Siegen. Laut EU-Richtlinie ist Styropor jetzt Sondermüll. Deshalb nehmen nur wenige Entsorger ihn an. Die Kreishandwerkerschaft Westfalen-Süd spricht von einem „Horrorszenario“.

  • Laut EU-Richtlinie gilt der Dämmstoff Styropor seit Anfang Oktober als Sondermüll
  • Deshalb nehmen ihn in Nordrhein-Westfalen nur noch zehn Müllverbrennungsanlagen an
  • Die Kreishandwerkerschaft Westfalen-Süd spricht von einem „Horrorszenario“

Kreishandwerksmeister Frank Clemens spricht von einem „Horrorszenario“. Momentan lagern in seinem Betrieb rund 30 Kubikmeter Styropor – er wird es nicht los. „Zum Lagern habe ich Platz schaffen müssen.“

Sein Betrieb ist nicht der einzige mit dem Problem: Seit 1. Oktober stapelt sich das Material auf den Baustellen oder auf den Betriebsgeländen der Firmen. Grund dafür ist eine EU-Richtlinie, die Anfang Oktober in Kraft trat: Nach dieser gilt der Dämmstoff Polystyrol nun als Sondermüll, wenn er mit dem Flammschutzmittel HBCD versehen ist.

Nur zehn Anlagen nehmen Dämmstoff in NRW an

Insgesamt gebe es laut Clemens in NRW nur rund zehn Müllverbrennungsanlagen, die den Dämmstoff noch annähmen. Und: Weil sie wüssten, wie schwer Dachdecker ihn loswürden, verlangten sie aktuell viel höhere Preise. „Während eine Tonne Styroporabfälle bisher um die 200 Euro kostete, sind es jetzt bis zu 5000 Euro.“

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Weil die Preisentwicklung unklar ist, ist es für Betriebe zurzeit kaum möglich, Angebote für Aufträge abzugeben. „Bei einem Dach von 100 Quadratmetern kostet die Entsorgung aktuell 7500 Euro. Die Entsorgungskosten machen so rund ein Drittel des neuen Daches aus,“ rechnet Clemens vor. Styroporabfall entsteht insbesondere bei der Sanierung von Flachdächern. Diese Arbeiten machen etwa 30 bis 40 Prozent des Auftragsvolumens eines Dachdeckerbetriebes aus. „Wir können froh sein, dass wir Winter haben“, sagt Clemens. Bei Kälte gibt es weniger Flachdacharbeiten.

Das Thema betrifft jedoch nicht nur die Dachdeckerbetriebe. Auch Fliesenleger, Maler und Lackierer oder Tischler sind davon betroffen; rund 750 Betriebe im Bezirk der Kreishandwerkerschaft. Die Politik indes tritt auf der Stelle. Bei der Umweltministerkonferenz in Berlin ist Anfang Dezember keine Lösung erzielt worden. Der Landtag beschäftigt sich kommende Woche mit dem Problem.

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CDU-Landtagsabgeordneter Jens Kamieth: „Wir fordern die Landesregierung auf, im Bundesrat eine Initiative zur Änderung der Abfall-Verzeichnis-Verordnung zu ergreifen. Ziel muss sein, dass derartige Abfälle wieder in Verbrennungsanlagen entsorgt werden können.“ Die Kreishandwerkerschaft appelliert an die Heizkraftwerke, mehr Styropor anzunehmen. „Aktuell gibt es welche, die 15 Volumenprozent annehmen“, sagt Clemens, selten auch mal mehr.

Großes Problem bei Flachdacharbeiten

Das ist bei Dachdecker Büdenbender der Fall. „Wir haben einen Entsorger gefunden, der uns 25 Prozent abnimmt“, sagt Sekretärin Sina Heinbach. Auch hier gäbe es aber Baustellen, bei denen Unmengen großer Säcke mit altem Styropor lagerten. Bach-Weil in Netphen sei laut Geschäftsführer Joachim Weil „gerade in der glücklichen Lage, dass wir nicht viele Styroporarbeiten haben.“ Auch er spricht aber „von einer beängstigenden Situation“. Wenn wieder mehr Flachdacharbeiten anfielen, „haben wir ein großes Problem.“