Siegen. . Prof. Hermann Siebdrat, Bundestagskandidat der FDP für den Kreis Siegen-Wittgenstein, hat vor allem die Digitalisierung auf dem Schirm.

Lange war Prof. Hermann Siebdrat noch nicht in der FDP, als der Kreisverband ihn zum Direktkandidaten für die Bundestagswahl machte. Seit etwa anderthalb Jahren ist er Parteimitglied, mit seinen 57 Jahren also ein ziemlicher Newcomer auf der politischen Bühne – anders als viele andere, die am 24. September einen Platz im Bundestag bekommen möchten. Kein Nachteil, wie er findet. „Wenn ich Leute, die schon lange dabei sind, reden höre“, sagt der Siegener, „da frage ich mich oft: Warum haben die das, worüber die da reden, nicht schon längst gemacht?“

  • Anmerkung des Autors: Er hat die 9bar als Ort für das Gespräch ausgewählt. Das hatte der parteilose Kandidat Dominik Eichbaum auch schon – ob’s an mir liegt? Professor Dr. Hermann Siebdrat ist Professor für Wirtschaftsinformatik an der Technischen Hochschule Köln, Standort Gummersbach. Lässiges Jackett, die verspiegelte Sonnenbrille auf den Kopf geschoben, klassischer, hochwertiger Herrenduft, hippe große Armbanduhr. „Lassen Sie die Titel weg....“, ist sein Einstieg. Geht klar, Herr Siebdrat!

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Politik habe ihn schon immer interessiert, „ich hatte dafür aber keine Zeit“. Jetzt gehe es ihm darum „nicht immer nur zu meckern, sondern zu machen“. Für die FDP entschied er sich, „weil es die Partei ist, wo man den digitalen Wandel am meisten im Blick hat“, außerdem stehe sie für „Freiheit, Liberalität, weniger Staat, mehr Selbstverantwortung“. Menschen sollten sich für ihr Glück und ihren Erfolg durchaus selbst engagieren, aber verbunden mit der Botschaft: „Der Staat hilft Dir natürlich.“

  • Anmerkung: Ja... klingt nach FDP.

In Deutschland „stehen wir vor gigantischen Herausforderungen, was die Digitalisierung angeht“, sagt er. „Ich bin Wirtschaftsinformatiker. Ich betrachte das, was technisch auf uns zukommt, als vergleichbar mit der Erfindung der Dampfmaschine. Was bisher war, ist nur der Anfang. Viele Menschen können sich gar nicht vorstellen, was noch auf uns zukommt.“

  • Anmerkung Autor: Mir fällt ein Zitat von Han Solo aus „Star Wars“ ein: „Ich kann mir ‘ne ziemliche Menge vorstellen.“ Siebdrat skizziert ein Beispiel: Autos, die drahtlos miteinander und mit einem Parkleitsystem kommunizieren, um Suchverkehr in den Innenstädten zu reduzieren. Klingt praktisch – aber kann dann nicht jeder, der auf das System zugreift, exakt meine Bewegungen in meinem Auto nachvollziehen? Han Solo hat den Rasenden Falken aus gutem Grund ohne WLAN geflogen...

Ansichten des FDP-Kandidaten

„Freiheit, Liberalität, weniger Staat, mehr Selbstverantwortung“

Hermann Siebdrahts Interpretation der FDP

„Wenn ich Leute, die schon lange dabei sind, reden höre, da frage ich mich oft: Warum haben die das, worüber die da reden, nicht schon längst gemacht?“

Siebdrat über seine Rolle als Newcomer

„Ich bin Wirtschaftsinformatiker. Ich betrachte das, was technisch auf uns zukommt, als vergleichbar mit der Erfindung der Dampfmaschine."

Siebdrat über Deutschlands Zukunft

„Was bisher war, ist nur der Anfang. Viele Menschen können sich gar nicht vorstellen, was noch auf uns zukommt.“

Siebdrat über die Digitalisierung

 „Wer vor 20 Jahren seinen Beruf gelernt hat, steht heute längst vor dem Wandel."

Siebdraht zum Wirtschaftswandel

 „Die Leute schulen, damit Sie von der Technik nicht überfordert sind.“

Siebdrahts Bildungsansatz

„Wenn es um Datenschutz geht, ist die FDP die Partei, die die Bürgerrechte besonders hoch schätzt.“

Siebdraht zum Datenschutz

„Ich bin auch kein abgehobener Professor, kein Theoretiker. Ich bin ein ganz normaler Mensch.“

Siebdrahts Selbsteinschätzung

„Ein Ausrufezeichen in Richtung Düsseldorf und Berlin setzen – und in vier Jahren probiere ich es nochmal.“

Siebdrahts Plan B

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„Wenn es um Datenschutz geht, ist die FDP die Partei, die die Bürgerrechte besonders hoch schätzt.“ Etwas heikler sei der Umgang mit Daten bei einem Problem wie der Terrorabwehr. „Das muss man mit Augenmaß machen. Aber wir sind gegen pauschale Überwachung.“

  • Anmerkung: Die würde zu „den Liberalen“ ja auch nicht recht passen.


Aufgabe des Staates sei es, Infrastruktur für den digitalen Wandel zu schaffen. Glasfasernetze seien aber nur der eine Aspekt. Der andere – ebenso wichtige – sei Bildung: „Die Leute schulen, damit Sie von der Technik nicht überfordert sind.“

  • Anmerkung: Nur „nicht überfordert“? Da kommt wirklich was auf uns zu....

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Entscheidend seien die Schulen. Lehrerinnen und Lehrer müssten weitergebildet werden, um Kinder und Jugendliche auf neue Anforderungen vorzubereiten. Auch Unternehmen müssten sich auf die Veränderungen einstellen und Mitarbeiter fortlaufend qualifizieren. „Wer vor 20 Jahren seinen Beruf gelernt hat, steht heute längst vor dem Wandel“, sagt Siebdrat. In den kommenden zehn bis 20 Jahren würden durch die Digitalisierung sehr viele Jobs wegfallen, „auch in Branchen, die viele heute dafür noch nicht im Blick haben“.

Klassischerweise werde von Hilfsarbeiter-Tätigkeiten ausgegangen, die künftig von Maschinen erledigt werden; aber der Freidemokrat verweist auch auf „wissensbasierte Jobs“. Reisebüros gebe es zwar noch, aber viele Menschen würden längst online buchen. Die Bearbeitung von Schadensfällen bei Versicherungen könnte bald schon dank Abgleich mit einer riesigen Menge ähnlich gelagerter Fälle automatisiert erfolgen, „auch Banken stehen vor großen Umwälzungen“.

  • Anmerkung: Vielleicht ist es berufsbedingt, dass Siebdrat so unerschrocken davon spricht.

„Ich habe Expertise für IT und Bildung“, sagt er – auch das sei ein Grund für seine Kandidatur. „Ich bin auch kein abgehobener Professor, kein Theoretiker. Ich bin ein ganz normaler Mensch.“ Vor seiner Professur arbeitete er für Banken, für die Bahn, „ich kenne viele Branchen aus eigener Anschauung. Ich habe auch mal versucht, das Café Harr zu retten.“

  • Anmerkung: Das hat leider nicht geklappt. Den Granatsplittern trauere ich bis heute nach – aber Siebdrat verrät, er kenne einen Konditor, der weiterhelfen könnte.

Einen Listenplatz hat er nicht, er müsste den Wahlkreis Siegen-Wittgenstein also direkt holen. Und sein Plan B, wenn es mit dem Bundestag nicht klappt? „Ein Ausrufezeichen in Richtung Düsseldorf und Berlin setzen – und in vier Jahren probiere ich es nochmal.“

  • Anmerkung Autor: Achja? Auf einem seiner Wahlplakate heißt es: „Wenn Du wirklich Erfolg haben willst, hab’ keinen ,Plan B’“. Fairerweise muss ich zugeben: Das mit dem Ausrufezeichen klingt nach seinem Plan A.

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