Dahlbruch. Auf der Bühne in Dahlbruch: Der Choleriker-Darsteller Hans-Joachim Heist nimmts persönlich. Politik macht dem Kabarett gerade viel Arbeit.
„Schön, dass ich da bin“, begrüßt „Gernot Hassknecht“ das Publikum im Gebrüder-Busch-Theater. Die Zuschauer haben vorher per Video gesehen, wie der mundgewaltige TV-Kommentator seinen Tag begonnen hat, mit Meckern, Frust und Bosheiten, bevor er auf den letzten Drücker zum nächsten Auftritt geeilt ist.
Da ist er nun, der von Hans-Joachim Heist geschaffene und verkörperte Choleriker, und nimmt sein Publikum in „Jetzt wird’s persönlich!“ mit auf einen wilden Ritt durch Politik und Gesellschaft, legt den Finger in alle möglichen Wunden, gibt vornehmlich aber einen ganz persönlichen Nachhilfe-Kurs in Sachen Demokratie und Rechtsstaat. In bekannt deutlicher Nutzung der deutschen Sprache. „Wir müssen über die SPD reden“, steigt „Hassknecht“ ohne weitere Vorrede in eine Lästerrunde über die Partei ein, die derzeit „mehr Vorsitzende hat, als Wähler“, arbeitet sich dann immer wieder vor allem an der CSU ab, am Verkehrsminister, der allein durch seinen Namen schon das „bescheuert“ herausfordere und den er als „Toyboy“ von Horst Seehofer verortet.
Höcke, Hitler, Luther...
Schließlich landet er bei der AfD, gegen die er geradezu auf die ganz persönliche „Soapbox“ steigt, wie das im US-Wahlkampf bezeichnet würde. Der Causa Björn Höcke – den er unter Bezug auf einen Running Gag seines Kollegen Oliver Welke meist Bernd nenn – nähert er sich mit einem Quiz, bei dem die Gäste raten dürfen, ob bestimmte Zitate vom AfD-Ultra oder von Adolf Hitler stammen. Eine besonders böse Bemerkung über die Juden kommt allerdings von Martin Luther, der auch „immer für gemeine Hetze“ zu haben gewesen sei, ätzt Heist/Hassknecht – in diesen Augenblicken ist es kaum noch möglich, Kunstfigur und Künstler wirklich zu trennen. Auch dann nicht, wenn er eine ausgesprochen intensive Werbeveranstaltung für das Grundgesetz einbaut, einschließlich eines TV-Spots auf der Leinwand.
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Demokratie sei nun einmal eine furchtbar langweilige und arbeitsschwere Sache, giftet der kleine Mann auf der Bühne, der manchmal mit seinem sauertöpfischen Blick an den großen Werner Peters erinnert. Dennoch sei dieses System das bestmögliche, „von dem ich eigentlich dachte, wir sind uns da alle einig“. Offenbar habe sich da aber etwas geändert. Dagegen müsse gekämpft werden.
Welkende Tätowierungen
Zwischendurch wird der Künstler ein bisschen harmloser im Thema, nicht in den Worten, wenn er über welkende Tätowierungen alternder Frauen herzieht und über Männer, die versuchten, jene Körper wiederzubekommen, „die sie nie hatten“. Dann wird es aber schon wieder politisch, mit einer knalligen Abrechnung über Talkshows aller Couleur und dann zu Jens Spahn und der Gesundheitspolitik und der Zweiklassengesellschaft in der Krankenversicherung, die „Hassknecht“ bitterböse und brillant auf den Punkt analysiert.
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