Lützel. . Innerhalb von kaum zwei Wochen entsteht auf der Ginsberger Heide eine komplexe Festival-Infrastruktur. Mal eben Zelte hinstellen ist nicht.
Ein ausgewachsenes Konzerthaus in zwei Wochen ins Moor zu stellen, ist ambitioniert. Denn es gibt dafür quasi nichts auf der Ginsberger Heide, wo in der nächsten Woche die 29. Ausgabe von Kultur Pur stattfinden wird. Nichts, außer viel Natur. Es braucht drei große, Dutzend kleine Zelte, Strom, Wasser, Gastronomiestände, Umkleiden, Sanitäranlagen und tausend Kleinigkeiten, damit das Festival funktioniert. „Im Groben ist der Aufbau immer ähnlich“, sagt Festivalleiter Jens von Heyden „aber mal eben Zelte hinstellen ist nicht.“ In zwei Wochen Aufbauzeit darf nicht allzu viel schiefgehen.
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Die Kulturbüro-Mitarbeiter sind jeden Tag auf dem Giller, um mögliche Fehler zu finden, vorauszudenken, zu korrigieren. Etwa 20 verschiedene Gewerke, Zeltbauer, Bühnenbauer, Licht- und Tontechniker, müssen exakt abgestimmt agieren, damit der Ablauf nicht durcheinandergerät. Die große Bühne etwa muss angeliefert werden, wenn das Zelt steht, aber die Garderobencontainer noch nicht. Denn dann könnte der Lkw nicht mehr ranfahren. Zu- und Abwasserleitungen müssen liegen, bevor die Bodenplatten kommen.
600 Seiten Zeltbau-Vorschrift
Einmal wurde beim Aufstellen eines Mittelmasts vergessen, einen Stahlschlitten herumzulegen. Ohne das Teil konnte die Lichtanlage nicht angebracht werden; das Zelt musste zur Hälfte wieder abgebaut werden. „Die Rädchen greifen sehr genau ineinander“, sagt von Heyden. „Unscheinbare Dinge können eine große Wirkung haben, wenn man sie vergisst.“
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Der ganze Platz ist detailliert verplant. Natürlich ist der Aufbau immer ähnlich – großes Zelt, Mittelzelt, kleines Zelt, Getränkerondell, Verpflegungsstände. Aber es ändern sich immer Kleinigkeiten, es kommen neue Stände oder Zelte dazu, verlagern sich und dann geht es schnell um Zentimeter. Irgendetwas gerät in die Abspannung der großen Zelte, die Bodenplatten passen nicht mehr – die gesamte Wiese wird überplankt, damit die Besucher auch bei Mistwetter trockenen Fußes bleiben. Während immer häufiger Baustellen nicht wie geplant fertig werden, „können wir es uns nicht erlauben, später zu eröffnen“, sagt der Festivalleiter.
Die Konstruktion trotzt auch Stürmen
Berge von Paletten, Balken und Bodenplatten stapeln sich auf dem Gelände, Kräne wuchten Container an Ort und Stelle, Radlader schaffen neues Material heran. Und dann kommt erst noch der Kleinkram, Deko, Stühle, Möblierung, Plakate. Unzählige Dinge, die schief gehen können, bis die Besucher am Donnerstagabend das erste Mal in die Zelte strömen.
Apropos Zelte. Was so luftig-elegant auf der Wiese steht, ist eine Konstruktion, die Sturmwinden trotzt. Allein die Plane des kleinen Zelttheaters wiegt rund eine Tonne, es gibt in Europa nur zwei Firmen, die so etwas überhaupt herstellen. Genauso gibt es kaum Unternehmen, die so hohe Zelte bauen können, an deren Masten dann auch noch tonnenschweres Show-Equipment hängen kann. „Das Baubuch für ein Zelt hat mehr als 600 Seiten“, sagt Jens von Heyden, die Bauaufsicht prüft nachher, ob auch wirklich alle Auflagen erfüllt wurden. Zumal die Konzerte immer aufwendiger werden – Wincent Weiss’ Videowand könnte noch eine Herausforderung werden.
Große Flächen, schwere Lasten
Hunderte Erdnägel, jeder 1,20 Meter lang, verankern die Zelte im Boden. Mit einer Spezialramme werden die Anker in den Boden getrieben; das Gerät ist nur begrenzte Zeit auf dem Giller – noch etwas, das passen muss. Die Konstruktion ist abgeleitet aus den klassischen runden Zirkuszelten: Die haben stabilisierende Sturmstangen, können aber keine großen Lasten tragen. Die Firma MCR war 1991, als Kultur Pur anfing, die einzige, die eine große Fläche überbauen konnte mit einem Konstrukt, das auch noch große Lasten trägt. Das Mittelzelt zum Beispiel überspannt 1000 Quadratmeter.
Das Schöne ist, dass es allen Beteiligten immer noch Spaß macht. Das sind ja längst nicht nur die Mitarbeiter des Kreiskulturbüros: Die Bauhöfe der Städte Hilchenbach und Erndtebrück zum Beispiel. „Die kommen auch mal samstags, obwohl sie das nicht müssten“, freut sich Jens von Heyden, „man spürt richtig die ,Aufbaustimmung’. Die Leute haben Lust auf Kultur Pur.“
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