Kreuztal/Hilchenbach/Siegen. . Walter Kiß und Holger Menzel warnen vor Verschlechterung. Landrat will Rettungsdienstkonzept in den Räten von Kreuztal und Netphen erklären.

In der Auseinandersetzung um den Entwurf des Rettungsdienstbedarfsplans haben sich am Dienstag die Bürgermeister von Kreuztal und Hilchenbach zu Wort gemeldet. Sie sind – wie auch die Stadt Netphen – von der Zentralisierung der Notarzt-Einsatzfahrzeuge betroffen.

Die Bürgermeister

Ausdrücklich begrüßt wird von den Bürgermeistern das Vorhaben, neue Rettungswachen in der Kreuztaler Stadtmitte und in Hilchenbach anzusiedeln und den Standort in Ferndorf aufzugeben. Anders sieht das beim Notarzt-Konzept aus: „Für die Städte Kreuztal und Hilchenbach kann die Reduzierung von Notarzt-Kapazitäten nicht akzeptiert werden, da mit einer Bedienung aus Siegen im Notfall mit deutlichen längeren Fahrzeiten gerechnet werden muss“, heißt es in dem Schreiben, von Walter Kiß (Kreuztal) und Holger Menzel (Hilchenbach) an Landrat Andreas Müller.

Rettungswache Ferndorf mit Notarztfahrzeug:  Beide soll in den nächsten vier Jahren Geschichte werden.
Rettungswache Ferndorf mit Notarztfahrzeug: Beide soll in den nächsten vier Jahren Geschichte werden. © Michael Kunz

„Insbesondere vor dem Hintergrund des stundenweise extrem hohen Verkehrsaufkommens wird die Einhaltung der vorgesehenen Hilfsfrist von 20 Minuten in Zweifel gezogen und auch grundsätzlich in ihrer Höhe kritisiert.“ Die durchschnittliche Fahrzeit zu den Einsatzorten von Ferndorf aus betrage jetzt 7,79 Minuten. Insbesondere in den Randlagen von Hilchenbach werde die Hilfsfrist von acht Minuten nicht eingehalten. Die Reduzierung der Notarzt-Standorte lasse „schon überschlägig“ erwarten, „dass die Summe der Einsätze – insbesondere im Norden des Kreisgebiets – mit dieser reduzierten Anzahl nicht in angemessener Hilfsfrist abgearbeitet werden kann.“ Es sei „nicht schlüssig nachgewiesen“, dass genügend hochqualifizierte Notfallsanitäter verfügbar seien, die Notarzteinsätze im Einzelfall entbehrlich machten.

Netphens Bürgermeister Paul Wagener hat für seine Stellungnahme – zu dessen Verdruss – die Facebook-Seite des Landrats gewählt: „Konkret werden zwei Notärzte abgebaut, die notärztliche Versorgung wird praktisch halbiert. Das ist qualitativer und quantitativer Kahlschlag ohnegleichen.“

Der Landrat

Landrat Andreas Müller wirbt für den „Systemwechsel“. Weil die Abholfahrten entfallen, seien „Notärzte künftig im Durchschnitt schneller als bisher an den Einsatzorten“. Den Bürgermeistern Walter Kiß (Kreuztal) und Paul Wagener (Netphen), in deren Städten nach dem Planentwurf keine Notarzteinsatzfahrzeuge mehr stationiert sein werden, hat Müller angeboten, in den Räten den Entwurf des Rettungsdienstbedarfsplans vorzustellen und für Fragen zur Verfügung zu stehen. Der weiteren Verbesserung des Rettungsdienstes diene der Bau zusätzlicher Rettungswachen in Hilchenbach und Niederschelden und die Aufstockung des Rettungswagen-Fuhrparks von 15 auf 22.

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Überzeugt von dem „Systemwechsel“ zeigt sich die SPD-Kreistagsfraktion: „Die Potenziale, die die Systemumstellung im Bereich der Notärzte mit sich bringen könnten, sind deutlich geworden“, wird Fraktionschef Michael Sittler in einer Pressemitteilung zitiert. „Einige Fragen“ werde die Fraktion allerdings noch zu beraten haben.

Der Hintergrund

Mit dem neuen Konzept werden die Wochenstunden, in denen Notarztwagen vorgehalten werden, von 1344 auf 1008 reduziert. Begründet wird dies zum einen mit der Verkürzung der Fahrzeiten: Der Notarzt wird nicht mehr von seiner Praxis abgeholt, sondern ist während seiner Dienstbereitschaft in Fahrzeugnähe präsent: entweder in einem der Siegener Krankenhäuser oder auf der Rettungswache selbst. Standorte im Siegerland sollen Siegen, Freudenberg, Wilnsdorf und – tagsüber – Wahlbach sein, nicht mehr Kreuztal und Netphen. Alle Einsatzstellen werden innerhalb von 20 Minuten erreicht — so weit der Notarzt überhaupt gebraucht wird. Denn gerechnet wird auch damit, dass der zunehmende Einsatz hochqualifizierter Notfallsanitäter, die im Rettungswagen mitfahren (Hilfsfrist: acht Minuten), in vielen Fällen ausreicht.

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Veränderungen soll es auch beim Krankentransport geben. Für den Versorgungsbereich West (Altkreis Siegen) solle ein „Mehrzweckfahrzeug“, das als Rettungswagen ausgestattet ist, rund um die Uhr zur Verfügung stehen. Darüber hinaus wird tagsüber ein Krankenwagen für den Regelbetrieb vorgehalten, zwei Fahrzeuge stehen für Fernfahrten zur Verfügung. Die Wochenstundenzahl reduziert sich so von 584 um 206 auf 378. Zentraler Standort der Krankenwagen soll in Siegen sein, abgezogen werden die Fahrzeuge aus Kreuztal und Netphen.

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Thomas Tremmel, Leiter des Amts für Bevölkerungsschutz in der Kreisverwaltung, will auch mit einer Reihe weiterer Maßnahmen das „Rettungsnetz dichter spannen“. Dazu gehört die Einbindung der Standorte von Defibrillatoren in das Leitsystem der Leitstelle. Die Disponenten dort können Ersthelfer gezielt darauf hinweisen.