Dreis-Tiefenbach. . Mit einer Stimme Mehrheit lehnt der Stadtentwicklungsausschuss in Netphen den 125.000 Euro teuren Neubau der Brücke ab. Danach geht’s rund.
Die Siegbrücke von der Austraße zum Bolzplatz in den Siegauen wird nicht neu gebaut. Das hat der Stadtentwicklungsausschuss am Montag mit neun gegen acht Stimmen beschlossen — in geheimer Abstimmung, nach der es erst richtig rund ging.
Der Ortstermin
Beim Ortstermin an der abgesperrten Fußgängerbrücke in der Austraße schien noch alles klar — schließlich hatten sich dort schon Ende vorigen Jahres Ortsbürgermeister Reinhard Kämpfer (SPD) und Stadtverordneter Erhard Braas (UWG) in Position gebracht und sogar eine Unterschriftensammlung angekündigt.
Die war wohl nicht zuletzt deshalb unterblieben, weil Bürgermeister Paul Wagener in seiner Haushaltsreden im Januar den Neubau der Brücke als „politisch gewollt“ unterstellte. „Da macht man einen neuen Anstrich und vernünftige Holzbohlen, dann kracht die auch nicht ein“, fand Ausschussvorsitzender Alfred Oehm (CDU) an Ort und Stelle. „Das wäre in ein paar Tagen erledigt“, glaubte Bernhard Jüngst (CDU). Dann aber zeigte Tiefbau-Fachbereichsleiter Rainer Schild die Fotos mit dem Rost unter der alten Kranbahn, die vor über 30 Jahren auf Podeste über die Sieg gelegt worden war.
Die Ausschusssitzung
„Es sieht wohl doch nicht so gut aus unter der Brücke“, meinte Alfred Oehm (CDU), als er den Tagesordnungspunkt gut zwei Stunden später im Ratssaal aufrief. Dass der 125.000 Euro teure Neubau zwar gut für Fahrradfahrer, wegen des zu großen Gefälles aber nicht für Rollstuhlfahrer geeignet sei, „damit habe ich große Probleme“, sagte Raimund Arns (FDP). Helga Rock (Grüne) dachte an die Bürger, denen die Stadt Beiträge für den Straßenausbau abknöpft: „Ich frage mich, wie man das den Betroffenen vermitteln soll.“ Nämlich, dass die Stadt für „nicht so zwingend“ Notwendiges Geld ausgibt.
Zustandsbewertung: „Ungenügend“
Die 20,5 Meter lange Brücke wurde Ende 2018 gesperrt; sie war bei der dreijährlichen Brückenprüfung als „ungenügend“ eingestuft worden.
Die nächsten Querungsmöglichkeiten sind in der Unteren Industriestraße (550 Meter entfernt) und an der Einmündung Jung-Stilling-Platz (250 Meter).
„Die Siegaue wird gut angenommen“, sagte Erhard Braas (UWG) — und damit auch der Parkplatz an anderen Ufer in der Austraße. Aber nicht von auswärtigen Spaziergängern, wandte Tobias Glomski (Grüne) ein, „da parken die, die sich auskennen.“ Manfred Heinz (SPD) kannte einen Präzedenzfall: die Siegbrücke von der Bahnhofstraße auf die Braas in Netphen, die auch nicht ersetzt worden sei. „Die hat niemand vermisst.“ Dort, so erwiderte Bernhard Jüngst (CDU), hätte nach der Verlegung der Sieg und dem Bau der Ortsumgehung auch keine Brücke mehr gebaut werden können. „Wir sollten es vermeiden, einen Ort gegen den anderen auszuspielen.“
Die Verwaltung hielt sich raus. „Das ist eine rein politische Entscheidung“, sagte Baudezernent Erwin Rahrbach. SPD-Fraktionschef Manfred Heinz beantragte die geheime Abstimmung. Neun zu acht gegen die Brücke.
Das Nachspiel
Was danach kam, dauerte, gefühlt, ebenso lang wie Sachdiskussion. UWG-Fraktionschef Helmut Buttler bezeichnete die Abstimmung als ungültig, weil der Ausschuss nicht korrekt besetzt war. Die Grünen waren durch Stadtverordnete Helga Rock und den sachkundigen Bürger Tobias Glomski vertreten. Glomski sollte das zweite Ausschussmitglied Günter Hachenberg vertreten; der Rat hatte ihn aber zum Stellvertreter von Helga Rock bestellt. Hachenberg selbst saß in den Zuschauerreihen – warum er sein Mandat nicht wahrnahm, wurde nicht erklärt.
Das Gerangel dauerte lang. Dezernent Rahrbach rügte die Nachlässigkeit bei der Ausschussbesetzung; „Ich bitte, das nächste Mal darauf zu achten“ — schließlich könnte die Rechtmäßigkeit auch anderer Beschlüsse in Frage gestellt sein. „Auf so ein Theater habe ich keine Lust mehr“, verabschiedete sich Rüdiger Bradtka (CDU) vorzeitig. Vorsitzender Alfred Oehm (CDU) entschied, dass die Brücke auch ohne die zu Unrecht abgegebene Stimme — dann mit 8 zu 8 – nicht gerettet gewesen wäre. Wobei er außen vor ließ, dass Günter Hachenberg auch anders als sein Fraktionskollege hätte abstimmen können. Bernhard Knoch (SPD) riet, „die Brücke so schnell wie möglich abzureißen“.
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