Allenbach. . Vier Schülerinnen und Schüler von Stift Keppel spielen in internationalem Jugendorchester. Auch Südwestfalen ist Leuchtturm für Nachhaltigkeit.

Beethovens Neunte in Helsinki spielen? Gleich am Freitag? Die vier vom Stift hat das kalt erwischt: Vor „noch nicht mal zwei Wochen“, berichtet Musiklehrerin Christina Kolberg-Böhm, sei die Einladung gekommen. „Man weiß, dass wir gut Musiker im Haus haben. Das ehrt uns.“ Mittwoch morgen startet der Flieger ab Düsseldorf.

Worum geht es eigentlich?

„UNGSII“ steht auf dem Briefkopf der Einladung. Die Abkürzung für „UN Global Sustainability Index Institute“. Also eine UN-Organisation, die sich um Nachhaltigkeit kümmert. Unter ihrem Dach bilden 25 Städte und Regionen die „SDG Cities“, also die Städte, die „Champions“ bei der Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele der UN sein wollen. „Lighthouses“, also Leuchttürme. Sie treffen sich zum Kongress in Helsinki.

Wie kommt Stift Keppel zu der Ehre?

Eine der 25 Nachhaltigkeitsregionen ist der Regierungsbezirk Arnsberg. Gesucht wurden für die Tagung Jugendliche für ein internationales Jugendorchester. Sieben Mädchen und Jungen vertreten Deutschland: zwei aus Iserlohn, einer aus Arnsberg, vier aus Hilchenbach. Die Bezirksregierung hatte die Adresse: Christina Kolberg-Böhm ist als Fachmoderatorin für Musik bezirkswert im Einsatz.

Wer sind die vier Ausgewählten?

„Wir hätten auch noch 30 andere gehabt“, sagt Christiana Kolberg-Böhm. Vorgegeben waren aber die Instrumente. Und so fiel die Wahl auf:

Thomas Benner, 18, Oboe. Fagott und Klavier wären auch möglich gewesen. „Unser Haus- und Hofmusiker“, sagt die Lehrerin über den angehenden Musikstudenten .

Marlene Klein, 16, Klarinette, hat über die Partitur der „neuen“ Neunten gestaunt, die der Österreicher Ingolf Wunder neu geschrieben hat: „Komplexer, als wir alle dachten.“ Von wegen „Freude schöner Götterfunken“, wie sie die Eurovision im Fernsehen spielt.

Johanna Kiess, 16, Cello, ist Preisträgerin bei „Jugend musiziert“ und spielt im Märkischen Jugendsinfonieorchester.

Simon Banner, 13, Schlagzeug, spielt auch im NRW-Kinderorchester.

Was erwartet die jungen Musiker in Helsinki?

Nicht nur der Auftritt mit dem Orchester. Ausdrücklich werden die Jugendlichen — kurzfristig — zur Teilnahme an der ganzen Tagung eingeladen. „Offensichtlich eine Reaktion auf die Fridays for Future“, vermutet Christina Kolberg-Böhm, „wir sind da nicht nur das musikalische Rankwerk.“

Wie bereiten sich die Schülerinnen und Schüler vor?

Natürlich soll das Kontert gelingen, sagt Thomas: „Ich bin schon froh, dass es nicht die ganze Neunte ist.“ Wichtig ist ihm, der ebenso wie Marlene, in der Fridays-for-Future-Bewegung engagiert ist, aber auch das Thema: „Ich habe mich auf alles vorbereitet.“ „Es wird erwartet, dass man eine Meinung hat“, sagt Marlene.

Freiheit und Zukunft

„Beethoven on Fridays“ ist das Motto des Konzerts in Helsinki, das auf die Fridays for Future anspielt. Es geht aber auch um die Montage.

Erinnert wird an die Montagsdemonstrationen, die vor 30 Jahren den Fall der Mauer einleiteten. Beethovens neunte Sinfonie wurde das musikalische Leitmotiv.

Vielleicht werden sie gar nicht zu Wort kommen. Vielleicht aber, sagt Thomas, „ist die eigene Stimme dort auch ein kleines bisschen gefragt.“ Sie sind darauf eingestellt, auf den Busch zu klopfen — wie ernst das den Städten und ihren Gästen aus Wirtschaft und Finanzwelt mit der Nachhaltigkeit ist.

Was sagt der Direktor?

Ihm sei das ja schon komisch vorgekommen: über Nachhaltigkeit reden und dann mal eben für drei Tage mit dem Flugzeug einen dicken Fußabdruck ins Klima setzen. „Lobbyarbeit für grüne Städte und Smart Citys wäre gut“, überlegt Dr. Jochen Dietrich. „Aber möglicherweise wollen die jungen Leute doch noch was sehr viel Radikaleres.“ Das Stift ist sowieso im Thema drin: Am Mittwoch tagt in Keppel das Netzwerk „Bildung für nachhaltige Entwicklung“, und das aktuelle Oberstufenprojekt heißt „Keppel Energy“ — ein Windrad wird gebaut. „Keppel Racing“, das Vorjahresprojekt, ist Geschichte. Der Verbrennungsmotor passt wohl einfach nicht mehr in die Zeit.

Noch Fragen?

Simon bekommt vor Ort ein Schlagzeug aufgebaut. Aber ob das auch mit dem Leihcello für Johanna klappt? Christina Kolberg-Böhm ist entspannt. Kirgistan, wo Keppel auch Partner hat, ist viel weiter weg. „Finnland ist kein Problem.“

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