Niederschelden. . Große industriegeschichtliche Bedeutung: Eisenwerkstatt und Verhüttungsstandort aus der Keltenzeit in Siegen als Touristenattraktion und Lernort.

Wenn die Wiege der Siegerländer Montanindustrie schon im Dreiborntal bei Niederschelden steht, dann sollen die Menschen sie auch erleben können. Vor mehr als 2500 Jahren errichteten die Kelten hier die ersten Anlagen zur Gewinnung von Eisen, die Archäologen kürzlich freigelegt und erforscht hatten. Eine industriegeschichtliche Bedeutung, die sich womöglich mit den imposanten Zechen des Ruhrgebiets messen kann. Neben der Bewahrung der Forschungsergebnisse soll dieser kulturelle Schatz auch touristisch gehoben werden; mit einem Schutz- und Präsentationsgebäude. Das sei etwas Besonderes, betont Bürgermeister Steffen Mues.

Gläserne Nischen ermöglichen Besuchern den Blick auf die Fundstätte.
Gläserne Nischen ermöglichen Besuchern den Blick auf die Fundstätte. © Hendrik Schulz

Die Bedeutung: Wiege der Montanindustrie

Die Ausgrabungsstätte gehe in ihrer industriegeschichtlichen Bedeutung weit über die Stadt Siegen und das Siegerland hinaus, so Mues. Das Projekt bedeute als touristische Attraktion einen erheblichen Imagegewinn. Die LWL-Archäologen hatten von einer „international einzigartig“ gut erhaltenen Verhüttungswerkstatt gesprochen. Christian Weber vom Trägerverein „Ein Siegerländer Tal“ sieht hier „den Anfang unserer Industriekultur“. Das Thema verbinde die Menschen, auch mit ihrem Lebens- und Arbeitsort; „das Siegerland hat hier noch Nachholbedarf.“

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Auch Paul Breuer, der sich als Landrat für das Projekt stark gemacht hatte, warb für mehr historisches Selbstbewusstsein: Man sei sich des Werts dieser Fundstätte noch nicht genügend bewusst. Die Menschen nähmen teils weite Anfahrten in Kauf, um die Hinterlassenschaften der Römer zu besichtigen, während die Kelten „in unserem Bewusstsein so etwas wie tumbe Toren sind“, weil sie keine schriftlichen Zeugnisse oder imposante Bauwerke hinterließen. Die technische Raffinesse ihres hocheffizienten Rennofens allerdings ist der mittelalterlichen Anlage deutlich überlegen, meinen Experten.

Der Schutzbau

Vier Monate Bauzeit sind veranschlagt; Ende September 2019 soll der Schutzbau fertig sein. Es gibt bereits großes Interesse – in der Fachwelt und auch von „Normalbürgern“ von weit außerhalb der Region, die sich schon nach Führungen erkundigt haben.

370.000 Euro werden für Baukosten fällig, inklusive der fachgerechten archäologischen Ausgrabung. Kreis und Stadt Siegen beteiligen sich mit je 60.000 Euro, die NRW-Stiftung hat 150.000 Euro Fördermittel bewilligt. Die heimische Wirtschaft betätigt sich als Sponsor.

Sechs Heimatvereine aus NRW und Rheinland-Pfalz haben sich für den Trägerverein zusammengetan. Diese Kooperation, auch mit Stadt und Kreis, funktioniere ganz hervorragend – noch ein Grund für Stolz.

Der Schutzbau: Cortenstahl und Glas-Nischen

Beim Thema Eisen und Stahl liegt es nahe, den Schutzbau entsprechend zu gestalten. Auf einer Grundfläche von rund 10 mal 10 Metern entsteht eine 3 Meter hohe tragende Stahlskelettkonstruktion, die mit Cortenstahlplatten in Rost-Optik verkleidet wird. An zwei Gebäudeecken werden verglaste Nischen eingelassen, durch die Besucher auf die mit LED-Spots in Szene gesetzte Fundstätte schauen können. Den Entwurf haben Architekt Tim Mayer-Ullmann und Jörg Heide (technische Gebäudewirtschaft) und Heike Balzer (Denkmalschutz) von der Stadt Siegen erarbeitet.

Noch ist die Fundstätte mit Planen überspannt. Der Schutzbau soll in rund vier Monaten fertiggestellt sein.
Noch ist die Fundstätte mit Planen überspannt. Der Schutzbau soll in rund vier Monaten fertiggestellt sein. © Hendrik Schulz

Derzeit arbeiten Wissenschaftler an der optimalen Konservierungsmethode: Lehm, Schlacke – „mehrere unterschiedliche Bodentypen müssen separat voneinander so behandelt werden, dass sie stabil bleiben“, erklärt Christian Weber. Dazu wurden Bodenproben genommen, die nun analysiert werden. Man könne sich das vorstellen wie bei einer Imprägnierung: Das Bauwerk schütze vor UV-Strahlung und Witterung, Schwankungen bei Temperatur und Luftfeuchtigkeit müsse die Fundstätte aber aushalten. „Es wird frieren und tauen.“

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Die Präsentation: Heimatverein 2.0

Die audiovisuelle Präsentation der beiden Rennöfen müsse drei Zielgruppen gerecht werden, erläutert Weber: Für jeden Bürger und jede private Gruppe, als außerschulischer Lernort für Schüler und Studierende und für ein Fachpublikum. „Alle sollen es hinterher toll finden, es soll ihnen Spaß machen. Die im Trägerverein zusammengeschlossenen Heimatvereine aus NRW und Rheinland-Pfalz widmen sich nun dem entsprechenden pädagogischen Konzept, überarbeiten das Wanderwegenetz, um den Gerhardsseifen in die Strecken – etwa den Natursteig Sieg – einzubeziehen. Auch, um sich mit weiteren montanhistorischen Artefakten in der Umgebung zu vernetzen. Gerade erst habe die Landesregierung einen 2000-Euro-„Heimatscheck“ für die professionelle Gestaltung der Homepage zugesagt, so Friedrich Schmidt, Heimatgruppe Niederschelden. „Heimatverein 2.0“, findet Christian Weber.