Siegen. Die Kosten für den Neubau eines Hallenbades in Weidenau sind explodiert. Nun zieht die Verwaltung die Notbremse.

Der Neubau eines Stadtbads in Weidenau ist so gut wie vom Tisch. Die Verwaltung spricht sich dafür aus, stattdessen das vorhandene Hallenbad in Weidenau zu erhalten und um einen Erweiterungsbau zu ergänzen. Der Grund: Die Kosten für den Neubau drohten aus dem Ruder zu laufen.

Das Problem

Der Neubau in Weidenau war – wie der Erhalt des Hallenbads Eiserfeld und die Schließung des Löhrtorbads – Teil des Hallenbad-Neuordnungskonzepts, das der Rat im November 2016 beschlossen hat. Im April 2019 wurde der Rat konkret, legte die Zahl der (Schwimm-)Bahnen und die Wasserfläche fest. Die Deutsche Gesellschaft für das Badewesen rechnete im Auftrag der Stadt: Für Schwimmbecken und Nebenräume einschließlich Duschen, Toiletten und Umkleiden würde die Stadt 32,3 Millionen Euro hinblättern müssen. Diese Schätzung, so die Vorlage der Verwaltung für die anstehenden Sitzungen der Fachausschüsse, weiche „erheblich“ von den zehn Millionen – ohne Abrisskosten – ab, mit denen die Stadt ursprünglich auskommen wollte.

Der Beratungs-Fahrplan

Bauausschuss und Sport- und Bäderausschuss beraten am Donnerstag, 5. September, gemeinsam über die neue Entwicklung. Die Sitzung im Geisweider Ratssaal beginnt um 17 Uhr.

Eine weitere Beratungsrunde findet am Mittwoch, 11. September statt. Anschließend entscheidet der Rat am Mittwoch, 25. September.

Bei der Planung hatte die Stadt gegenüber der Empfehlung des Gutachtens noch draufgelegt: Auch das Sprungbecken, das außer dem Sportbecken mit sechs Bahnen gebaut werden sollte, sollte vier 25-Meter-Bahnen bekommen. Der Gutachter hätte 12,5 Meter für ausreichend gehalten, diese Planung wäre für 26,7 Millionen Euro – einschließlich Abbruchkosten – umzusetzen gewesen.

Die Alternative

Für 16,2 Millionen Euro wären Sanierung und Erweiterung des vorhandenen Hallenbads in Weidenau zu haben, gibt die Verwaltung nun zu bedenken. Die Baufachleute halten einen weiteren Anbau nun auf der „Siegener“ Seite des Bads für realisierbar, ebenso die barrierefreie Erschließung der beiden Ebenen mit einem Aufzug. Für Umkleiden und Duschen wäre Platz im vorhandenen Gebäude. Im Anbau würden vor allem Multifunktions- und Kinderbecken errichtet, während in beiden Schwimmhallen (Alt- und erster Anbau) jeweils zwei Sportbecken mit fünf 25-Meter-Bahnen zur Verfügung stünden, im Altbau wie bisher mit einem Nichtschwimmerbereich.

Die Empfehlung

„Es entsteht ein zeitgemäßes, barrierefreies Hallenbad“, lautet das Fazit des Baudezernats. Die Vorteile eines Neubaus gegenüber dieser Alternative rechtfertigten eine Mehrausgabe von 13 Millionen Euro nicht. Die Planung werde zwar nun „ebenfalls komplex“, allerdings werde kein Architektenwettbewerb mehr erforderlich. Während des Baus könne zudem auf eine Schließung verzichtet werden – „eine Risikominimierung für den Fall, dass das Löhrtor-Hallenbad aufgrund technischer Probleme frühzeitig geschlossen werden muss“.

Auch die S port- und Bäderabteilung ist einverstanden: Die Anbau-Lösung biete alles, was gefordert ist. Mit dem zehn Bahnen gehe die Stadt über die 8,4 „Bahnenäquivalente“ hinaus, die das Gutachten für ausreichend gehalten habe. Dabei wären dann aber steigende (Schwimm-)Schülerzahlen nicht berücksichtigt gewesen, und bis zu drei Vereine hätten sich eine Übungseinheit teilen müssen. Aktuell verfügen die drei Siegener Hallenbäder über 1525 Quadratmeter Wasserfläche. In Zukunft werden es, ohne das Löhrtorbad, 1335 sein. Um die Kapazität auszuschöpfen, ist die Verlängerung der bisherigen Öffnungszeiten in die frühen Morgenstunden und weit in den späten Abend hinein Thema.

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Es verstehe sich „in jedem Fall“, dass aus finanziellen Gründen ein Anbau zu bevorzugen sei, heißt es in der S tellungnahme des Kämmerers. Insgesamt sei die Investition, die auf die Jahre 2020 bis 2023 verteilt wird, aber auch in dieser Größenordnung „nur schwer darstellbar“. An Zuschüssen kann die Stadt allenfalls die jährliche Sportpauschale des Landes einrechnen (300.000 Euro), als weitere Einnahme ist das Geld aus dem Verkauf des Löhrtor-Grundstücks zu erwarten. Etwa 500.000 Euro jährliche Mehrkosten für die Finanzierung würden die Stadt „dauerhaft“ belasten. Als Vorteil erscheint die vorangeschrittene Zeit: Für den Haushaltsausgleich im Jahr 2022, den die Stadt Siegen nach Vorgabe des Landes stemmen muss, spielen Zinsen und Abschreibungen der neuen Investitionen noch keine Rolle.

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