Siegen. . Freiheitsberaubung, Nötigung in früherer Flüchtlingsunterkunft: Angeklagter sei Hauptverantwortlicher, hätte rechtzeitig die Bremse ziehen können

Während das Hauptverfahren in Sachen Burbach nach wie vor in Formalien festhängt, steht die abgetrennte Verhandlung gegen den früheren Einrichtungsleiter kurz vor dem Abschluss. Dienstag, 22. Januar, wird die 1. Große Strafkammer das Urteil sprechen. Oberstaatsanwalt Christian Kuhli hat am Montag, 14. Januar, ein Jahr und sechs Monate auf Bewährung beantragt, wegen rund 40 Fällen der Freiheitsberaubung und Nötigung. Für den Verteidiger reicht die vorher vereinbarte Untergrenze von einem Jahr als Bestrafung aus.

Fachfremd eingesetzt, überfordert

Er habe sich lange und intensiv mit dem Thema beschäftigt und wisse nun, schwere Fehler gemacht zu haben, so der Angeklagte. Was in der Einrichtung geschehen sei, tue ihm aufrichtig leid, so etwas werde in seinem Leben sicher nie wieder geschehen. Für ihn und seine Familie seien die vergangenen Jahre nicht einfach gewesen: „Ich denke immer, dass alle den Heimleiter von Burbach in mir sehen. Aber ich bin letztlich auch ein ganz normaler Mensch.“

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Verteidiger Lars Leininger betont, dass sein Mandant vor und nach Burbach ein normales Leben geführt habe. „Er ist auch nicht das Monster, das unbedingt Heimleiter in Burbach werden wollte, um Flüchtlinge zu schikanieren“, weist der Anwalt manche öffentliche Darstellung zurück. Der 38-Jährige sei fachfremd eingesetzt und überfordert gewesen in einer Situation, die immer schwieriger geworden sei. Von der Höhe der Strafe abgesehen, sind sich die Beteiligten überwiegend einig.

Früh mit Behörden kooperiert

Staatsanwalt Kuhli betont: Der Angeklagte sei der Hauptverantwortliche, habe wie kein anderer die Möglichkeit gehabt, „rechtzeitig die Bremse zu ziehen. Sie haben die Einrichtung der Zimmer angeordnet, gebilligt und geduldet“, wirft Kuhli dem gelernten Kaufmann vor. Spätestens als er sah, dass das Problemzimmer abgeschlossen wurde, hätte er einschreiten müssen und so sicher viele der Vorfälle verhindert. Ihm zugute hält Kuhli, dass er Teil eines schwierigen Systems war, sich sehr früh im Verfahren zu seiner Verantwortung bekannt habe und bereit gewesen sei, als Erster verurteilt zu werden.

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In den meisten Fällen kann dem Angeklagten nur mittelbar Schuld nachgewiesen werden. Einige Male war er aber vor Ort und hat das Verbleiben der Bewohner im Problemzimmer bejaht. Für Körperverletzungen sieht der Staatsanwalt eine moralische Verantwortung, keine strafrechtliche.