Siegen. Qualität und Bedarfsorientierung statt Betten: Die Siegener Krankenhäuser haben quasi Vorarbeit geleistet für die anstehende Planungsreform.

Als „ambitioniert, aber nicht unmöglich“ stuft Hans-Jürgen Winkelmann, Geschäftsführer der Mariengesellschaft, die Empfehlung zur Reform der Krankenhausplanung in NRW ein. Es handle sich um einen Paradigmenwechsel: Das „Bett“ als zentrales Element der Krankenhausplanung soll nach den Vorstellungen der Landesregierung ausgedient haben.


Statt für eine bestimmte Einwohnerzahl mit einer bestimmten durchschnittlichen Verweildauer eine bestimmte Anzahl Betten vorzuhalten, soll sich die Gesundheitsversorgung künftig stärker an tatsächlichen Bedarfen orientieren. Das dürfte die Art und Weise, wie die Träger in ihre Häuser investieren, gehörig umkrempeln (siehe Berichterstattung im überregionalen Teil). Siegen ist wichtige Schritte in diese Richtung bereits gegangen.

Was besagt die angestrebte Reform?

Das gestern vorgestellte Gutachten weise eine Fehlentwicklung in der Krankenhauslandschaft aus, so Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU). Statt mit Betten soll künftig mit Leistungsbereichen geplant werden, die auch bezogen sind auf den Bedarf, für den wiederum Bevölkerungs- und Mobilitätsprognosen herangezogen wurden.

Dieser Bedarf ist die eine Säule, Strukturen eine zweite: Die Strukturen der Krankenhäuser sollen sich an dem orientieren, was ein Leistungsbereich von ihnen fordert. Dazu gehört die dritte Säule: Qualität – Ausstattung, Personal, Kompetenz, Häufigkeit von Leistungen. Gerade kleineren Kliniken wird oft vorgeworfen, dass sie Leistungen anbieten, die sie mangels Spezialisierung eigentlich gar nicht qualifiziert können.

Was bedeutet das für Siegen?

Vorteil für die Region: Viele der Strukturen, die sich aus der Reform ergeben, gibt es bereits. Die Träger der vier Siegener Krankenhäuser – Diakonie Südwestfalen, Mariengesellschaft, DRK und Kreis – arbeiten in vielen Bereichen eng zusammen; jede Klinik verfügt über medizinische Schwerpunktgebiete, in denen die jeweils anderen nicht wirklich wildern. Meistens jedenfalls. „Vom Grundsatz her ist das eine Idee, die kommen musste“, sagt Winkelmann – mit dem antiquierten Planungsinstrument „Krankenhausbett“ lasse sich keine moderne Klinikplanung mehr betreiben.


Es gelte, Doppel- und Dreifachstrukturen zu vermeiden – und in diese Richtung tendieren die Siegener Häuser bereits. Winkelmann: „Ich glaube, dass wir keine Katastrophe zu erwarten haben.“ Es handle sich eben um eine tiefgreifende Änderung. Ohnehin hat die Studie Ballungsräumen und ländlichen Regionen ein deutliches Gefälle in Sachen Krankenhauslandschaft attestiert: Überversorgung in Metropolen, Unterversorgung auf dem Land. Und dass Strukturen zerstört werden, ist politisch mehr als nur unwahrscheinlich – sie werden verschoben.

Wie läuft das konkret ab?

Wer zum Beispiel das Leistungspaket interventionelle Kardiologie bekommen möchte, muss nachweisen, dass dafür die nötigen Strukturen, das nötige Personal und die nötige Qualität vorhanden sind. „Wie viele Betten eine Klinik für diesen Bereich vorhält, interessiert das Land nicht, das müssen die Träger für sich organisieren“, so Winkelmanns Einschätzung. Ausschlaggebend seien Qualität und Ausrichtung am Bedarf.


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