viel Zeit.
Wie funktioniert ein Schloss und wie geht es auf?
Gewaltlos und zerstörungsfrei müssen die Schlösser aufgehen, sonst gilt es nicht. Ein Schloss besteht aus einem Gehäuse, in dem ein drehbarer Zylinder sitzt, der von zweiteiligen Stiften in verschiedenen Höhen blockiert wird. Die Stifte müssen mit dem Fühlwerkzeug an die richtige Stelle zurückgeschoben werden, dann kann man mit Hilfe des Spanners den Zylinder drehen. Sehr grob vereinfacht.
Warum machen die Lockpicker das?
Weil, seien wir ehrlich, ein Schloss zu knacken ein bisschen verrucht ist und einfach deshalb schon eine gewisse Coolness hat. In der BBC-Serie „Sherlock“ knackt der von Benedict Cumberbatch gespielte Titelheld Schlösser, wenn ihm langweilig ist. Es hat etwas Meditatives, wie Puzzeln. „Nur ich und das Schloss“, sagt Karsten Hiekmann. Man braucht Fingerspitzengefühl, Geduld, technisches Verständnis, Kreativität. Übung natürlich.
„Und es ist für alle Altersklassen geeignet“, sagt Katharina Gimbel. Jeder kann mitmachen, man hat recht schnell Erfolgserlebnisse. Es schafft Gemeinschaft, weil man zusammen tüfteln, andere um Rat oder Hilfe fragen muss. Gimbels Vater, gelernter Feinmechaniker, sei ebenso dabei wie jugendliche Geo-Cacher.
Was hat Lockpicking mit Hacken zu tun?
Lockpicking ist in der Hacker-Szene recht verbreitet – die Analogie zum Knacken von Codes am Computer liegt durchaus auf der Hand. Und Hacken ist, entgegen aller Klischees, keine rein digitale Angelegenheit. Das sei eine Weltanschauung, erklärt Hiekmann: „Dinge für Sachen verwenden, für die sie eigentlich nicht gedacht sind.“
Und: Ein Katz-und-Maus-Spiel. Die einen verteidigen, die anderen greifen an. Die Sicherheitstechnik lässt sich immer neue Raffinessen einfallen, Schlösser noch sicherer, unknackbarer zu machen. Immer mehr Führungsschienen im Schlosszylinder, die nicht einmal Spezialwerkzeugen noch Platz lassen; zusätzliche Kugeln, auf denen die Fühlwerkzeuge abrutschen; Stifte mit Pilzköpfen,... Und die Lockpicker setzen alles daran, es doch zu schaffen.
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