Dahlbruch. . Im Gebrüder-Busch-Theater in Dahlbruch findet die Hilchenbacher Feierstunde zum Tag der Deutschen Einheit statt. Zeitzeugen kommen zu Wort.
Neben Siegen ist Hilchenbach die einzige Kommune im Kreis, die am 3. Oktober zu einer Feierstunde einlädt. Ob das immer noch nötig sei, fragt Bürgermeister Holger Menzel in seiner Begrüßung und antwortet umgehend selbst: Er finde es richtig, den Geburtstag des geeinten Deutschlands zu feiern. Zugleich solle der Tag Anlass sein, die damaligen Ereignisse zu erinnern, zu reflektieren und in die Zukunft zu schauen.
Das alles geschieht in der knappen Stunde im Dahlbrucher Gebrüder-Busch-Theater. Es gibt schwungvolle Musik mit dem Akkordeon-Orchester und Spielszenen mit Schülern des Gymnasiums Stift Keppel. Der Literaturkurs beschreibt die Situation vor dem Mauerfall: Eine verzweifelte Frau versucht vergeblich, Grenzer davon zu überzeugen, sie zu ihrem kranken Vater in den Westen reisen zu lassen. Sie wird niedergeschossen, Hilfe verweigert. Eine Schülerin spielt überzeugend Günter Schabowski und dessen historisch gewordene Rede vom Abend des 9. November, die zur Maueröffnung führt. Und es gibt die Ereignisse danach, zögernde Grenzer und neugierige Journalisten, die auf die Fotos ihres Lebens warten.
Er sei dermaßen beeindruckt gewesen, dass er vergessen habe, zu applaudieren, sagt Holger Menzel hinterher, und spricht damit den Gästen aus dem Herzen.
Wenn aus Nachbarn Feinde werden
Kern des Vormittags ist die Festansprache von Seiffens Bürgermeister Martin Wittig, der eigene Erinnerungen mit Zukunftsüberlegungen verbindet und auch auf aktuelle Geschehnisse in Sachsen eingeht. Er sei 16 gewesen, als die ersten Demonstrationen auch in seiner Heimatstadt Marienberg begannen und erzählt, wie die Menschen zur SED-Kreisleitung zogen, „um dort brennende Kerzen vor die Tür zu stellen“. Das Haus sei dunkel gewesen, „aber ich habe immer gedacht, dass da einige hinter den Gardinen stehen. Das hat sich später auch bestätigt.“
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Bis heute frage er sich, was in den Köpfen dieser Leute vor sich gegangen sei. Als Soldat im Kosovo habe er eindringlich erlebt, wie Menschen, die jahrelang gute Nachbarn waren, durch Hass und Parolen zu Feinden gemacht werden könnten. Das wolle er in Deutschland nicht erleben. Er sei sich im Klaren darüber, dass er die „Gaulands, Höckes oder Weidels“ nicht erreichen könne. Aber viele von jenen, die deren Parolen nachliefen, könnten überzeugt werden, so Wittig.
Die Menschen in seiner Heimat hätten zwei Diktaturen hinter sich und reichlich Anlass, dankbar gegenüber denen zu sein, die das beendet hätten: Ungarn und die damalige CSSR für das Verhalten den Flüchtlingen gegenüber, dem Westen und vor allem auch den Russen, die nichts dagegen unternommen hätten. Wer solches erfahren hätte, sollte auch etwas zurückgeben – aber keinen Hass, betont Wittig.