Siegen/Kreuztal. Sechs Jahre werden vergangen sein, wenn die Rundturnhalle auf der Morgenröthe in Niederschelden saniert ist. Ein Einzelfall ist das nicht.
„Theoretisch hätte uns schon das Dach runterfliegen können.“ Immerhin schon 2014 wurde die Rundturnhalle auf der Morgenröthe sanierungsreif gemeldet, erinnert Siegens Bürgermeister Steffen Mues. Nun wird es 2020, bis das 4,5-Millionen-Euro-Projekt fertig wird. Die Geschichte, warum das so lang dauert, ist typisch – keineswegs nur für die Stadt Siegen.
Der Fall
Steffen Mues erzählt die Geschichte, die damit beginnt, dass die Stadt die Investition nicht allein bezahlen will. Der erste, 2015 gestellte Förderantrag, wird 2016 abgelehnt. Für den zweiten, nach dem Kommunalinvestitionsförderungsgesetz, durfte Siegen im März 2017 einen Antrag stellen – auch solche Termine werden vorgegeben.
Die Bezirksregierung gab grünes Licht für den 90-Prozent-Zuschuss, die Stadt konnte loslegen. Die Planung musste wegen der hohen Auftragssumme EU-weit ausgeschrieben werden – in drei Einzelgewerken. „Wir hätten gern einen Generalplaner gehabt“, sagt Mues. Das aber sei „in der Rechtsprechung hoch umstritten“. Fehler bei der Auftragsvergabe will sich die Stadt nicht leisten. Denn mögliche Rückforderungen seien ein „Damoklesschwert“, sagt Mues: 14 Millionen Euro Fördermittel wollte das Land zehn Jahre nach Fertigstellung für das Apollo-Theater zurückhaben, die Stadt konnte den Rückzahlungsbetrag auf 800.000 Euro herunterdrücken.
Geld bleibt nicht liegen
Auf die Kritik, dass die Städte Fördermittel, zum Beispiel für die „Gute Schule 2020“, ungenutzt verfallen lassen, geben die Bürgermeister nichts. „Ich glaube nicht, dass da viel Geld liegen bleibt“, sagt Steffen Mues. „Zwei Jahre sind doch weg, bevor man einen Hackenschlag machen kann“, sagt Walter Kiß.
Steffen Mues verweist darauf, dass es Zeit für die Planung braucht. Die könnte eine Verwaltung vorbereiten und, sobald Fördermittel winken, aus der Schublade ziehen – „wenn wir mal Leerlauf hätten“. Hat sie aber nicht. „Dafür brauchte ich zusätzliches Personal.“
Für zwei der drei Ingenieuraufträge interessierte sich niemand. Mittlerweile ist der Februar 2018 erreicht, als die Stadt ihre Ausschreibung aufhebt. Im zweiten Anlauf, im September 2018, bekommt die Stadt drei Angebote. Von demselben Bieter. Der im Februar 2019 den Auftrag bekommt. Für alles. „EU-weite Ausschreibungen dauern immer“, sagt Steffen Mues. Nun drängt die Zeit: Bis Ende 2020 muss alles fertig sein. Sonst verfällt der Zuschuss. Und noch sind die Aufträge für das Bauen selbst nicht vergeben. Mues rechnet mit Üblem: Dass die Stadt Ausschreibungen aufheben muss, weil erst einmal Geld nachgeschossen werden muss, ist fast an der Tagesordnung. Die Baukonjunktur läuft immer noch heiß, „Ausschreibungsergebnisse werfen bei uns die Terminpläne über den Haufen.“
Die Konsequenzen
Muss das alles so sein? Der Siegener Bürgermeister weist auf den Hintergrund hin: Die maximale Transparenz, die Vergabeverfahren so aufwändig machen, soll Korruption verhindern. „Diesen Grundgedanken finde ich wichtig.“ Den Preis dafür zahlen alle Beteiligten: Kleine Handwerks- und Baufirmen können es sich gar nicht erst leisten, in solche Verfahren einzusteigen. Und die Verwaltung muss Personal einsetzen. „Das ist so komplex, dass wir einen eigenen Vergaberechtsjuristen beschäftigen könnten.“
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Der Kreuztaler Bürgermeister Walter Kiß kann dasselbe Lied singen. In der Stadthalle, die seit Februar gesperrt ist, hat sich noch nichts getan. Die Erweiterung zum Bürgerforum, ein 3,5-Millionen-Projekt, hinkt ihrem Zeitplan bereits ein Dreivierteljahr hinterher. „Man ergibt sich in sein Schicksal“, sagt Kiß, „der bürokratische Unterbau muss seine Daseinsberechtigung nachweisen.“
Beim Umbau der Jugendbegegnungsstätte sei der erste Prüfer schon vor der Ausschreibung der Aufträge nach Kreuztal gekommen. In einem anderen Fall wurde gestritten, ob ein Ingenieurauftrag der vorbereitenden Planung (erlaubt) oder schon der Ausführung (vor der Bewilligung des Geldes, verboten) dient. „An 500 Euro wäre fast die ganze Förderung gescheitert.“ Aber auch die Stadt Kreuztal ist am Ende gern langmütig: Vorhaben wie das Bürgerforum zahlt zu 50 Prozent das Land. Und die EU legt noch mal 25 Prozent drauf.
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