Hilchenbach. . Als AfD-Politikerin ihr geerbtes Gemälde von der Wand nehmen will, lässt der Bürgermeister die Polizei holen. Voran geht Streit um Resolution.

Manches Ratsmitglied ahnte es schon seit ein paar Tagen: Diese Ratssitzung würde unangenehm werden – ungewöhnlich viele Plätze blieben auch deshalb leer. Voll besetzt waren die Zuschauerränge, auf denen das Finale des Bilderstreits erwartet wurde. Die Gäste wurden nicht enttäuscht. Am Ende kam die Polizei.

Es ging um eine Leihgabe — und das zwei Jahre alte Foto, an dem Dr. Peter Neuhaus (Grüne) und nach ihm viele weitere Hilchenbacher Anstoß genommen hatten: Es zeigte den Bürgermeister und die AfD-Politikerin Regine Stephan, wie sie das geerbte Gemälde von Lothar Grisebach im Ratssaal überreichte. Das Foto ist von der Facebookseite verschwunden, im Raum stand der Antrag der Grünen, eine Resolution „Keinen Millimeter nach Rechts“ zu beschließen.

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Das wollte die SPD nicht. Lukas Debus beantragte, das Thema von der Tagesordnung abzusetzen. Er warf dem Grünen-Fraktionschef vor, „eine völlig ohne Not vom Zaum gebrochene misslungene PR-Aktion der eigenen Partei“ vom Rat legitimieren lassen zu wollen. Dabei gleite er „auf sprachlicher Ebene mehr und mehr in die politische Richtung ab, die er vorgibt, bekämpfen zu wollen“.

Peter Neuhaus (Grüne) nutzte die Gelegenheit zur Erwiderung, indem er die Rede vortrug, die er zum Thema vorbereitet hatte und zitierte Facebook-Kommentare aus dem AfD-Umfeld, in denen Stadtverordnete namentlich bedroht wurden: „Kleiner, wir werden euch Ratten alle recht bald begrüßen.“ Bürgermeister Holger Menzel unternahm mehrere vergebliche Versuche, Neuhaus das Wort zu entziehen — formal ging es ja erst nur um die Frage, ob überhaupt über das Thema gesprochen werden sollte. Menzel unterbrach schließlich die Sitzung — Neuhaus sprach weiter, während die anderen Ratsmitglieder ihre Plätze verließen. Von den Rängen wurde gebuht und gebrüllt.

Leere Stühle im Ratssaa: Die meisten Stadtveordneten verlassen ihre Plätze, Dr. Peter Neuhaus (Grüne, mit weißem Hemd) redet weiter.
Leere Stühle im Ratssaa: Die meisten Stadtveordneten verlassen ihre Plätze, Dr. Peter Neuhaus (Grüne, mit weißem Hemd) redet weiter. © Steffen Schwab

Nur für einen Moment setzte Bürgermeister Menzel die Sitzung fort: Der SPD-Antrag, die Resolution von der Tagesordnung zu nehmen, wurde mit 22 gegen 7 Stimmen beschlossen. Danach unterbrach Menzel erneut und berief den Ältestenrat der Fraktionsvorsitzenden ein. Im Saal griff unterdessen die Fassungslosigkeit der Stadtverordneten Raum. Peter Gebhardt (FDP) verbreitete eine Pressemitteilung — mit Kritik nicht nur an den Grünen, sondern auch an Holger Menzel: „Hätte der Bürgermeister hier viel früher Stellung bezogen, wäre die Debatte vielleicht nicht so ausgeartet.“

Streifenwagen vor dem Rathaus

Die Sitzung ging mit dem dritten Punkt der Tagesordnung weiter. In der Einwohnerfragestunde meldete sich zunächst Susanne Bensberg-Kraus zu Wort, Enkelin des Malers und Kunstlehrers Dr. Lothar Grisebach: Dass das Gemälde ihres Großvaters, der 1984 einen Moment auf dem Marktplatz ins Bild setzte und darin Hilchenbacher Persönlichkeiten integrierte, in den politischen Streit gerate, „kann ich nicht verstehen.“ „Das ist der Gang der Dinge, da bin ich machtlos“, antwortete Menzel.

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Danach meldete sich Regine Stephan, die letzte Vorsitzende des Ehemaligen-Vereins des Jung-Stilling-Gymnasiums, sich selbst zu Wort: „Ich hänge das Bild jetzt ab.“ „Heute nicht“, widersprach der Bürgermeister und verwies auf sein Hausrecht, „oder ich hole den Ordnungsdienst.“ „Dieses Bild ist mein Eigentum“, befand die pensionierte Lehrerin, die in Dortmund die CDU im Rat vertreten hat, und gebrauchte das Wort „Linksfaschisten“. Holger Menzel unterbrach erneut. In der Pause verabredete er offenbar, wann das Bild am Donnerstag abgeholt werden kann. Die AfD-Politikerin und ihre Begleitung verließen den Saal, nicht aber das Rathausgelände. Jörg-Heiner Stein, Leiter der Zentralen Dienste, holte die Polizei. Während der Rat zur Tagesordnung zurückfand, parkte ein Streifenwagen vor dem Rathaus.