Netphen-Salchendorf. . Die Staatsanwaltschaft ermittelt unter anderem wegen Körperverletzung gegen die Leiterin der Einrichtung in Salchendorf. Ein Informant berichtet vom Umgang mit den Kindern im Haus.
Die Staatsanwaltschaft hat ein Ermittlungsverfahren gegen die Leiterin des Salchendorfer Kinderheims eingeleitet, dessen Bewohner am Montag und Dienstag vom Kreisjugendamt aus der Einrichtung heraus in Obhut genommen worden sind. Ermittelt werde wegen Körperverletzung „und anderer Delikte“, sagte Oberstaatsanwalt Johannes Daheim dieser Zeitung auf Anfrage, „das wird sich im Rahmen der Ermittlungen zeigen.“
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Geprüft werde auch, ob der Leiterin zum Beispiel der Missbrauch Schutzbefohlener vorzuwerfen sei. Bei der Kreispolizeibehörde ist eine Ermittlungskommission eingesetzt worden. Mehrere Beamte vernehmen nun Zeugen. Dabei gehe es nicht nur um aktuelle Vorkommnisse. „Das reicht über einen langen Zeitraum zurück.“
„Das grenzte schon an Stasi-Methoden"
Nach Informationen dieser Zeitung sollen in dem Heim Kinder zur Bestrafung gezielt isoliert und schwerer psychischer Gewalt ausgesetzt gewesen sein. „Das grenzte schon an Stasi-Methoden“, sagte ein Informant, der sich im Umfeld des Kinderheims bewegt. Beispielsweise sollen bei Fehlverhalten die Kinderzimmer mit allen persönlichen Gegenständen ausgeräumt worden sein. So hätten die Kinder tagelang nur noch ein Bett auf dem Zimmer gehabt. Kinder hätten zur Strafe stundenlang auf einem Stuhl sitzen bleiben müssen. Teilweise hätte es auch Verbote gegeben zu sprechen – untereinander und mit den Betreuern. Johannes Daheim bestätigte die vorliegenden Einzelbeispiele nicht. „Doch es geht in diese Richtung“, so der Leitende Oberstaatsanwalt.
Unterdessen meldete sich ein junger Erwachsener in unserer Redaktion, der bis vor einem Monat in der Salchendorfer Wohngruppe gelebt hat – und mit Unverständnis auf die aktuellen Äußerungen reagiert: „Ich habe elf Jahre dort gewohnt“, sagt der 19-Jährige, „die haben den Kindern immer gut geholfen.“ Er selbst verdanke der Einrichtung, dass er den Hauptschulabschluss geschafft habe und nun eine Ausbildung zum Dachdecker beginnen konnte.
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Auch die Zimmer, die sich jeweils zwei Jugendliche teilten, seien groß genug gewesen. Die Jugendlichen hätten selbst den Garten mitgestalten können, es gab Urlaubsfahrten zum Wandern und Skifahren nach Österreich. Wenn jemand „großen Mist“ gebaut habe, sei er schon einmal um 19 Uhr ins Bett geschickt worden; manchmal mussten Aufsätze geschrieben werden, in denen die Verfasser sich mit Fehlverhalten auseinandersetzen. Gab es Schläge? „Nicht ein einziges Mal.“
Standorte in Salchendorf und Anzhausen
Die Betriebserlaubnis für das Heim hat das Landesjugendamt des Landschaftsverbandes erteilt. Für die Entscheidung, ob diese Erlaubnis entzogen wird, wird dort unter anderem auch die Frage der Überbelegung geprüft. Die Betriebserlaubnis galt nur für 16 Plätze, die auf zwei Standorte in Salchendorf (10) und Anzhausen (6) verteilt sind. Faktisch hat sich der Betrieb offensichtlich auf Salchendorf konzentriert.
Nach einer Überprüfung des Heims am Montag hatte das Jugendamt 19 der zu diesem Zeitpunkt anwesenden Kinder und Jugendlichen in Obhut genommen; einige Kinder hatten ausdrücklich gewünscht, nicht mehr in der Wohnstätte bleiben zu müssen. Zwei weitere Jugendliche sind am folgenden Tag ausgezogen, einer blieb auf eigenen Wunsch bis zur Entscheidung des für ihn zuständigen Jugendamts.
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