Netphen. . Deutliche Kritik am Entwurf. Gutachter hält Nachbarstadt Siegen vor, Entwicklung im ländlichen Raum zu unterdrücken.
Um Haaresbreite schrammt der Schulausschuss am Eklat vorbei: Der Ausschussvorsitzenden Alexandra Wunderlich (CDU) gelingt es am Ende, Bürgermeister Paul Wagener zur Rücknahme des Entwurfs des Schulentwicklungsplans zu bewegen — das Papier wäre sonst womöglich einstimmig abgelehnt worden. Wolf Krämer-Mandeau, Leiter des mit dem Entwurf beauftragten Bonner Instituts biregio („Bildung und Region“), war am Ende genervt: „Sie müssten so langsam zur Kenntnis nehmen, dass der eine oder andere Gedanke richtig ist.“ „Dann müssen ja alle früheren Schulentwicklungspläne falsch gewesen sein“, überlegte Ulrich Müller (SPD). Nicht falsch, sondern „anders“, stellte Krämer-Mandeau klar.
Erstmals hatte die Stadt ihre Schulentwicklungsplanung nicht von der eigenen Verwaltung erarbeiten lassen, sondern einem externen Gutachter übertragen lassen. „Enttäuschend“ nannte Ulrich Müller (SPD) das Ergebnis. „Das ist das Papier nicht wert, auf das es geschrieben wurde“, sagte Corie Hahn (CDU). Darüber wurde am Montag gestritten:
Oberes Johannland
„Wir sehen keinen Handlungsbedarf“, sagte Ulrich Müller (SPD). Die Grundschulen in Deuz und Hainchen hätten genug Schüler, um selbstständig weitergeführt zu werden. Beide Schulleitungsstellen seien zur Nachbesetzung ausgeschrieben.
Die Erwiderung: Hainchen werde einer „Zitterpartie“ ausgesetzt, sagte Krämer-Mandeau, „Sie werden jedes Jahr eine Kerze ins Fenster stellen müssen.“ Fraglich sei auch, ob die Schulaufsicht die Bildung extrem kleiner Klassen hinnehme. „Sie sollten nachdenken, bevor für Sie nachgedacht wird.“ Annette Kramps, Rektorin der Grundschule Netphen, äußerte die Sorge, dass bei der Schulleitungssuche „eine Schule leer ausgeht“ — es gibt derzeit nicht genügend qualifizierte Bewerber
Die Sekundarstufe
Gymnasium und Sekundarschule würden in jedem Jahr jeweils drei Eingangsklassen bilden können, sagte Ulrich Müller (SPD). Der Planer, der für beide Schulen zusammen im Schnitt nur viereinhalb Züge errechne, argumentiere „zu pessimistisch“.
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Die Erwiderung: Wolf Krämer-Mandeau verweist auf den hohen Anteil der Auspendler. Die Siegener Bertha-von-Suttner-Gesamtschule „gehört zu einem Drittel Ihnen“. Der Stadt Siegen sei vorzuwerfen, mit der Eröffnung einer weiteren eigenen Schule „die Entwicklung im ländlichen Raum unterdrückt“ zu haben. Angesichts der Entwicklung in Netphen sei es „doppelt so wichtig zu kämpfen, dass diese Tür geschlossen wird.“ In der engen Zusammenarbeit mit dem Gymnasium könne die Sekundarschule die von Eltern geschätzten Vorzüge einer Gesamtschule anbieten. Eckhard Göbel, Leiter des Gymnasiums, hatte allerdings bereits die Konsequenz seiner Schule aus dem erwarteten Kurswechsel des Landes bekanntgegeben: Auch am Netphener Gymnasium werde es das Abitur nach neun Jahren geben – und daneben ein „Springer-Konzept“ für das bisherige G 8.
Die Zahlen
Die verwendeten Schülerzahlen seien „falsch“, meinte Corie Hahn (CDU). Bei den Grundschulen würde die Stärke desselben Jahrgangs „nicht erklärbare Sprünge“ aufweisen.
Die Erwiderung: Die Zahlen stimmen, widersprach Wolf Krämer-Mandeau. Die jahrgangsübergreifende Schuleingangsphase — die es nur noch an der Grundschule Netphen gibt, dort aber mit Schuljahresende abgeschafft wird — führe zu starken 2. Klassen, gefüllt mit Kindern, die die Schuleingangsphase in drei Jahren absolvieren. Der Planer riet, vom vornherein mehr kleine Klassen zu bilden, damit am Ende nicht übervolle Lerngruppen entstehen. „Für mich ist das keine Hilfe, um die Zukunft zu gestalten“, meinte Rektorin Annette Kramps. Würde sie 81 Kinder auf vier Klassen verteilen, „wird sich der Herr Sziburies weglachen“, sagte sie mit Blick auf den anwesenden Schulaufsichtsbeamten. Peter Sziburies sagte nichts.
Das Große und Ganze
Ein gutes Schulangebot „kann dazu führen, dass sich junge Familien für Netphen entscheiden“, sagte Ulrich Müller (SPD).
Die Erwiderung: Da widersprach Wolf Krämer-Mandeau nicht. Zu beobachten sei die Abwanderung junger Frauen über 20, also der Mütter künftiger Schulkinder. Das sei „nur sehr schwer hinzunehmen.“
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