Netphen. Der Netphener Rat will weder ein Klimahandlungskonzept noch einen Klima-Check vor allen Entscheidungen.

Der Rat hat Anträge der Grünen zum Klimaschutz abgelehnt. Nur acht Stadtverordnete von SPD, Grünen und Linken stimmten dafür, künftige Investitionen und Entscheidungen vorher auf ihre Klimaauswirkungen zu prüfen, immerhin elf – darunter auch Stimmen von CDU und FDP – waren für ein „Klimaschutzhandlungskonzept“. Die Gegenstimmen kamen von CDU, UWG und Bürgermeister Paul Wagener. „In vier Wochen werden wir hier noch einen ganz anderen Antrag haben“, deutete Ekkard Büdenbender (Linke) die Klimanotstands-Initiative auch für Netphen an, „über den werden wir noch viel heißer diskutieren.“

Die Klimaschutz-Debatte

„Klimaschutz ist nicht kostenlos“, sagte Günter Hachenberg (Grüne), „es ist Zeit zu handeln.“ „Es ist nur in der Praxis schwierig umzusetzen“, meinte dagegen Alexandra Wunderlich (CDU), „wir würden uns komplett blockieren.“ So hatte auch die Verwaltung argumentiert: Der ­Vorab-Klimacheck sei „im Tagesgeschäft kaum zu bewältigen“ und würde das „Verwaltungshandeln deutlich entschleunigen“. Die Verwaltung müsse – etwa wie in Burbach – um „mindestens zwei Beschäftigte“ mit entsprechendem Fachstudium vergrößert werden.

„Wir müssen daran arbeiten“, meinte dagegen Manfred Heinz (SPD), auch wenn bereits „sehr viel passiert“ sei. Auf der Klimaschutz-Habenseite sieht Heinz die Photovoltaikanlagen, die Investitionen im Abwasserbereich – und sogar die Schließung von drei Schulen, von denen kein CO2 mehr emittiert werde. Beim Einwerben von Zuschüssen für Investitionen gebe es dagegen Gemeinden, „die sich geschickter anstellen“ – Burbach habe es sogar geschafft, zugleich Industrie- und Klimaschutzgemeinde zu sein. Mit dem Verzicht auf einen eigenen Klimaschutzmanager und dem Verweis auf den Klimaschutzmanager des Kreises „haben wir uns aus der Affäre gezogen.“

„Wir haben schon so viele Dinge, die uns einschränken“, gab Alfred Oehm (CDU) zu bedenken. Es dürfe nicht dazu kommen, „dass die weitere Stadtentwicklung nicht mehr möglich ist“. „Irgendwann dürfen wir keine Straßen mehr bauen“, glaubt Klaus Kopetzki (FDP). Von einem „Hype“ sprach Ignaz Vitt (UWG): „Das Beste, was wir hatten, waren die Atomkraftwerke, und die wurden abgeschaltet.“ Die demonstrierenden Jugendlichen „gehen auf die Straße und nachher zu McDonald’s. Dabei produzieren sie mehr Müll, als sie essen.“ „McDonald’s haben nicht die Jugendlichen dort hingestellt, sondern wir selbst“, erwiderte Sonia Ricciardi-Gronau (SPD). Auf den Hinweis von Manfred Heinz (SPD), dass auch der Energieverbrauch für das Online-Streaming zu hinterfragen sei, reagierte Klaus-Peter Wilhelm (UWG): „Dann fangen wir doch mal an: Keine Digitalisierung in der Schule!“

Von Windkraft bis Wasserspender

„Wir tun bereits sehr viel“, sagte Bürgermeister Paul Wagener, der im Rat eine Vielzahl von Maßnahmen aufzählte, die dem Klimaschutz zuzurechnen seien. Dazu gehörten die Ausweisung von Windkraft-Vorrangzonen, das Solarpotenzial-Kataster, die Teilnahme von Unternehmen an Ökoprofit, die Gebäudesanierung und die Umstellung auf LED-Straßenbeleuchtung, ebenso die Einführung der E-Akte und die Wasserspender im Rathaus.

„Die meisten hier haben immer noch nicht begriffen, um was es geht“, sagte Ekkard Büdenbender (Linke). Der Waldanteil von 70 Prozent sei Geschichte, „in zwei Jahren haben wir 50 Prozent totes Stadtgebiet, und das ist erst ein kleiner Vorbote von dem, was auf uns zukommt“.

Der Beienbacher Radweg

Mit der Frage, wann sich denn auch Beienbach am Klimaschutz beteiligen dürfe, spielte André Neumann (SPD) auf die neuerliche Vollbremsung für den Radweg nach Beienbach an. „Zwölf Jahre ist nichts passiert“, ärgerte sich Annette Scholl (SPD) nach der langen Planungszeit über die neue Verzögerung für den Beienbacher Radweg durch die Naturschutzverbände: „Uns ist der Mensch das Allerwichtigste.“

Baudezernent Erwin Rahrbach hatte in der Antwort auf eine Anfrage der Grünen mitgeteilt, dass die Naturschutzverbände eine Wegeführung über eine Glatthaferwiese nicht akzeptieren. Nun werde der Weg, der vom Radweg Netphen-Deuz abzweigt und am Naturschutzgebiet Auenwald vorbeiführt, direkt an den Böschungsfuß der L 729 geführt, die die Radfahrer an einem künftigen Ampel-Überweg in Richtung Beienbach überqueren. Dazu muss nun neu geplant werden. „Es wird ein schwieriges Unterfangen, zeitnah eine Lösung zu schaffen“, sagte Baudezernent Rahrbach, „aber ich glaube, dass man es noch schaffen kann.“

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Dem Landesbetrieb Straßenbau stehen für den Radweg in diesem Jahr Mittel zur Verfügung. Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) setzt ein Fragezeichen hinter die Planung: Schließlich handele es sich um einen „Sackweg von sehr geringer verkehrlicher Bedeutung“, auf dem nur ein „äußerst geringes Radverkehrsaufkommen“ zu erwarten sei. André Neumann (SPD): „Ich bin froh, dass wir wenigstens ans Wasser- und Abwassernetz angeschlossen sind.“

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