Siegen-Wittgenstein. Jens Kamieth und Anke Fuchs-Dreisbach vertreten Siegen-Wittgenstein im neuen Landtag. Falk Heinrichs und Tanja Wagener hoffen auf die Liste.
Die CDU hat am Sonntag beide Wahlkreise gewonnen – mit klarem Vorsprung.
Für die beiden bisherigen SPD-Abgeordneten Falk Heinrichs und Tanja Wagener begann nach Auszählung der Stimmen eine Zitterpartie: Sie können noch über die Landesliste ihrer Partei ein Mandat bekommen. Ob die bis zu den Positionen 24 (Heinrichs) oder 27 (Wagener) zieht, hängt vom landesweiten Anteil der SPD an den Zweitstimmen ab. Und von der Zahl der Überhangmandate, um die der Landtag aufgestockt wird — dann, wenn eine Partei mehr Wahlkreise gewonnen hat als ihr nach dem Stimmenanteil zustehen.
Landespolitische Themen im Fokus
„Man ist enttäuscht, traurig“, sagt Tanja Wagener bei der Wahlparty im Lyz. Jens Kamieth, der 2012 über die Reserveliste einen Platz im Landtag erhielt, liegt mit fast 39,4 Prozent im Wahlkreis Siegen-Wittgenstein I rund 7,75 Prozentpunkte vor der Sozialdemokratin. „Wir haben es offenbar nicht geschafft, die Erfolge der Landesregierung in den Fokus zu rücken“, so Wagener. In den vergangenen Jahren sei viel Geld für Stadtentwicklungsprojekte nach Siegen geflossen, „gerade für Siegen – Zu neuen Ufern. Aber bei den wenigsten ist wohl angekommen, dass das zum Großteil Landesmittel waren.“
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„Es ist uns gelungen, landespolitische Themen nach vorne zu bringen“, nennt Jens Kamieth als einen Grund für das Ergebnis – und zählt „innere Sicherheit, Schule und Infrastruktur“ als Beispiele auf. Im Wahlkampf sei er in einigen Gebieten von Tür zu Tür gegangen, „ich habe hunderte Häuser besucht, und viele Leute waren bereit, mit mir zu sprechen.“ Diese Gesprächsbereitschaft sei ausgeprägter gewesen als fünf Jahre zuvor, die von der CDU gewählten Themen „haben die Leute bewegt“.
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Noch klarer ist das Ergebnis im Wahlkreis Siegen-Wittgenstein II, wo Anke Fuchs-Dreisbach mit 43,35 Prozent der Erststimmen fast zehn Prozentpunkte mehr als SPD-Kandidat Falk Heinrichs verbucht – und das aus dem Stand. „Eine bittere Niederlage und ein bitterer Tag für die SPD“, kommentiert Heinrichs den Abend auch mit Blick auf die Landesebene. In den vergangenen drei Wochen habe er gemerkt, dass es schwierig wird – im Austausch mit den Bürgern vor Ort und mit Blick auf die Wahlen in Schleswig-Holstein und im Saarland. „Wenn der Trend erst einmal falsch ist für eine Partei, geht es abwärts.“ Dass Themen wie die innere Sicherheit in Siegen-Wittgenstein gezogen haben, wundert ihn, „denn wir leben in einem der sichersten Wahlkreise in NRW. „Aber leider haben wir die rot-grünen Erfolge, die es gibt, nicht richtig ausgespielt.“
Anke Fuchs-Dreisbach hatte „mit so deutlichen Ergebnis nicht gerechnet“, sieht darin aber ein Resultat ihres Wahlkampfs. „Ich wurde vor etwa 400 Tagen nominiert, und kann sagen, dass ich seitdem unterwegs bin.“ Während Heinrichs die Nase in Hilchenbach und Kreuztal vorne hatte, gewann Fuchs-Dreisbach in den übrigen fünf Kommunen mit Abstand.
Remmel hat sicheren Platz
Wie viele Abgeordnete den Kreis am Ende vertreten, entscheidet sich erst nach Auswertung des Gesamtergebnisses. Neben den beiden direkt gewählten Abgeordneten auf jeden Fall wieder im Parlament ist Johannes Remmel (Grüne); der amtierende Umweltminister hatte Platz 2 auf der Grünen-Landesliste. Keine Aussicht auf ein Mandat haben — trotz des guten Abschneidens ihrer Partei – die beiden FDP-Kandidaten Manuela Rohde (Platz 89) und Guido Müller (Platz 93).
Die Siegen-Wittgensteiner Wahlkreise sind für keine der beiden großen Parteien, zwischen denen die Entscheidung über das Direktmandat fällt, eine sichere Bank. Bis Mai 2005 bildete der Kreis drei Wahlkreise, den dritten zusammen mit dem Hochsauerlandkreis.
Nur noch zwei Wahlkreise
1995 und 2000 holte die SPD beide Siegerländer Mandate, während der Wittgenstein-Hochsauerland-Wahlkreis von der CDU gewonnen wurde. Seit 2005 gibt es nur noch zwei Wahlkreise, in beiden hatte die CDU 2005 und 2010 die Nase vorn, 2010 gab es auch über die Reserveliste kein Mandat für die Siegen-Wittgensteiner SPD. In der vorgezogenen Wahl von 2012 drehten sich die Verhältnisse: Beide Wahlkreise fielen an die SPD, CDU-Abgeordneter Kamieth rückte über die Liste nach, seine Kollegin Monika Brunert-Jetter verlor ihr Mandat.
2012 hatte die CDU nur noch in Burbach, Netphen und Wilnsdorf einen Vorsprung bei den für die Direktkandidaten bestimmten Erststimmen, bei den für die Parteien bestimmten Zweitstimmen hatte die SPD in allen Kommunen – bis auf Wilnsdorf — einen Vorsprung vor der CDU. Von diesem Triumph ist fünf Jahre später so gut wie nichts übrig geblieben.