Siegen. Verwaltung prescht vor: Fahrradstraßen mit Vorrang fürs Rad in Siegen und Weidenau sind fertig, Fahrradboxen und weitere Schutzstreifen geplant

Das Radfahren in Siegen soll attraktiver werden. Die Verwaltung hat eine ganze Reihe von Maßnahmen umgesetzt, andere sind noch in Vorbereitung. Ziel: Das Auto soll zunehmend stehen bleiben können, insbesondere auf Kurzstrecken – dafür muss die Infrastruktur stimmen. Zwar handelt es sich jeweils um kleinere Projekte, die in der Summe aber für Radfahrer durchaus positiv sind.

In der Vergangenheit versäumt: Das Fahrrad spielte keine Rolle

„Es hat sich etwas grundsätzlich, völlig verändert“, sagt Bürgermeister Steffen Mues. Jahrzehntelang, besonders in den 1950er bis 70er Jahren, sei Fahrradfahren in Siegen und dem Siegerland schlicht kein Thema gewesen – und daher sei es heute darum auch eher schlecht bestellt. „Das liegt nicht an den heutigen Akteuren“, so der Bürgermeister mit Blick auf den Arbeitskreis Radverkehr, in dem sich Personen aus Kommunalpolitik, Verwaltung und Bürgerschaft engagieren.

So sei etwa die Technik früher einfach schlechter gewesen, heute komme man mit einer ordentlichen Gangschaltung schon einige Berge hinauf. Ganz zu schweigen vom E-Bike, das nach wie vor auf dem Vormarsch ist: Als die Stadt vor gut einem Monat Mitarbeitern ein Leasing-Modell anbot, habe man nie gedacht, dass in so kurzer Zeit 80 Angestellte zuschlagen würden, so der Verwaltungschef.

Heutige Akteure kämpfen gegen Entscheidungen von früher

Der Arbeitskreis Radverkehr besteht aus Personen aus Politik, Verwaltung und Bürgerschaft.
Der Arbeitskreis Radverkehr besteht aus Personen aus Politik, Verwaltung und Bürgerschaft. © Unbekannt | Hendrik Schulz

Jedenfalls entstand die heutige Infrastruktur in Zeiten, als das Auto noch seltener war und oberste Priorität hatte. Das in kurzer Zeit völlig umzukrempeln, könne und wolle man nicht. Platz ist knapp, das Auto soll nicht komplett weichen. Außerdem: „Schlüsselgrundstücke gehören uns oft nicht“, sagt Mues; mitunter scheitere eine ansonsten startklare Maßnahme an der Weigerung eines Eigentümers. „Wir kämpfen an vielen Stellen.“

Nichtsdestotrotz möchte die Stadt die positiven Effekte eines immer reger genutzten – und immer weiter verbesserten – Radverkehrsnetzes nutzen: Weniger Verkehrslärm, bessere Luft, Gesundheit.

Heute bereits umgesetzt: Zwei neue Fahrradstraßen, Ampelschaltungen, Querungshilfen

Die gesamte Straße „Siegufer“ zwischen dem Fuß- und Radweg unter der HTS und Tiergartenstraße ist ab sofort Fahrradstraße, ebenso ein Abschnitt der Herrenfeldstraße (Weidenau) zwischen Boschgotthardshütte und der Einmündung zum Hauptradweg hinter dem Kreisklinikum.

Damit, sagt Bürgermeister Mues, sind die Radwege entlang der HTS zwischen Geisweid und dem Siegener Bahnhof durchgehend verbunden. Die Anregung stammt aus einer Masterarbeit der Uni Siegen zum Radverkehrskonzept der Stadt.

Radfahrer haben ausdrücklich Vorrang vor allen anderen, insbesondere Autos

Fahrradstraße bedeutet: Radfahrer haben ausdrücklich Vorrang vor dem übrigen Verkehr, dürfen die gesamte Fahrbahnbreite nutzen und auch nebeneinander fahren. Auto- und Motorradfahrer dürfen sie nicht behindern oder gefährden, beim Überholen eine Sicherheitsabstand von 1,5 Metern einhalten.

„Trotz des knappen Platzangebots erhalten die Radfahrer mehr Raum, um sich entspannter und sicherer in der Innenstadt zu bewegen“, sagt Mues. Ein Baustein für eine attraktivere Alternative Fahrrad statt Auto.


Fahrradschutzstreifen gibt es an den Steigungsstrecken von Ypern-, Giersberg- und Hofbachstraße, am Eichenhang, den Ortsausgängen Geisweid und Langenholdinghausen sowie neu an Siegstraße und erster Bauabschnitt Eiserfelder Straße.

Die Ampelschaltungen an Obergraben (Richtung Bahnhofstraße), Straßenquerung HTS-Abfahrt Sieghütte und Heeser-/Hindenburgstraße sind so optimiert, dass Radfahrer und Fußgänger automatisch grün bekommen (Daueranforderung) und sie schneller vorankommen.

Die Straßenquerung für Radfahrer unter der HTS/auf der Ferndorfbrücke in Geisweid wurde begradigt, Teile der Schutzplanken und des Geländers wurden entfernt, eine neue Markierung aufgebracht.


Abstellmöglichkeiten entstanden an zentralen Stellen im Stadtgebiet: Fahrradboxen am ZOB Weidenau, Fahrradbügel an den Rathäusern Siegen und Geisweid, Weidenau ZOB, Bahnhof Geisweid, Alte Poststraße, Apollo-Theater, Freibad Kaan-Marienborn, Hallenbad Eiserfeld, Einkaufszentrum Weidenau.

Für die Zukunft noch in Planung: Radschutzstreifen und Abstellmöglichkeiten

Automatische Fahrrad-Dauerzählstellen sollen noch in diesem Jahr eingebaut werden: Die Stadt möchte wissen, wie die Rad-Hauptachsen Nord-Süd und West-Zentrum genutzt werden. Zählstellen kommen an die neue Fahrradstraße Siegufer, an die Siegarena (bei Bauking) und den Radweg „An der Alche“ beim Minigolfplatz.

Weitere Radschutzstreifen sind geplant für den zweiten Bauabschnitt der Eiserfelder Straße sowie Post- und Wichernstraße (bergauf). An der Geisweider Straße wird der Streifen am ZOB aus Richtung Kreuztal bis zur Bahnstraße verlängert. Unter der HTS in Geisweid wird der Radweg hinter die eingezäunten Stellplätze der Stadt verlegt, um nicht mit Parksuchverkehr ins Gehege zu geraten.

Die Abstellmöglichkeiten an den Bahnhöfen Geisweid, Weidenau, Siegen, Eiserfeld und Niederschelden werden erweitert.

Der an manchen Stellen schon in die Sieg bröckelnde Fuß- und Radweg zwischen Siegufer und Heeserstraße wird 2020 von derzeit zwei auf drei Meter verbreitert. Der neue Radweg an der Sieg hinter dem Hallenbad Eiserfeld wird dieses Jahr ausgeschrieben und ebenfalls 2020 gebaut.


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