Netphen. . Bürgermeister Paul Wagener macht die verpasste Chance von 2015 öffentlich und gibt dem Ältestenrat die Schuld. Der kann sich nicht erinnern.
Fünf Millionen Euro Bundesmittel für die Modernisierung des Freizeitparks? SPD-Fraktionschef Manfred Heinz zeigte sich am Donnerstag im Rat überrascht über die Darstellung in dieser Zeitung, dass diese Investition am Widerspruch der Runde der Fraktionsvorsitzenden („Ältestenrat“) gescheitert sei. Bürgermeister Paul Wagener möge berichten, wann diese Entscheidung gefallen sei — „damit man sich eventuell mal erinnern kann“.
Bürgermeister Wagener zeigte sich bestens vorbereitet: Am 2. November 2015 habe er dem Ältestenrat das Bundesprogramm „Sanierung kommunaler Einrichtungen in den Bereichen Sport, Jugend und Kultur“ vorgestellt, und am 4. November derselben Runde noch einmal. Nicht wie in dieser Zeitung berichtet 80, sondern sogar 90 Prozent Zuschuss wären möglich gewesen, wenn die Stadt für ein Jahr einen Nothaushalt in Kauf genommen hätte. Die Vertreter der Fraktionen hätten sich darauf nicht eingelassen, der 13. November als Bewerbungsschluss verstrich, ohne dass Netphen einen Antrag gestellt hätte. Wagener ließ keinen Zweifel, warum er die über ein Jahr geheim gehaltene Episode öffentlich machte: Vor einer Woche hatten ihm SPD und CDU in der Haushaltsdebatte vorgeworfen, sich zu wenig um Fördermittel zu kümmern. „Mit diesem Widerspruch müssen Sie sich selbst auseinandersetzen.“
Auch interessant
„Absolut sprachlos“
„Ich kann mich überhaupt nicht erinnern“, sagte Manfred Heinz (SPD). Helga Rock (Grüne) beklagte, dass im Ältestenrat keine Protokolle geführt werden, berichtete dann aber, eine Unterlage zu dem Förderprogramm gefunden zu haben. Es sei aber „einfach unseriös“, nur wenig mehr als eine Woche Beratungszeit einzuräumen. Kämmerer Hans-Georg Rosemann half nach, indem er auch noch den Raum beschrieb, in dem die zweite Zusammenkunft der Fraktionschefs stattfand. UWG-Fraktionschef Helmut Buttler, der an der Runde nicht teilgenommen hatte, warnte: „Wir sind gerade dabei, uns selbst zu zerlegen.“
„Ich bin absolut sprachlos“, sagte Rüdiger Bradtka (CDU): Es könne nicht angehen, dass eine solche Entscheidung an Fachausschüssen und Rat vorbeigehe. „Der Ältestenrat entscheidet grundsätzlich nichts“, betonte CDU-Fraktionschefin Alexandra Wunderlich. Immerhin hatte das Votum der Fraktionsspitzen den Bürgermeister aber so beeindruckt, dass er für seinen Vorschlag keine politische Mehrheit sah. „Es kann doch nicht sein, dass dieser Ältestenrat über Wohl und Wehe dieser Stadt zu befinden hat“, sagte Klaus-Peter Wilhelm (UWG) und forderte, dieses — stets geheim tagende – Gremium abzuschaffen.
56 Projekte hat das Bundesbauministerium schließlich mit Beträgen bis zu vier Millionen Euro gefördert, darunter auch fünf Sportanlagen und Bäder in NRW. „Unser Ältestenrat genießt das vollste Vertrauen der SPD-Fraktion“, sagte Sonia Ricciardi-Gronau (SPD) zum Schluss. In der anschließenden nicht öffentlichen Sitzung berichtete Rechtsanwalt Jochen Billich dem Rat über die Erfolgsaussicht der Klage, mit der die Stadt beim Sportpark Siegerland Pachtzahlungen eintreiben will. Mitte 2019 fällt die Anlage an die Stadt zurück.