Hilchenbach. . Hilchenbacher Verein zur Erhaltung der Ginsburg legt Buch zur Baugeschichte vor: mit viel Zündstoff unter Denkmalschützern — und neuen Fakten.

Wilhelm der Schweiger war nur der Anfang: 2018 wurde Jubiläum gefeiert — 450 Jahre zuvor hat der Oranier-Prinz hier mit seinem Gefolge über die Rückeroberung „seiner“ Niederlande beratschlagt. Jetzt macht Burgenhistoriker Olaf Wagener den historischen Schauplatz selbst zum Thema: Was war, was ist eigentlich die Ginsburg, die 1292 erstmals unter diesem Namen erwähnt wird? Fast 200 Seiten stark ist der Band, den der Verein zur Erhaltung der Ginsburg veröffentlicht: „Wir sind auf viele verloren geglaubte Unterlagen und Dokumente gestoßen.“ Wagener als Autor und Herausgeber lässt verschiedene Stimmen zu Wort kommen. Kämen diese an einem Tisch zusammen, würde vielleicht heftig gestritten.

„Entschuttung“ zerstört Spuren

Was ist alt, was ist neu? Wo wurde historisches Mauerwerk gesichert, wo haben Burgenfreunde im 20. Jahrhundert neu gebaut? Olaf Wagener bedauert die Zerstörung womöglich letzter Spuren, als in den 1960er Jahren die „Entschuttung“ des Ruinengeländes erfolgte. Eine Baugeschichte der Ginsburg zu schreiben, das sei nun „nicht mehr möglich“, das Fazit der Quellenforschung „eher ernüchternd“ – sogar die letzten beiden vorhandenen Meter des runden Bergfrieds wurden wohl noch abgetragen: Sonst wären wohl kaum die Mauerreste eines vermeintlich viereckigen Vorgängerturms entdeckt worden.

Bei den Ausgrabungen wird auch — zum Verdruss der Denkmalschützer — vergleichsweise schweres Gerät eingesetzt.
Bei den Ausgrabungen wird auch — zum Verdruss der Denkmalschützer — vergleichsweise schweres Gerät eingesetzt. © Siegfilm

„Ewig lockt der Wiederaufbau“ überschreibt Dr. Hans Hanke, Denkmalpfleger beim Landschaftsverband, seinen Beitrag: Er erinnert an die „ungebremste Dynamik“ der Burgenfreunde, die seit 1958 vor allem den Wiederaufbau eines Bergfrieds betrieben und 1961 erst einmal von der Behörde gestoppt wurden. Gerhard Scholl wurde als fachkundiger Grabungsleiter eingesetzt, „der Verein fand von nun an viel Lob beim Landesamt“.

Diplomarbeit von 2007 für Abbruch

Am Ende brachte der Ginsburgverein den Landeskonservator sogar dazu, 1975 der Verpflanzung eines Hammergewerkenhauses aus dem Weidenauer Ortsteil Boschgotthardshütten auf die Ginsburg zuzustimmen. 2007 wurde in einer Diplomarbeit, die an der Uni Siegen entstand, die Entfernung aller nach 1961 errichteten Bauwerke empfohlen. Die Anlage gebe „sich nämlich historisch, in Wahrheit handelt es sich jedoch um eine freie Erfindung“. Zum stattdessen vorgeschlagenen Neubau von Restaurant, Hotel, Turm und Ausstellungsraum kam es nicht. Denkmalwert, so Hanke, ist nun doch alles: „Beredtes Zeugnis einer Rezeptionsgeschichte, die von 1931 bis heute aus kaum sichtbaren Ruinenresten eine weithin erkennbare Landschaftsmarke und einen Ort internationaler Begegnung gemacht haben.“

Kein Vorgänger, ein Nachfolger

Olaf Wagener schreibt über die Graf-Gerlachs-Burg zwischen Sohlbach und Lützel, die wohl nicht — wie früher einmal vermutet — eine „Vorgängerburg“ der Ginsburg war.

Gesichert sind dagegen die Erkenntnisse über den Nachfolger: 1622 erwarben die Grafen von Nassau unten in Hilchenbach ein Haus mit Hof und Weiher, das sie zur Residenz ausbauten. Von der Wilhelmsburg aus, deren Geschichte Reinhard Gämlich aufschreibt, regierte Wilhelm Graf von Nassau-Siegen über seinen Landesteil.

Olaf Wagener ist versöhnlich: Letztlich sei die Ginsburg nie mehr gewesen als eine „eher bescheiden dimensionierte Burganlage“, ein nassauischer Verwaltungssitz, ein „Wohnbau mittlerer Größe und ohne Hinweis auf herausragende Architektur“. Eine Pointe aus den Erkenntnissen von Sichtfeldanalyse und Lasermessung liefert der Historiker dann aber doch noch: Der originale Bergfried wird wohl um die 30 Meter hoch gewesen sein. Ausgerechnet bei diesem prominenten Detail waren die Burgenfreunde der 1960er Jahre, die sich auf 16,5 Meter empor mauerten, zu bescheiden.

1931 reicht es nur für eine Gedenkplatte

Dr. Hermann Böttger unternahm 1931 einen Versuch, an der Ginsburg zu graben. 1933, zum 400. Geburtstag Wilhelms von Oranien, sollte eine Rekonstruktion sichtbar sein — es reichte nur für eine Gedenkplatte. In seinem Aufsatz beschreibt Böttger, wie die Burg ausgesehen haben könnte: „Eine typisch mittelalterliche Herrenburg“, „in eine Linie gesetzt“ mit Siegens Oberem Schloss und der Freudenberger Burg, womöglich mit dem Ziel, auch dort eine „städtische Siedlung“ zu errichten. „Viel ungünstiger als Erndtebrück war die Lage nicht.“ Böttger formuliert den Wunsch, „aus dem ziemlich verwahrlosten ‘Schlossberg’ genannten Trümmerhaufen eine schlichte, würdige und von Einheimischen und Fremden gerne besuchte Erinnerungsstätte zu machen“.

Ruine vom Verschönerungsverein zugepflanzt

Hermann Manskopf berichtet 1968, als im Rahmen des Siegerländer Heimattages die wiederaufgebaute Anlage ihrer Bestimmung übergeben wird: „An der Stelle eines früheren undurchdringlichen ‘Dschungels’ erhebt sich nun wieder sichtbar die Ruine Ginsberg auf dem Schlossberg bei Grund als ein Monument, welches mit dem Landschaftsbild eine glückliche Einheit bildet und so die Geschichtlichkeit des Bauwerks überzeugend vermittelt.“

Auch interessant

Manskopf erinnert daran, das den Arbeiten die Rodung von 120 Bäumen voranging, die mit ihrem Wurzelwerk die verbliebenen Grundmauern zerstörten: „Die Anpflanzung des Hilchenbacher Schlossberg-Verschönerungsvereins, die dieser nach der Verschüttung der letzten Burgmauern in den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts vorgenommen hatte“. Manskopf ist Maler — auch von ihm stammen Bildnisse der Ginsburg, die Markus Völkel, heute stellvertretender Vorsitzender des Ginsburgvereins, vorstellt: Romantische Darstellungen bis zurück ins 16. Jahrhundert, die eine Ginsburg zeigen, die keiner ihrer Schöpfer jemals gesehen hat.

Das Jahresprogramm für die Ginsburg 

Der Verein zur Erhaltung der Ginsburg hat sein Jahresprogramm vorgestellt:

Sonntag, 12. Mai, 14 Uhr: Die Ginsburg unter die Lupe genommen! Besichtigung der Burganlage mit Erläuterungen zur Geschichte von Christoph Heilmann.

Dienstag, 14. Mai, 16 Uhr: After-Work-Wanderung am Tag des Wanderns. Führung, Einkehr zum Schnitzelessen, Rückwanderung nach Hilchenbach mit Taschenlampe. Veranstalter: SGV.

Sonntag, 26. Mai, 17 Uhr: „Schalk im Turm“ – Kammermusik mit der Philharmonie Südwestfalen. Arien aus der Welt der Opern Mozarts, humorvoll präsentiert. Veranstalter: Gebrüder-Busch-Kreis.

Donnerstag, 30. Mai, 10 Uhr: Gottesdienst zu Christi Himmelfahrt.
Sonntag, 2. Juni, 11 bis 18 Uhr: Kulinarische Wanderung auf dem Jung-Stilling-Rundweg. Veranstalter: Stadt Hilchenbach.

Pfingsten: Kultur Pur – Die Raubritter auf der Ginsburg. Samstag, 8. Juni, 14, 17 und 19.30 Uhr, Sonntag, 9. Juni, 14 und 17 Uhr, Montag, 10. Juni, 14 Uhr.

Sonntag, 25. August. 14.30 Uhr, Treffpunkt Wanderparkplatz Giller: Verwunschen — spiritueller Sommer. Künstlerinnen begleiten mit Märchen, Geschichten und Klängen.Veranstalter: Mut-Sauerland.

Sonntag, 1. September, 11 bis 18 Uhr: Backesfest auf dem Bauernmarkt auf der Ginsberger Heide.

Samstag, 14. September, 13 Uhr: Kochen über dem offenen Feuer wie im Mittelalter — für Kinder ab acht Jahren, im Rahmen der Ferienspiele. Veranstalter: Landesbetrieb Wald und Holz.

Sonntag, 13. Oktober, 18 Uhr: Vollmondwanderung mit dem Ranger. Veranstalter: Landesbetrieb Wald und Holz.

Herbst, Termin noch offen: Hans-Hübner-Räuberabend mit den Schlossberg-Raubrittern in der Ginsburgstube.