Siegen. . Die Hotspots in der Innenstadt bieten nach Registrierung 60 Minuten kostenloses Netz. Andere Kommunen, etwa Iserlohn, sind da deutlich weiter.

Außer in Hilchenbach, wo die Ferienwohnungen mit Unterstützung des Tourismus-Büros mit Freifunk-Internet versorgt sind, gibt es in keiner Stadt im Kreis flächendeckendes, kostenloses WLAN, wenigstens in den Innenstädten. Andere Kommunen sind da viel weiter, auch in Südwestfalen: Arnsberg war eine der ersten Städte, die ihre Fußgängerzone mit Freifunk-WLAN versorgte, Winterberg bietet seinen Touristen flächendeckend kostenloses Internet, ähnlich sieht es in Kierspe, Meinerzhagen, Olpe, Altena, Attendorn oder Iserlohn aus.

Vergleich: Siegen – Iserlohn

Siegen hinkt hinterher. Im Grunde gibt es gar nicht so wenige Freifunk-Knotenpunkte in der Stadt – aber eben auch nicht flächendeckend. Es dauerte einige Zeit, bis die Entscheidung gefallen war, in die sogenannten City-Light-Poster (Bahnhofstraße, Kölner Straße, ZOB) Hotspots zu integrieren. Die Verwaltung hat die Werbung im öffentlichen Raum an die Reklamefirma Ströer verkauft, im Gegenzug bekommt die Stadt freies WLAN. Ströer hat als Subunternehmer dazu die Telekom beauftragt – und da gab es immer wieder Abstimmungsschwierigkeiten. Zwar finden Nutzer inzwischen kostenloses WLAN im Zentrum vor, das über sechs Hotspots der Telekom in den City-Light-Postern ausgestrahlt wird. Passanten müssen sich im Netzwerk registrieren und können dann 60 Minuten kostenlos surfen – im näheren Umfeld der Citylight-Poster. Auch Unitymedia-Hotspots gibt es in der Innenstadt.

Tausende Nutzer

20 000 Geräte greifen pro Monat im Siegerland auf das Freifunk-Netzwerk zu.

250 Router der Initiative gibt es im Kreis Siegen-Wittgenstein.

Die Entscheidung für Ströer fiel seinerzeit wegen juristischer Bedenken: Im Sinne der sogenannten Störerhaftung hätte die Stadt als Betreiber belangt werden können, wenn sie selbst ein Netz aufgebaut hätte und Nutzer Straftaten über diesen Zugang begangen hätten, so Pressesprecherin Dr. Sabine Schutz. Inzwischen wurde das Gesetz geändert.

Die Stadt steht den Freifunkern grundsätzlich positiv gegenüber: Mit dem Projekt „100xWLAN“ forcierte die Landesregierung 2016 die Verbreitung von Hotspots in NRW. An bis zu 100 landeseigenen Gebäuden sollten freie Bürgernetze entstehen, die von Freifunkvereinen betrieben werden. Für die notwendigen technischen Installationen an den Gebäuden stellte die Landesregierung einen Millionenbetrag zur Verfügung. Diese Initiative wurde von der Stadt Siegen unterstützt und gegenüber Freifunk Siegerland kommuniziert.

In Iserlohn haben die Stadtwerke die Router gesponsert: Dutzende Geräte versorgen die Innenstadt mit WLAN, die Verwaltung hat die Internetzugänge von öffentlichen Einrichtungen zur Verfügung gestellt, so Christine Schulte-Hofmann, Pressesprecherin im Rathaus. Langwierige politische Diskussionen: Fehlanzeige. Die Politik habe den Plan von Beginn an unterstützt und treibe den Ausbau des Netzes in andere Bereiche voran. „Es funktioniert einwandfrei, es wurden keinerlei Beschwerden an uns herangetragen“, sagt Schulte-Hofmann.

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Die Initiative

„Freifunk ist ein Netzwerk in Bürgerhand“, sagt Klaus Stricker: Sie springen in die Bresche, wenn es irgendwo an Internet hapert. Und das tut es in Deutschland im Jahr 2017 an allen Ecken und Enden. Ihr Ziel: Internet für alle. Dazu stellt Freifunk Siegerland seit etwa drei Jahren freie Netzzugänge zur Verfügung – Kosten fallen lediglich für die Server an (siehe unten). „Ein Router kostet nur ein paar Euro“, sagt Klaus Stricker, Serverkapazitäten auch, aber irgendwoher muss das Geld ja kommen. Dafür gibt es einen Förderverein.

Die Freifunker sind gewissermaßen fast alle Einzelkämpfer. Einer hat beispielsweise im Bereich Rathaus Freudenberg einen Router aufgestellt, der den Mórer Platz, den Busbahnhof, wo mittags Schüler im Netz surfen, und die nahe Flüchtlingsunterkunft mit abdeckt. Bis zu 20 Gigabyte pro Tag: So groß kann das tägliche Datenvolumen werden – ohne dass der Anbieter nennenswerte Einbußen bei seiner eigenen Surf-Geschwindigkeit hinnehmen müsste.

Viele Freifunker kommen aus der Hackerszene: Sie wenden ihr technisches Wissen innerhalb geltender Gesetze an – im Unterschied zu denen, die mit krimineller Energie im Netz unterwegs sind. Die einzelnen lokalen Initiativen sind untereinander eng vernetzt.

Die Technik

Router: Handelsübliche Geräte, die mit einer Freifunk-Software ausgestattet sind, verbinden sich miteinander und schaffen so ein prinzipiell endloses Netzwerk – wie bei einer PC-Party, wo die Rechner aller Spieler miteinander verbunden sind. „Wenn eines dieser Geräte Internet hat, sind alle drin“, so Stricker. Die Router werden einfach mit dem Hausanschluss gekoppelt.

Das Signal wird verschlüsselt, jagt einmal quer durch Europa: Über einen VPN-Tunnel – eine sichere Direktleitung – verbinden sich die Router mit einem Server ins Internet, der die Signale entschlüsselt und die Router im Netzwerk konzentriert. Dann geht das Signal, wiederum via VPN-Tunnel, zurück nach Düsseldorf, Frankfurt oder Berlin – dort hat der Verein Freifunk Rheinland entsprechende Infrastruktur, um es ins Internet auszuleiten.

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Ein Router entspricht einem Knotenpunkt, verbinden sich zwei Knotenpunkte, spricht man von einer Strecke – „mehrere Router stabilisieren das Netz, sie sind stärker als nur ein Gerät“, erklärt Klaus Stricker. Ein Knotenpunkt hat – abhängig vom Modell – eine Reichweite zwischen 20 und 100 Metern.

Vorteil für den Nutzer: Er ist im Internet zunächst nicht als Individuum sichtbar, als IP-Adresse erscheint Freifunk Rheinland. Das ist aber kein Freifahrtschein: Nutzer sind verfolgbar. Das ist aufwändig, geht aber.

Nachteil: Die verschlüsselte Kommunikation mit dem Umweg über die Server braucht Zeit und Rechenkapazitäten: Die Kommunikation zwischen Nutzergerät und Server, auf dem eine Seite aufgerufen wird, dauert länger als eine direkte Verbindung – aber im Millisekundenbereich. Das ist aber auch gar nicht der Anspruch von Freifunk: Sie möchten Kommunikation ermöglichen. Youtube in hoher Auflösung – dafür ist es manchmal zu langsam. Aber zum Mails checken, für Messenger, Google – das reicht. Sozial Benachteiligte oder Flüchtlinge haben nur sehr wenig Geld für Mobilfunk, sie können meist keinen entsprechenden Vertrag abschließen, also bleibt ihnen nur ein Prepaid-Handy. Das Freifunk-WLAN ermöglicht hier Teilhabe.

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