Hilchenbach. Mit Kreuzkette um den Hals erschwindelt sich ein Mann ein Zimmer in der Pension eines Hilchenbacher Seniorenpaars. Und prellt die Zeche.

Waltraud (73) und Arnold (74) G. aus Hilchenbach sind freundliche, hilfsbereite Menschen. Sie ahnen nichts Böses, als am vergangenen Freitag das Telefon klingelt und ein Mann nach einem Zimmer für drei Nächte anfragt. Das Seniorenpaar betreibt seit sechs Jahren eine kleine Pension in der Siedlung. Stets waren alle Gäste freundlich, nie gab es Probleme. Dass sie schon bald einem ausgefuchsten Betrüger auf den Leim gehen werden, kommt ihnen nicht in den Sinn. Vor allem nicht, weil sich der Betrüger als Pastor ausgibt und ein Kreuz um den Hals trägt.

Was ist passiert?

Alles beginnt mit einem verpassten Anruf am Freitag: Die Nummer stammt aus Hilchenbach. Waltraud G. ruft zurück und hat die Eisdiele vom Marktplatz am Apparat. Ein Kunde habe sich das Telefon geliehen und versucht, ein Zimmer zu reservieren. Dass bei der Familie ein freier Platz verfügbar sei, habe er von der Touristeninformation erfahren. So weit so gut.

Dieses Zimmer der Familie G. hat der Betrüger bewohnt.
Dieses Zimmer der Familie G. hat der Betrüger bewohnt. © Familie Gaßmann

Wenig später fährt der besagte Mann mit einem Taxi bei der Familie vor. Er gibt an, Pastor aus Berlin zu sein, der eine spanische Gruppe betreut. Er spricht gebrochenes Deutsch, trägt Straßenkleidung und hat ein metallisches Kreuz um den Hals hängen. Bis Montag möchte er bleiben, Geld habe er allerdings nicht. „Er hat gesagt, dass er einen Autounfall in Vormwald hatte“, erinnert sich der 75-jährige Hauseigentümer. Angeblich habe der ADAC seinen Wagen samt Gepäck und Papieren nach Siegen geschleppt. „Er hatte nur einen Diabetiker-Ausweis dabei“, sagt Ehefrau Waltraud. Das spanische Dokument mit einem alten, aufgeklebten Foto habe sie routinemäßig kopiert.

Bezahlen, so Waltraud G., wollte der falsche Pastor am Sonntag, wenn er wieder Geld habe. Denn an jenem Tag, so die Ausrede, wolle er eine Predigt in Siegen halten. Das Ehepaar erkennt die vermeintliche Notlage des Mannes und entschließt sich zu helfen. Er bezieht ein Zimmer mit Kochecke und Bad im Obergeschoss.

Und dann?

Angeblich, erzählt die 73-Jährige, sollte der ADAC sein Gepäck am Samstag vorbeibringen. „Das hätte ja sein können“, sagt die Seniorin. Schließlich habe sie die Tür nicht immer im Blick. Doch als der Betrüger am Sonntagnachmittag nicht zurückkommt, öffnet das Paar die Tür. Alles ist verdreckt, aber der Mann samt Schlüsseln für Zimmer und Wohnhaus ist weg – und wird nicht wieder auftauchen.

Auch interessant

Wieso ist seine Masche nicht eher aufgeflogen?

Im Nachhinein ist man immer klüger. Irgendwie komme ihr das jetzt auch alles recht komisch vor, sagt Waltraud G. und lacht. „Sein Erscheinungsbild war auch nicht das Beste – gar nicht so wie bei einem Pastor“, sagt sie rückblickend. Der Mann sei ungepflegt gewesen, hätte einen komischen Gang draufgehabt und eine Jogginghose getragen.

Wie hoch ist der Schaden?

Die Bilanz: ein großer Schreck und rund 210 Euro Schaden. Denn der Betrüger hat nicht nur die Zeche in Höhe von 60 Euro geprellt. Auch die Schlösser mussten ausgetauscht werden. Unter der spanischen Telefonnummer auf dem angeblichen Ausweis ist niemand zu erreichen. Der Mann scheint verschwunden.

Wie geht es jetzt weiter?

Gestern hat das Paar bei der Polizei Anzeige erstattet. Die Beamten ermitteln nun. Auch in Bad Berleburg gab es einen solchen Fall – über die Berichterstattung wurde die Hilchenbacher Touristeninformation auf die Betrugsmasche aufmerksam und setzte sich mit der geprellten Familie in Kontakt (siehe Box).

Auch interessant

Die Pension soll es weiterhin geben. Aber: So schnell wird das Ehepaar Fremden nicht mehr vertrauen. Das stehe fest. „Ich werde ohne Pfand keine Schlüssel mehr herausgeben“, sagt Waltraud G. und betont: „Und ohne richtigen Pass auch nicht.“ Angst hätten die beiden Senioren nicht, ein komisches Gefühl bleibe dennoch. „Aber wir können unsere Etage ja zuschließen“, sagt die 73-Jährige pragmatisch. „Na ja, es ist passiert und wir können es nicht ändern“, so ihr Fazit. „Aber wir leben noch. Das ist doch die Hauptsache“, sagt sie lachend.