Netphen-Salchendorf. . Das Kreisjugendamt hat am Montag 22 Kinder in Obhut genommen. Sie waren in einem privaten Kinderheim untergebracht. Dort sei Kindeswohl massiv gefährdet, heißt es.

Das Kreisjugendamt hat am Montagnachmittag 22 Kinder in Obhut genommen, die bis dato in einem privaten Kinderheim in Salchendorf untergebracht waren. „Wir stellten eine massive Kindeswohlgefährdung fest“, sagte Torsten Manges, Pressesprecher des Kreises. „Einen Einsatz dieses Ausmaßes hat es in Siegen-Wittgenstein bisher nicht gegeben.“ Die Heimleitung wollte sich gegenüber dieser Zeitung nicht zu den Vorwürfen äußern.

Das Jugendamt reagierte am Montagnachmittag auf einen Hinweis, dass die Kinder dort nicht gut untergebracht sind. Die Kinder, zwischen sieben und 17 Jahre alt, werden nun in der Bereitschaftspflege in Siegen-Wittgenstein betreut. Drei weitere Kinder waren, als das Jugendamt am Montagnachmittag einschritt, nicht greifbar, sie sollen sich aktuell noch in der Einrichtung befinden. Ob diese Kinder nun auch in Obhut genommen werden, ist laut Jugendamt noch nicht geklärt.

Privater Träger

Das Heim wird privat geführt und besteht schon seit vielen Jahren. Das Landesjugendamt in Münster prüft nun, ob der Leitung die Betriebserlaubnis entzogen wird. Ein Punkt dieser Prüfung werde auch die Überbelegung sein, so Karl Donath, Pressesprecher des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL). Zugelassen sind 16 Plätze. Im Heim lebten jedoch nach derzeitigem Stand 25 Kinder. Außerdem wertet der LWL die Protokolle aus, die in Gesprächen mit den Kindern angefertigt wurden.

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Was sich hinter den Mauern des Heimes in Salchendorf abgespielt hat, ist noch nicht bekannt. Das Jugendamt äußert sich mit Hinweis auf die Persönlichkeitsrechte der Schutzbefohlenen dazu nicht. Die Entscheidung, das Kinderheim zu räumen, sei schnell getroffen worden, nachdem sich die Mitarbeiter in Gruppen mit den Kindern und Jugendlichen unterhalten hatten. Vorübergehend wurde hierfür auch die Gaststätte Zum Johannland genutzt. In den Gesprächen, die bis in den späten Abend dauerten, hätten einige Kinder dringend darum gebeten, nicht in das Heim zurückkehren zu müssen.

Suche nach anderen Betreuungsmöglichkeiten

Jugendamtsleiterin Pia Cimolino verwies im Gespräch mit unserer Zeitung darauf, dass es nicht um Straftaten gehe, die jedermann anzeigen muss: Das sind, nach Paragraf 138 des Strafgesetzbuchs, Mord, Totschlag, Straftaten gegen die persönliche Freiheit, Raub, räuberische Erpressung oder vergleichbar schwerwiegende Straftaten. Kindeswohlgefährdung ist in diesem Paragrafen nicht aufgelistet. „Unser Weg ist zunächst der zum Familiengericht oder die Inobhutnahme“, sagt Pia Cimolino. Vorrangig sei gewesen, für die Kinder andere Betreuungsmöglichkeiten zu finden. Inzwischen bestehe auch ein Kontakt zu Polizei und Staatsanwaltschaft. Torsten Manges, Pressereferent des Kreises: „Inwieweit das justiziabel ist, damit muss sich nun ein Staatsanwalt beschäftigen.“

Was noch?
- Keines der vermeintlichen Opfer kommt aus dem Kreisgebiet. Da das Heim von neun verschiedenen Jugendämtern belegt wird, jedoch nicht vom Kreisjugendamt. Das Jugendamt hat deshalb auch nicht die Vormundschaft für die 22 Kinder und Jugendlichen.
- Ein Jugendamt hat nach Bekanntwerden der Vorwürfe bereits angekündigt, in Zukunft nicht mehr mit der Heimleitung der betroffenen Einrichtung zu arbeiten.

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