Kreuztal. . Befürworter des neuen Einsatzsystems sehen den Platz des Spezialisten auf der Rettungswache. Gegner bangen um Beteiligung niedergelassener Ärzte.
Die Zentralisierung der Notarzteinsatzfahrzeuge von jetzt acht auf nur noch vier Versorgungsbereiche soll zwar erst erfolgen, wenn alle neuen Rettungswachen gebaut sind. Trotzdem ist dieses Thema das mit dem größten Konfliktstoff bei der Beratung des Rettungsdienst-Bedarfsplans. Langfristig sollen die Versorgungsbereiche Siegen (mit einem Fahrzeugstandort in Freudenberg), Wilnsdorf (mit einem Standort in Wahlbach), Bad Berleburg und Bad Laasphe bleiben. Kreuztal und Netphen entfallen, die Zahl der Einsatzstunden der Fahrzeuge wird von 1344 auf 1008 pro Woche verringert. Pro und Contra trafen im Gesundheitsausschuss des Kreistags aufeinander.
Das sind die Argumente für die Umstellung:
Weil die Rettungswagen mit hochqualifizierten Notfallsanitätern besetzt sind, wird der Arzt an der Einsatzstelle weniger gebraucht. Für den Rund-um-die-Uhr-Betrieb eines Rettungswagens wird mit je zehn Fachkräften kalkuliert: Sieben haben die neue Qualifikation zum Notfallsanitäter, drei sind Rettungsassistenten.
Jetzt holt das Notarztfahrzeug zunächst den Arzt in seiner Praxis oder zu Hause ab und bringt ihn dann zum Einsatzort, wo er auf dem Rettungswagen trifft. „Unter Umständen fährt er zunächst am Unfallort vorbei“, sagte Gutachter Alexander Knie im Gesundheitsausschuss des Kreistags, „das ist nicht Stand der Technik.“ In Zukunft soll der Notarzt auf der Rettungswache oder der Notarztwagen an einem Krankenhaus stationiert sein.
Der neue Plan sieht vor, dass der Notarzt innerhalb von 20 Minuten am Einsatzort ist. Gesetzlich vorgeschrieben sei das nicht. „Rechtlich möglich“, so Gutachter Alexander Knie, wäre es sogar, nur noch einen Standort festzulegen. Finanziert wird der Rettungsdienst durch die Krankenkassen.
Den niedergelassenen Arzt, der neben der Praxis als Notarzt tätig ist, wird es auf Dauer nicht mehr geben, glaubt Dr. Thomas Gehrke (SPD). In Zukunft würden spezialisierte Notärzte im Einsatz sein, die diese Aufgabe hauptberuflich wahrnehmen.
Thomas Tremmel, Leiter des Amtes für Bevölkerungsschutz, berichtet von seinen Eltern. Das selbst im Notarzteinsatz engagierte Ehepaar sehe die steigenden Einsatzzahlen und stelle fest, dass das bisherige System „mit dem Praxisbetrieb nicht mehr vereinbar“ sei.
Das sind die Argumente gegen die Umstellung:
Ulrich Feltkamp (Grüne), selbst Notarzt, widerspricht dem Zeit-Argument: Der Notarzt, der erst abgeholt werden müsse, brauche „nicht wesentlich länger“ zum Einsatzort als der Rettungswagen. „Der Arzt als Ressource wird knapper werden“, räumt Feltkamp allerdings auch ein.
„Wir haben ein durchaus sehr gut funktionierendes System“, sagt Bernd Brandemann (CDU), „es drängt sich kein Veränderungsbedarf auf.“ Insgesamt um die 90 Ärzte beteiligten sich an den Notarztdiensten. Wenn von ihnen Präsenz in den Rettungswachen verlangt werde, „fragt sich, ob alle noch dazu bereit sind“.
Henning Setzer, bei der Bedarfsplanung von 2010 noch zuständiger Dezernent, verweist darauf, dass die Bedingung der jetzt eingesetzten Notärzte war, den Dienst nicht von den Wachen aus zu versehen. Weil ihnen ermöglicht wurde, weiter ihre Arbeit im Krankenhaus oder in der eigenen Praxis zu tun, „war das auch relativ gut finanzierbar.“
Ullrich Georgi (Linke) ist nicht überzeugt: „Vom Bethesda-Krankenhaus in Freudenberg kommt man nicht so einfach nach Kreuztal.“ Schließlich sei die Wache auf der Wilhelmshöhe noch nicht gebaut. Dass der Landrat ankündige, die Zentralisierung werde erst als letzter Schritt anstehen, „klingt ein bisschen nach Beruhigungspille.“
Durch bessere Vergütung könnten mehr Notärzte gewonnen werden, sagt Hermann_Josef Droege (CDU). „Die Nachbarkreise zahlen besser“, antwortet Andreas Müller, „da sind die Notärzte aber auf der Wache.“
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