Siegen. . Für die Schlossparkerweiterung untersuchen Fachleute den Untergrund: Seit 1843 wurden tausende Siegener Bürger nahe dem Oberen Schloss bestattet.
Einige tausend Siegener wurden in nur gut sechs Jahrzehnten auf dem Friedhof vor den Toren der Stadt bestattet. Im Zuge der Vorarbeiten für die Schlossparkerweiterungen auf dem Gelände der früheren Jugendherberge haben Archäologen den Boden untersucht und insgesamt 15 Skelette teilweise geborgen. Die Experten erhoffen sich aus den weiteren Untersuchungen der Knochen Aufschlüsse über die Lebensbedingungen der einfachen Bevölkerung in der Mitte des 19. Jahrhunderts.
Ausgrabungen auf altem Friedhof am Oberen Schloss
Der Friedhof
Am 21. Februar 1843 wurde der erste Leichnam auf dem kommunalen Friedhof bestattet: Adolph Schmoll war im Säuglingsalter gestorben. Nur gut 60 Jahre später, 1907, wurde das Gebiet bereits als „Alter Friedhof“ bezeichnet. „Der Friedhof erstreckte sich über die gesamte Fläche und wurde in dieser kurzen Zeit sehr intensiv genutzt“, sagt Grabungsleiter Thies Ewers, Firma Eggenstein Exca – von der heutigen Schlossparkmauer fast bis zur Bastion hangabwärts finden sich Gräber.
Die liegen entsprechend nah beieinander, der Abstand vieler Grabgruben beträgt oft weniger als 50 Zentimeter, manche überschneiden sich auch. Weil der Boden steinig und schwer zu bearbeiten ist, wurden die Toten damals recht knapp unter der Oberfläche bestattet, 60 bis 80 Zentimeter. Die Gruben wurden meist mit Humuserde aufgefüllt, gerade hier wuchsen viele Wurzeln, Tiere buddelten sich durch.
Die Arbeiten
Für die Schlossparkerweiterung im Rahmen von „Rund um den Siegberg“ werden beachtliche Bodeneingriffe nötig, teils mehrere Meter tief. Dort, wo die Bagger auf Gräber stoßen könnten, hat die Firma Eggenstein Exca in den vergangenen vier Wochen sondiert, ob die letzten Ruhestätten der Menschen betroffen wären oder nicht. Dort, wo nur geringfügige Bodeneingriffe nötig sind, wurden die Grabgruben wieder zugeschüttet. Im Mittelteil des Areals soll ein Fußweg entstehen, der recht tief ins Gelände einschneidet. Hier liegen einige Gräber gewissermaßen „im Weg“ – sie wurden vorsichtig geöffnet, die Skelette freigelegt und bestimmte Knochen zur weiteren Untersuchung entnommen.
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Die Untersuchungen
„Wir wissen über die normalen Menschen dieser Zeit kaum etwas“, sagt Dr. Eva Cichy, Außenstelle Olpe der LWL-Archäologie, die die Grabungen betreut – auch, wenn es erst gut 100 Jahre her ist. „Literatur gibt es nur wenig darüber.“ Die Knochen, vor allem Zähne, Kiefer und Becken, werden im Labor von einer Anthropologin untersucht, daraus lassen sich Informationen gewinnen etwa über Alter und Geschlecht, aber auch zu Krankheiten im Laufe des Lebens oder der Todesursache. Bei einem Skelett wurden Symptome einer Arthrose (Gelenkabnutzung) gefunden.
Zähne verraten Herkunft
Auch über die Herkunft eines Toten können die Wissenschaftler etwas herausfinden: Während der Wachstumsphase lagert sich ein bestimmtes, nachweisbares Isotop in den Zähnen ab – und dieser minimal radioaktive Stoff ist von Region zu Region unterschiedlich.
Grabbeigaben waren zu dieser Zeit kaum üblich, teilweise sind Sargbeschläge und -verzierungen erhalten. Allerdings haben die Experten einige „Liebesgaben“ gefunden, ein mundgeblasenes Weihwasserfläschchen, Reste eines Rosenkranzes – hier wurden offensichtlich Katholiken bestattet – oder knöcherne Knöpfe. Vereinzelt gefundene Schlackenreste und Haushaltsabfälle sind älteren Datums und stammen aus der Zeit vor dem 18. Jahrhundert.
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