Siegen-Wittgenstein. Der Kreistag „beerdigt“ den Antrag der SPD, doch noch einmal über eine Seilbahn zwischen Siegen und Kreuztal oder zur Uni nachzudenken.
Die SPD kämpft auf verlorenem Posten im Kreistag für ihre Idee, doch noch einmal über eine Seilbahn als Nahverkehrsmittel nachzudenken, wenn schon nicht von Eiserfeld nach Kreuztal, dann wenigstens vom Weidenauer Bahnhof zur Uni auf dem Haardter Berg. Nur SPD und Grüne stimmen am Ende für den Antrag, eine Machbarkeitsstudie erarbeiten zu lassen.
Die Debatte
Direkt am Anfang lehnt der Kreistag mit 26 gegen 26 Stimmen den Antrag der Grünen ab, den Verkehrsausschuss erneut damit zu befassen. Immerhin eine starke Minderheit von 16 Kreistagsmitgliedern stimmt daraufhin für den von Dr. Wolfgang Sonneborn (fraktionslos) gestellten Antrag, die zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht begonnene Debatte zu beenden. Hermann-Josef Droege (CDU) zeigt an, dass er sich für befangen hält: Er ist stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK, die gerade Unternehmen zu den Seilbahn-Ideen befragt hat – und dort wohl unerwartet positive Resonanz gefunden hat.
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Thomas Hartmann (fraktionslos) setzt schon früh ein Bonmot: „Die Gondeln tragen Trauer.“ Und vermutet den Start zum Wahlkampf um die Landratswahl 2020. Andreas Müller und die SPD hätten Verkehrsthemen wie die E-Mobilität, den Radschnellwegebau, den öffentlichen Nahverkehr und das Carsharing „verschlafen“, meinte der ehemalige Sozialdemokrat, „jetzt haben wir Hebammen, aber keine Busfahrer.“ Dann landet Hartmann noch einen Hieb auf das als schwierig geltende Zusammenwirken von Landrat und Sozialdezernentin: „Nehmen Sie Frau Klinkert, bewerben Sie sich als Tandem um den Parteivorsitz.“ Richtig böse auf die Seilbahngegner ist am Ende Michael Plügge (SPD): „Die gleichen Argumente wie damals, als die Eisenbahn erfunden wurde oder die HTS gebaut werden sollte.“
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SPD: „Es könnte auch eine Zahnradbahn sein“, sagt Dr. Thomas Gehrke. Es sei ein Fehler, sich auf E-Mobilität zu konzentrieren, deren Einsatz – mit Blick auf Arbeits-, Herstellungs- und Umweltbedingungen auch in betroffenen Schwellenlädern – auch „moralisch zu hinterfragen“ sei. Die immer wieder genannte S-Bahn sei keine Alternative, findet Marco Schmidt: „Die kann man nicht mal eben einführen“ – die Kapazität der zweigleisigen Strecke reiche nicht aus. Fraktionschef Michael Sittler meint, dass eine Kernraum-Seilbahn auch dem Umland nützt: Für den Einsatz dort würden in Siegen nicht mehr gebrauchte Busse frei. Dass der „volkswirtschaftliche Nutzen“ nicht gesehen werde, wundert Sittler – da sei der Kreistag nicht konsequent, sagt er, ohne den Flughafen zu nennen: „Dafür geben wir doch Geld aus.“
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Grüne: Zum „ganz neu denken“ im Verkehrsausschuss rät Meike Menn. Es lohne sich. Fördermöglichkeiten zu erkunden und über die Streckenführung nachzudenken. Die von der SPD zunächst genannte Verbindung durch das Hüttental, räumt die Fraktionschefin ein, sei „unsinnig“.
CDU: Auf 100 Millionen Euro schätzt André Jung den Investitionsbedarf. Das sei „jenseits von Gut und Böse“. Bernd-Dieter Ferger erinnert daran, dass es schon 2011 eine Seilbahn-Studie für den Haardter Berg gegeben habe. 35 Millionen Euro Investitionskosten seien genannt worden. Radschnellwege und über die HTS geführte Schnellbuslinien seien Alternativen. Perspektivisch würde, wenn drei von vier Uni-Fakultäten in die Innenstadt umgesiedelt seien, nur noch für 8000 statt damals 20.000 Studierende auf dem Haardter Berg geplant, sagt Fraktionschef Bernd Brandemann: „Wir brauchen keine Visionen für irgendwann, sondern jetzt einen verlässlichen ÖPNV.“
FDP: Die SPD habe eine „Lösung für ein Problem, das es nicht gibt“, findet Guido Müller, „es freut mich, wenn wird das Thema heute beerdigen.“ Zwischen Siegen und Kreuztal gebe es eine Schienenstrecke, auf die mehr Nahverkehr verlagert werden könne.
U WG: Horst- Günter Linde wird beim Ausbau des Bahnangebotes konkret: Die Rothaarbahn könne bis Hilchenbach auf einen 30-Minuten-Takt verdichtet werden, mit Zugkreuzungen in Ferndorf, und wenn die Siegstrecke einmal wieder durchgehend zweigleisig sei, könnten die Linien von Köln und Westerburg bis Kreuztal verlängert werden. „Es gibt intelligentere und zielführendere Maßnahmen als eine Seilbahn“, findet Hans Günter Bertelmann.
Linke: Ullrich Georgi mahnt an die Bahnhaltepunkte Siegen-Ost, Niederdielfen und Buschhütten zu reaktivieren und über eine Haltestelle im Bereich der Kaisergarten-Viadukte nachzudenken. Die Seilbahn-Initiative halte er für einen „verspäteten Aprilscherz“