Siegen. . Das Siegener Museum für Gegenwartskunst widmet dem Maler Lucian Freud eine ganz besondere Ausstellung: Erstmals ist es gelungen, in einer großen Schau das Tier im Mittelpunkt Freudschen Schaffens zu würdigen.
„Was verlange ich von einem Bild? Ich will, dass es in Staunen versetzt, verstört, verführt, überzeugt.“ Diesen selbst formulierten Anspruch hat der britische Maler Lucian Freud (1922-2011) sein Künstlerleben lang mit Bravour eingelöst. Und vor allem in Bezug auf das Moment der Verstörung längst nicht immer im ganz harmonischen Einvernehmen mit dem Publikum.
Die Stadt Siegen verlieh dem Enkel des Psychoanalytikers Sigmund Freud schon im Jahre 1997 den international renommierten Rubenspreis. Das Siegener Museum für Gegenwartskunst widmet nun dem eigenwilligen Künstler unter dem Titel „Lucian Freud und das Tier“ vom 1. März bis zum 7. Juni eine ganz besondere Ausstellung. Erstmals ist es nämlich gelungen, in einer großen Schau das Tier im Mittelpunkt Freudschen Schaffens ausdrücklich zu würdigen.
Von den insgesamt 17 Freud-Werken, die im Siegener Museum beheimatet sind, wurden einige in die Themenaussstellung integriert, während die übrigen ebenfalls im Haus an anderer Stelle zu sehen sind. Vor allem private Sammler aus Großbritannien und den USA haben die Präsentation mit ihren Leihgaben ermöglicht, zudem aber auch so weltberühmte Häuser wie etwa die Londoner Tate.
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Das letzte Bild blieb unfertig
Das Ergebnis spiegelt sich in mehr als 30 Tierdarstellungen, vom Ölgemälde über die Radierung bis hin zur Zeichnung. Das Tier hatte stets in Lucian Freuds Kunst einen zentralen Stellenwert. Der Künstler fasste es einmal so zusammen: „Als junger Maler hatte ich Schwierigkeiten, lebende Modelle zu finden und vermutlich habe ich deshalb so viele tote Tiere gezeichnet und gemalt.“
Doch das Tier-Thema geht natürlich wesentlich tiefer. „Wenn ich bekleidete Menschen male, denke ich immer an nackte Menschen - oder bekleidete Tiere“, erklärte Lucian Freud ein wenig verrätselt. Und als er 2011 in London starb, da stand die noch nicht ganz vollendete Arbeit mit einem großformatigen Nackt-Porträt seines Assistenten David Dawson auf der Staffelei - und neben Dawson lag ein schlafender Windhund.
Hunde, Pferde, Katzen, Fledermäuse oder Vögel: Lucian Freud erkannte im Tier stets das neben dem Menschen gleichberechtigte Lebewesen.
Der Körperlichkeit von Mensch und Tier - nicht selten bezeichnend auf einem gemeinsamen Bild vereint - galt das besondere Augenmerk des Künstlers. In der Darstellung lehnte Lucian Freud konsequent jede unnatürliche Verschönerung ab. Mitunter drastisch und immer schonungslos fielen seine Porträts aus. Der Nackte oder die Nackte wurden bei Freud zum Abbild der Wirklichkeit, nicht zum Subjekt erotischer Phantasien. „Die Malerei hat für mich das Ziel, durch eine intensive Darstellung der Realität die Sinne anzusprechen“, lautete ein weiteres Freud-Postulat, dem er sich unbedingt verpflichtet fühlte.