Arnsberg/Schmallenberg/Olpe. . Der Dauerregen im März hat die Talsperren in Südwestfalen gut gefüllt. Die Bäume sind wegen der Trockenheit 2018 aber immer noch gestresst.
Tagelanger Dauerregen. Hochwasser an Volme, Ruhr und Lenne. Talsperren, die nahezu randvoll sind. Und dann das: „Der Wald leidet immer noch unter Trockenstress“, stellt der Forstbetrieb des Landes, Wald und Holz NRW, fest. Ja, was denn jetzt: Hat es zu viel oder zu wenig Wasser gegeben?!
Es scheint tatsächlich beides zuzutreffen: Es hat zu viel und dann aber doch noch zu wenig geregnet. Was sich wie ein Widerspruch anhört, lässt sich erklären. Aus unterschiedlichen Sichtweisen.
Die Talsperren-Betreiber
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„Der Regen hat sehr geholfen, die Talsperren nach dem Rekordsommer wieder zu füllen“, urteilt Britta Balt vom Ruhrverband, der von Essen aus die riesigen Wasserspeicher im Sauerland betreibt. Balt klingt dabei durchaus zufrieden. Denn: Aktuell liegt die Wassermenge in den Talsperren „bei 103,4 Prozent des Durchschnittswerts“.
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Das heißt: Üblicherweise ist um diese Zeit, zum Frühlingsbeginn, weniger Wasser in den künstlichen Seen. Statt der 437 Millionen Kubikmeter derzeit, sind es sonst im langjährigen Mittel nur 422 Millionen Kubikmeter. Daraus lasse sich aber keine Prognose für den weiteren Jahreslauf ableiten. Britta Balt erinnert: „Im Frühjahr 2018 war die Füllmenge ähnlich hoch.“ Was dann kam, war der sonnenreiche und regenarme Sommer. „Wenn es wieder im April aufhört zu regnen und die Niederschläge erst im November wieder einsetzen, bekämen wir eine ähnliche Situation wie im letzten Jahr“, sagt Britta Balt. Allerdings stellt der Ruhrverband angesichts der extremen Erfahrungen aus dem Vorjahr auch fest: „Wir sind für die Wasserversorgung der Menschen gut gerüstet.“ Jedenfalls waren anno 2018 keine Einschränkungen beim Wasserverbrauch notwendig geworden – wenn auch nur ganz knapp nicht. Der Ruhrverband hat also das Nass der letzten Monate und Wochen gerne genommen, um seine (Trink-)Wasserspeicher wieder zu füllen und möchte sie auch möglichst gut befüllt halten.
Die Landwirte
„Die werden schnell wieder weg sein“, blickt Uwe Spangenberg von der Landwirtschaftskammer Münster angesichts von Pfützen auf Feldern, Weiden und Wiesen, in denen sich der reichliche Regen gesammelt hat, voraus: „Die Wärme der Sonne und der Wind lassen die Böden wieder abtrocknen.“ „Übersättigt“ mit Wasser seien die landwirtschaftlichen Flächen in der Region nicht – „jedenfalls nicht auf lange Sicht“, so Spangenberg und bemüht eine Bauernregel: „Ist der Mai kühl und nass, füllt er des Bauern Scheune und Fass.“
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Landwirte wünschen sich demnach ein feuchtes Frühjahr, damit Raps, Winterweizen und -gerste, die auf den Feldern reifen, nicht vertrocknen. Zu feucht darf es aber auch nicht sein. Ab April bringen die Landwirte den Mais aus. Spangenberg: „Dann müssen die Felder mit schweren Maschinen befahrbar sein. Sind sie zu nass, geht das nicht“. Den Landwirten haben die Niederschlagsmengen der vergangenen Wochen offenbar nicht geschadet – und sie können noch mehr davon gebrauchen.
Der Hydrologe
„Die obere Bodenschicht ist zu 100 Prozent gesättigt und konnte kein Wasser mehr aufnehmen“, wiederholt Uwe Jansen, Hydrologe vom Hochwasserwarndienst der Bezirksregierung in Arnberg, seine jüngste Aussage, als die Pegel an Volme, Lenne und unterer Ruhr in die Höhe schossen und teils für Überschwemmungen sorgten und damit für ein Phänomen: Ein März-Hochwasser ist nämlich eher selten.
Also ist doch schon zu viel Wasser vom Himmel herabgeregnet? Die Antwort darauf liegt tiefer. „Der Boden ist keine dichte Masse, sondern er hat Hohlräume: Poren. Bei Kiesböden sind sie größer, bei Lehm- und Tonböden sehr viel kleiner“, erläutert Jansen. Und diese Poren hätten flächendeckend angesichts des Stark- und Dauerregens seit Ende Februar bis in eine Tiefe von ca. einem halben Meter kein Wasser mehr speichern können: „Der obere Boden war wie ein nasser Schwamm, der nichts mehr an Wasser aufnehmen kann“, vergleicht der Hydrologe. Der Regen begann an der Erdoberfläche abzufließen statt zu versickern, und führte somit zum Hochwasser an den Flüssen. In tieferen Bodenschichten, also jenseits der 50-Zentimeter-Marke, ist das Wasser offenbar noch gar nicht angekommen. „Die Grundwasserleiter sind noch lange nicht wieder aufgefüllt“, weiß Uwe Jansen und liefert damit eine Erklärung, warum einerseits viel, aber immer noch zu wenig Regen gefallen ist.
Die Förster
„Dürre und Hitze des Sommers haben den Boden bis in eine Tiefe von 1,80 Meter ausgetrocknet“, sagt Frank Rosenkranz, Leiter des Forstamtes Oberes Sauerland in Schmallenberg. Das bedeutet: Es gibt bis in diese Tiefe kein oder kaum für Pflanzen verfügbares Wasser. „Die Bäume, insbesondere die mit flachen Wurzeln, wie die Fichte, haben dadurch Probleme“, pflichtet Jürgen Messerschmidt, Leiter des Forstamtes Kurkölnisches Sauerland in Olpe, seinem Kollegen bei.
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Bis in der Tiefe des Bodens wieder ausreichend Wasser angekommen ist, sei es „ein langwieriger Prozess“, so Frank Rosenkranz: „Was geholfen hätte, wäre eine Schneedecke, die langsam schmilzt und als Schmelzwasser im Boden versickert.“ Aber der Winter hat mit Schnee gegeizt – es gab kein oder kaum Schmelzwasser. Für Rosenkranz ist der Trockenstress für die Wälder „ein NRW-weites, nicht auf einzelne Regionen beschränktes Phänomen“. Sein Fazit: „Wir brauchen noch mehrere Wochen Regen: stetig, nicht zu viel auf einmal.“