Siegen. . Die Betriebe müssen einen Mindestabstand zueinander haben, Mehrfachkonzessionen sind verboten. Letzte Chance: Härtefallanträge

  • Schonfrist für Spielhallenbetreiber läuft im Herbst ab: Gesetzesänderung muss umgesetzt sein
  • Betriebe müssen 360 Meter voneinander entfernt sein, Schein-Großbetriebe sind verboten
  • Noch ist wegen Härtefallregelungen nicht klar, wie viele Spielhallen tatsächlich schließen werden

Abstand größer, weniger Automaten: Fünf Jahre Schonfrist hatte die NRW-Landesregierung den Betreibern von Spielhallen gegeben, in diesem Jahr muss der Glücksspielstaatsvertrag – wie Ende 2012 beschlossen – umgesetzt werden. Das bedeutet aller Wahrscheinlichkeit nach für viele Spielhallenbetreiber das Aus, auch in Siegen: Elf von dreizehn Spielhallen entsprechen demnach nicht mehr den neuen Vorgaben des Abstandsgebots und dem Verbot der Mehrfachkonzession.

Wie viele Spielhallen gibt es in Siegen?
Im Siegener Stadtgebiet sind es 18 Gewerbetreibende, die 13 Spielhallen unterhalten (siehe Grafik), teilt die Pressesprecherin der Stadt Siegen, Dr. Sabine Schutz, auf Nachfrage mit. Dazu kommen drei weitere Betriebe, die nicht mehr aktiv, gewerberechtlich, allerdings noch angemeldet sind: An der Weidenauer Straße 144 (57076), Am Klafelder Markt 7 (57078) und an der Weidenauer Straße 3 (57078 Siegen).

Vor allem in Geisweid gibt es viele Spielhallen.
Vor allem in Geisweid gibt es viele Spielhallen. © Manuela Nossutta

Welche davon sind betroffen von der Landesgesetzgebung und liegen weniger als die vorgeschriebenen 360 Meter voneinander entfernt?
Insgesamt wären elf von dreizehn Spielhallen von den Regelungen hinsichtlich des Abstandsgebots und dem Verbot der Mehrfachkonzessionen betroffen. Die gesetzlichen Übergangsfristen enden in diesem Jahr, die neuen Regelungen treten im Herbst in Kraft.

Wenn zwei Spielhallen zu nah beieinander liegen – wie wird dann entschieden, welche zumachen muss?
Genau das ist eben die entscheidende schwierige Frage. Die Siegener Stadtverwaltung kann diese Entscheidungen nur im Einzelfall fällen, eine pauschale Richtlinie gibt es nicht. Die Betreiber können einen Härtefallantrag bei der Stadt als zuständiger Behörde stellen, warum gerade ihr Betrieb nicht geschlossen werden darf.

Kontroverse Betriebe

Der Deutsche Automaten-Verband (DAV) rechnet für Nordrhein-Westfalen damit, dass bis zu 80 Prozent der Spielhallen durch die Änderung keine Erlaubnis mehr zum Betrieb bekommen. Die Rede ist von einem Verlust von bis zu 10 000 Arbeitsplätzen landesweit.

Besonders in Stadtzentren, wo Spielhallen häufiger vorkommen, sind die Meinungen über Spielhallen geteilt: Suchtberatern gehen die Einschränkungen nicht weit genug, für Städteplaner sind die Betriebe häufig ein Sinnbild für den Niedergang der (Neben-)Zentren – Hausbesitzer hingegen schätzen die solventen Mieter meist.

Laut Recherchen der NRW-Koordinierungsstelle Glücksspielsucht erwirtschaften Spielhallen 60 bis 80 Prozent ihrer Erträge mit Menschen, die glücksspielsüchtig sind.

Die Bundesländer handhaben das unterschiedlich, Niedersachsen zum Beispiel will in solchen Fällen das Los entscheiden lassen, erklärt Schutz.

Welche Gründe können die Betreiber geltend machen, um nicht von einer drohenden Schließung betroffen zu sein?
Bis November haben die Betreiber die Möglichkeit, einen Antrag auf Prüfung zur Härtefallregelung bei der Stadt Siegen einzureichen. Die Stadtverwaltung wird dann im Einzelfall prüfen, in welchen Fällen eine besondere Härte für den Gewerbetreibenden vorliegt und welche Spielhallen gegebenenfalls geschlossen werden müssen. Besondere Härten können beispielsweise wirtschaftliche oder soziale Aspekte sein, etwa dass Angestellten die Arbeitslosigkeit droht.

Was genau hat es mit den Mehrfachkonzessionen auf sich?
Bei einer Mehrfachkonzession handelt es sich nach Auskunft der Stadt um eine Ansammlung mehrerer Spielhallen in einem Gebäude oder Gebäudekomplex. In Siegen trifft dies auf mehrere Standorte zu. Rechtlich gesehen handelt es sich dabei um mehrere einzelne Spielhallen, die durch die räumliche Nähe faktisch wie eine große Spielhalle wahrgenommen werden.

Hintergrund: Pro Spielhalle dürfen maximal zwölf Geldspielgeräte aufgestellt werden. Pro Spielautomat muss eine Fläche von zwölf Quadratmetern vorhanden sein. Bei optimaler Auslastung ergibt sich also eine „Spielfläche“ von 144 Quadratmetern bei zwölf Geldspielgeräten. Durch mehrere Spielhallen unter einem Dach kann der Betreiber so die Anzahl der maximal zulässigen Automaten für seine Spielhalle erhöhen, also einen Großbetrieb führen.

Wenn es die Befürchtung gibt, dass es Einbrüche bei der Vergnügungssteuer geben könnte, wie hoch könnten die ungefähr ausfallen?
Von Einnahmeverlusten möchte die Stadtverwaltung noch nicht sprechen. Denn wegen der Härtefallregelung ist derzeit noch nicht klar, wie viele Spielhallen am Ende wirklich schließen werden. Im letzten Haushaltsjahr betrugen die Steuereinnahmen aus diesem Sektor übrigens rund 2,2 Millionen Euro.

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