Siegen-Wittgenstein. . Kreistag beschließt Rettungsdienstbedarfsplan mit zusätzlichen Rettungswagen einstimmig. DRK sieht „Systemwechsel“ bei Notärzten kritisch .

Sieben zusätzliche Rettungswagen, zwei zusätzliche Rettungswachen: Das sei ein „Meilenstein“, ein „Quantensprung“, meint Landrat Andreas Müller. Und der Kreistag folgt ihm einstimmig — zumal der neue Rettungsdienstbedarfsplan den umstrittenen „Systemwechsel“ beim Notarzteinsatz in die Zukunft schiebt. „Fünf Jahre sind schnell rum“, sagt Hans-Peter Kunz (FDP) zwar. Aber der Landrat lässt durchblicken, dass das schon ein Thema für den Nachfolgeplan werden könnte.

Standpunkte

„Wir tragen das mit“, sagt Simon Rock (Grüne) und meint damit ausdrücklich auch das Ziel, Notärzte in den Rettungswachen zu stationieren, um sie nicht mehr erst aus Krankenhäusern, Praxen oder zu Hause abholen zu müssen. „Es ergibt sich derzeit keine Verschlechterung“, sagt Bernd Brandemann (CDU) und fordert „Kooperation“ auch da ein, wo sie im gesetzlichen Verfahren nicht gefordert ist: zum einen mit den Kommunen, zum anderen auch mit Akteuren wie dem Siegerländer Ärzteverein, der erst am Dienstag in einem Schreiben die Vertagung des Themas verlangt hatte: Der Plan sei „ohne erkennbare Einbeziehung ärztlicher Expertise“ entstanden — eine Behauptung, die nicht nur beim Landrat auf Widerspruch trifft. Die kassenärztliche Vereinigung habe schließlich zugestimmt, sagt CDU-Fraktionschef Brandemann.

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Hans-Peter Kunz (FDP) verweist auf die verbleibenden weißen Flecken an den Wittgensteiner Rändern des Kreises, wo auch in Zukunft kein Rettungswagen innerhalb von zwölf Minuten hinkommt. Auch die Pläne zur Zentralisierung der Notarzt-Standorte seien nicht zu vergessen: „Die gefühlte Sicherheit im nördlichen Siegerland ist erschüttert.“ Ullrich Georgi (Linke): „Wir können den Plan von ganzem Herzen mittragen.“ Hans Günter Bertelmann (UWG): „Das fühlt sich gut an.“ Selbst den Richsteiner Michael Sittler (SPD) schreckt die Nähe zum Grenzort Beddelhausen nicht mehr: „Ich fühle mich trotzdem sicher.“

Reaktionen

Nachträglich im Original vorgelegt wurden dem Kreistag Stellungnahmen von Verbänden und Kommunen:

Der DRK-Kreisverband, der vom Kreis mit dem Rettungsdienst beauftragt ist, kritisiert die Versorgung des Hickengrundes durch den Lahn-Dill-Kreis. Manchmal werde ein Rettungswagen aus Wetzlar losgeschickt, obwohl die Wache in Wilnsdorf einsatzbereit gewesen wäre. Der Siegener Notarzt, so die Forderung, müsse immer in der Hauptwache stationiert sein. Sonst müsse „zwingend“ auch in der neuen Rettungswache Hilchenbach ein Notarzt stationiert werden. Denn vom Jung-Stilling-Krankenhaus nach Helberhausen schaffe es der Fahrer noch nicht einmal in 18 Minuten. Nach Auffassung des DRK ist der Bedarf an Notärzten zu gering angesetzt — weil der Rettungshubschrauber Einsätze „ohne Not abgegriffen“ habe. Mehrfach habe „aus nicht immer nachvollziehbaren Gründen“ der Hubschrauber übernommen; die mit einem Arzt besetzte Rettungswache sei gar nicht erst alarmiert worden.

Kein Arzt für Wahlbacher Notarztwagen

Tagsüber einen der Wilnsdorfer Notarztwagen in Wahlbach zu stationieren, hält das DRK für „mehr als kritisch“. In Burbach und Neunkirchen gebe es keine niedergelassenen Ärzte mehr, die dort Einsätze fahren könnten. Wenn kein hauptamtlicher Notarzt eingestellt werde, werde das Fahrzeug meist „außer Betrieb“ sein.

Die Stadt Siegen drängt auf eine „zügige Umsetzung“ des Plans, damit der städtische Rettungsdienst weniger oft in Nachbarkommunen aushelfen muss. Zweifel äußert die Stadt, ob sich Ärzte für Rettungswachen im Umland finden. Während in Siegen die Betreuung durch die Krankenhäuser möglich sei, werde wohl außerhalb die dauerhafte Besetzung der Rettungswachen mit Ärzten („Dienste in unattraktiven Zeiten“) nur mit „hohem finanziellen Aufwand“ möglich sein.

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