Siegen. Junger Mann beobachtet, wie drei Männer einen vierten verprügeln und geht dazwischen. Mutmaßliche Messerstecher stehen jetzt vor dem Landgericht.

Gegen zwei mutmaßliche Messerstecher wird seit gestern vor dem Siegener Landgericht verhandelt: Sie sollen einen Zeugen, der ihrem Opfer zu Hilfe geeilt war, verletzt haben. Der junge Afghane verfolgte die Täter trotzdem weiter.

Der Zeuge zieht den Zorn der Aggressoren auf sich

Später Nachmittag des 22. Januars 2019. Der junge Mann afghanischer Abstammung sieht am Busbereitstellungsplatz an der Unterführung, wie drei Männer einen vierten bedrohen und schlagen. Der heute 18-jährige Betonarbeiter mischt sich ein, zieht den Zorn des Trios auf sich, wird geschlagen, bekommt einen Messerstich in den Rücken. Gut einen Zentimeter dringt die Klinge ein, dann macht sich das Trio davon, durch die Unterführung, Richtung ZOB.

Hintergrund: Streit in der Siegener Drogenszene

Der junge Afghane ist derzeit einziger Zeuge für die Staatsanwaltschaft. Seine Aussage hat einen Schwachpunkt: Den Angeklagten, der in beiden Fällen zugestochen haben soll, will er noch nach der Verhaftung in einer Disco gesehen haben. Dennoch dürfte seine detailreiche Aussage Gewicht haben.

Hintergrund der beiden hier verhandelten Taten ist offenbar eine größere Auseinandersetzung in der Siegener Drogenszene. Er habe dem Angeklagten B. einmal „Stoff“ abgejagt, „aber dafür sticht man doch niemanden ab“, soll der Geschädigte der zweiten Tat (vom 26. Januar) gesagt haben.

Der Zeuge folgt ihnen trotz der Verletzung, mit der er später einige Tage ins Krankenhaus muss und findet die Gesuchten von dort aus auf der anderen Seite wieder, wie sie gerade im Sieg Carré verschwinden. Er folgt ihnen weiter, wird mit Fäusten und einem Stuhl geschlagen.

Lob für den Mut von der Richterin

Sein Versuch, bei der nahen Polizeistation Hilfe zu holen, scheitert. Ein Landsmann, der gerade in der Nähe ist, ruft die Beamten per Handy. Als Kriminalbeamte eintreffen, sind die Täter aber schon weg.

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Richterin Elfriede Dreisbach findet den Zeugen äußerst mutig, lobt sein Verhalten ausdrücklich. Zumal er erwähnt, im Krieg einiges mitgemacht und deshalb eigentlich immer etwas Angst zu haben. „Wenn ich so etwas sehe, muss ich doch etwas tun“, sagt er und versichert, die beiden Männer auf der Anklagebank eindeutig wiederzuerkennen.

Die Angeklagten

Der 35-jährige B. und der 21-jährige L., denen gefährliche Körperverletzung vorgeworfen wird, schweigen vor Gericht. Der dritte Mann, den der Zeuge aufgrund seines Aussehens – blonde Haare, blaue Augen – als „Russen“ bezeichnet, ist nicht dabei.

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Die beiden Angeklagten, beide Nordafrikaner, wurden am 27. Januar in der Leimbachstraße verhaftet, nachdem die Polizei wegen einer angeblichen Gewalttat dorthin ausgerückt war. Statt einer blutüberströmten Frau fanden die Beamten dort das nunmehr angeklagte Duo vor, das sie nach kurzer Zeit mit einer weiteren Tat vom Vortag in Verbindung bringen können.

Wann in Weidenau mit Pfefferspray besprüht

Dort war ein Mann in Weidenau mit Pfefferspray besprüht und niedergestochen worden. Die mutmaßlichen Täter sollen am Abend blutbefleckt in die Wohnung gekommen sein und einer Bekannten gesagt haben, sie hätten gestern einen abgestochen. Diese Bekannte ist allerdings derzeit untergetaucht, kann in absehbarer Zeit nicht vernommen werden. Das Opfer in der zweiten Sache will die Angeklagten nicht wiedererkennen können.

Staatsanwaltschaft, Gericht und Verteidiger wollen zunächst ein Rechtsgespräch führen. Die Verhandlung wird Dienstag, 6. August, fortgesetzt.

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