Siegen-Wittgenstein. . Erstmals in seiner Amtszeit bekommt Landrat Andreas Müller für einen Haushaltsentwurf keine Gegenstimmen. Kreisumlage wird gesenkt.

Für Landrat Andreas Müller ist das ein politisches Weihnachtsgeschenk: Zum ersten Mal in seiner Amtszeit hat der Kreistag einen Haushalt einstimmig beschlossen. Lediglich der fraktionslose Dr. Wolfgang Sonneborn enthielt sich der Stimme. Der Hebesatz für die Kreisumlage wird von 38 auf 36,8 Prozent gesenkt. Darauf verständigten sich die sechs Fraktionen während einer Sitzungsunterbrechung.

36,33 Prozent. Mit diesem Hebesatz für die von den Städten und Gemeinden zu zahlende Kreisumlage ging Bernd Brandemann (CDU) in die Debatte: 7,8 Millionen Euro stünden dann weniger zur Verfügung, etwa die Hälfte der eingeplanten Mehrausgaben gegenüber 2018. Der CDU-Fraktionschef nutzte die Haushaltsdebatte zur Generalkritik an der Amtsführung des Landrats. „Haben Sie das Foto gesehen?“, fragte Brandemann: „Gestrahlt“ habe Müller, als er „Status Quo“ als Top Act für Kultur Pur 2019 bekannt gab. „Das Entertainment zerrt an ihm, eine Option für eine berufliche Neuorientierung nach 2020“. Denn dann wird gewählt.

Der Landrat konterte am Schluss der Debatte: „Schade, dass Sie nie Gelegenheit hatten, unter mir zu arbeiten. Wir hätten Spaß gehabt.“ Als Vorsitzender der Haushaltskommission sei Bran­demann Einsparvorschläge schuldig geblieben. Und „seit Jahren keinen Vorschlag“ für den vermissten Wohnungsbau habe er von Brandemann als Aufsichtsrat der Kreissiedlungs- und Wohnungsbaugesellschaft gehört.

37 Prozent deutete SPD-Fraktionschef Michael Sittler („alles, was sich um ein Prozent bewegt“) als Möglichkeit an. Der Kreis sei mit Landrat Andreas Müller „auf einem guten Weg“, erwiderte Sittler auf Brandemann: „Mir ist ein singender Landrat, der Probleme löst, lieber als ein grollender, der Probleme schafft und hinterlässt wie Wisente.“

? Prozent brachte Simon Rock (Grüne) in die Diskussion. „Etwas“ absenken möge der Kreistag die Umlage – die, wenn der Hebesatz unverändert geblieben wäre, dem Kreis eine Mehreinnahme von über sieben Millionen Euro eingebracht hätte. Rock sprach Klimaschutzaktivitäten an, kritisierte die Verwendung von „Gute-Schule“-Mitteln für Lehrerparkplätze an den Berufskollegs und die Talsperrenplanungen, „insbesondere für das Elberndorftal.“

37,5 Prozent beantragte Guido Müller (FDP), zusätzlich aber die Kürzung der Ausgaben um 4,4 Millionen Euro. Nach wie vor leiste sich der Kreis freiwillig Ausgaben, zu denen er nicht verpflichtet sei — ausdrücklich erwähnte er den Nachtbus: „Für Partygänger, damit sie sich kein Taxi nehmen müssen.“

36,5 Prozent war der Hebesatz den die Bürgermeisterkonferenz gefordert hatte. Dem schloss sich Hans Günter Bertelmann (UWG) an: „Wir sollten den Bürgermeistern dieses Zeichen geben“ – für ihr „Projekt 2022“. Bis dahin müssen nämlich alle Kommunen den Haushalt ausgleichen, wenn sie nicht auf Dauer unter Nothaushaltsrecht wirtschaften wollen.

Kürzung bei Kindertagesbetreuung

Auch die Umlage für das Jugendamt wird nicht so stark angehoben, wie Landrat und Kämmerer das vorgeschlagen hatten: Die sechs Fraktionen verständigten sich auf die Erhöhung von 19,53 auf 21,34 Prozent, das sind 0,6 Prozentpunkte weniger.

Dem Jugendamt stehen 1,62 Millionen Euro weniger zur Verfügung als eingeplant, 500.000 Euro mehr als 2018. Der Betrag soll bei der Kindertagesbetreuung eingespart werden. Allerdings werden die tatsächlichen Ausgaben „spitz“ abgerechnet.

37,5 Prozent war der Hebesatz, auf den sich auch Ullrich Georgi (Linke) einlassen wollte. Kritik an hohen Kosten für Sozial- und Jugendhilfe, wie sie UWG und FDP geäußert hatten, wies Georgi zurück: „Ich bin stolz, dass wir Spitzenreiter bei den Ausgaben für Soziales sind.“

37,64 Prozentwollte Kämmerer Thomas Damm zugestehen: Das entspräche der Verbesserung der Finanzlage, seit er den Etatentwurf eingebracht hat. Landrat Andreas Müller machte am Schluss deutlich, dass die höhere Senkung auch zu verkraften ist: Immerhin wird die Ausgleichsrücklage in diesem Jahr geschont — statt mit anfangs geplanten 6,9 Millionen Euro Defizit wird das Jahr sogar mit einem kleinen Überschuss abschließen.