Kreuztal. . Der vergleichsweise kleine Betrieb kann durchaus mit Baukonzernen und Universitäten mithalten: Die Beton-Spezialisten betreiben eigene Labore.

  • Betrieb mit 25 Mitarbeitern forscht in eigenen Mörtel- und Elektrolaboren
  • Spezialisierung auf Carbonmatten-System als Korrosionsschutz
  • Technologie vor allem rund um Straßenverkehr vielfältig einsetzbar

Hinter einer hübschen Klinkerfassade an der Hagener Straße vermutet man kein Forschungsinstitut. Aber da ist eines. Und bei einem Handwerksunternehmen mit gut zwei Dutzend Mitarbeitern vermutet man keine chemischen Labore. Aber die Firma Koch hat welche. Das Unternehmen hat sich spezialisiert auf Beton. Sie sanieren und forschen.

Zum Beispiel hat die Firma ein Patent beantragt für ein Kathodisches Korrosionsschutz-System (KKS). Grob gesagt: Carbongittermatten werden in Beton verlegt, durch sie fließt Strom und das verhindert elektrochemisch, dass der Stahl im Beton rostet. Parkhäuser sind ein wachsender Markt, Brücken oder Sportstätten. Im Löhrtorparkhaus in Siegen etwa wird gerade ein KKS-System verbaut.

Überall hängen Kabel von den Decken der Parkebenen – hier wird der Strom eingeleitet. Und die Betonsanierer schließen die Fugen: Auf den Stahlträgern sitzen sogenannte Kopfbolzen; daran sind mit Schlingen Fertigbauteile befestigt. Hier dringt Wasser ein, hier wird abgedichtet und das KKS-System verlegt, das per elektrochemischer Reaktion die Chloridkorrosion verhindert, falls doch salzhaltiges Wasser eindringt – und damit es zwischen KKS-System und Stahlskelett nicht zu Kurzschlüssen kommen kann. Detektiert wurden potenzielle Kurzschlussbereiche per Messingbesen, mit einer Art Drahtbürste haben die Betonsanierer Bodenflächen geschrubbt – wo Strom fließen kann, erzeugt der Kurzschluss einen Ton, hier wird abgedichtet.

Fördergeld aus Bundesmitteln

„Es gibt in Deutschland vielleicht ein Dutzend Firmen in diesem Bereich“, sagt Inhaber Detlef Koch, „und davon quasi keine mit eigener Forschungsabteilung.“ Wenn, sind es große Baukonzerne. Die Idee zum Handwerksbetrieb mit Forschungsabteilung kam dem Diplom-Chemiker nach einem Vortrag, ein Professor fragte, ob man nicht zusammen an einem Projekt arbeiten wolle? Heute kooperiert Koch mit Universitäten und bekommt Fördergeld aus Bundesmitteln. Er leitet Lehrgänge, veröffentlicht Artikel in Fachzeitschriften.

Ganz vermeiden kann man leichte Rostbildung bei Parkhäusern dieser Bauart nicht. Auf den Trägern bildet sich immer wieder Kondenswasser. „Aber die nächste Sanierung wird billiger“, sagt Koch – und es wird bis dahin länger dauern.

Fachkräfte sind ein Problem – es gibt einfach nicht genug. „Selbst die Premium-Unis haben Schwierigkeiten jemanden zu finden, dem sie die Doktorarbeit sponsern können“, sagt Koch. Trotz familiärer Atmosphäre – Mitarbeiter wohnen im Haus, der Bauleiter im Anbau – die raren Chemiker, Bauingenieure, Elektrotechniker heuern lieber bei Konzernen an. „Dabei leisten wir hier Aufbauarbeit“, sagt Detlef Koch, ein zupackender Typ, „wir sind kein Rad im Getriebe. Wir entwickeln und vertreiben ein Produkt von vorne bis hinten.“ Koch betreibt Grundlagenforschung, auch weil er muss, aber vor allem, weil es ihn interessiert.

Steifere Statik oder besserer Stromfluss?

Dafür ist er besser ausgestattet als manche Uni. Im gesicherten Mörtellabor stapeln sich Materialbehälter bis unter die Decke, davor Prüfpressen und Klimaschränke, im Elektrolabor optimieren Kochs Mitarbeiter Sensorsysteme und Carbonfasern, derweil sind die Betonsanierer draußen auf den Baustellen, sorgen dafür, dass angebröselte Bauwerke nicht weiter rosten.

Aktuell rumpelt man im Löhrtorparkhaus über den aufgefrästen Boden. Diese Fugen verlaufen über dem Stahlträger, wo zwei Fertigteilplatten aneinanderstoßen. Hier werden die Carbongewebematten, in Mörtel verlegt. Die verhindern übrigens nicht nur Korrosion, sie sorgen auch für steifere Statik. Je nach Anforderung, ob höherer Stromfluss oder größere Verstärkung erforderlich ist, werden unterschiedliche Gewebe-Mörtelkombinationen eingesetzt.

Carbon ist zugfester und leichter als Stahl

Selbst erfunden. Denn das tun sie im Labor an der Hagener Straße: Für jede Anforderung die richtige Mischung von Beton und Carbonmatten finden. „Carbon ist zugfester als Stahl – und leichter“, sagt Detlef Koch. Jede Carbonfaser ist beschichtet, die Zahl pro laufendem Meter variiert, genauso die Leitfähigkeit. Eine Epoxidharzbeschichtung als Verbundmittel auf dem Gewebe ist statisch besser, aber schlechter für den Stromfluss.

Die Fugen sind das Problem. Sie sind beim Bau – seinerzeit Stand der Technik – nicht vernünftig ausgebildet worden, sagt Koch, die Verbindung zwischen Stahlskelett und Betonelementen ist nicht so eng, wie sie sein könnte. Das ändern sie jetzt. Mit 2000 Bar Wasserdruck haben Kochs Leute bröseliges Material weggefetzt, verfugen passgenau neu, verlegen das KKS-System und tragen wieder Beton auf.

Viel weiter kann seine Firma mit insgesamt 25 Mitarbeitern eigentlich nicht mehr wachsen und das will Koch auch gar nicht. Noch ist er selbst bei allem involviert. Das soll so bleiben. Statt eine zusätzliche Führungsebene einzuziehen, arbeitet er mit Partnerunternehmen zusammen – und weiß dafür im eigenen Laden Bescheid.

>> INFO: Beton-Forschungsgebiete

Die Möglichkeiten in der Betonentwicklung sind groß: Zum einen überall dort, wo viele Fahrzeuge unterwegs sind – Brücken, Parkhäuser, Unterführungen. Außerdem: Gebäude in Erdbebenregionen (Statik) oder in Meeresnähe (Salzkorrosion).


  • Textilbeton ist ein Forschungsgebiet oder leitfähiges Gummi, das als Platten auf Brückenhohlkästen montiert wird, um sie, chronisch sanierungsbedürftig, betriebsbereit zu halten, als „temporäre Instandsetzung“.

  • Außerdem: Brückenköpfe aus Carbon statt Stahl oder Feuchtigkeitssensoren, die präventiv in den Beton eingearbeitet werden. „Wir können dann jederzeit schauen, ob es dem Gebäude gut geht“, sagt Koch.

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