Neheim/Werl. . Solidarität unter Nachbarn: Der Jägerverein Neheim hat jetzt den muslimischen Schützenkönig Mithat Gedik und seine Frau Melanie zur Teilnahme am Festzug eingeladen. Der Schützen-Dachverband hatte Gedik zuvor aufgefordert, seine Königskette abzulegen - weil er kein Christ ist.
Wenn die Jäger des mehr als 1600 Mitglieder starken Jägervereins Neheim bei ihrem Festzug am übernächsten Sonntag von weit mehr als 10.000 Zuschauern längs der Straßen bejubelt werden, könnten die Augen auch auf Gäste aus dem Werler Ortsteil Sönnern gerichtet sein. Der Vorstand hat in einem Schreiben an die St. Georg Schützenbruderschaft Sönnern-Pröpsting den muslimischen Schützenkönig Mithat Gedik und dessen Ehefrau Melanie zur Teilnahme am Festzug während des Neheimer Jägerfestes eingeladen.
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Die Jäger sehen darin ein Zeichen der Solidarität mit dem muslimischen Schützenkönig, der sich im Konflikt mit dem Bund der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften (BHDS) befindet.
Ausgrenzung aus religiösen Motiven verhindern
„Denn unser 180 Jahre alter Jägerverein war 1834 insbesondere deshalb gegründet worden, um eine Ausgrenzung von Menschen aus religiösen, sozialen oder ähnlichen Motiven zu verhindern“, heißt es in einem Brief von Jägeroberst Klaus Humpe an den Brudermeister in Sönnern, Olaf Schmitz.
Um so mehr bedauern es die Neheimer Jäger, dass der BHDS den muslimischen Schützenkönig nicht toleriert. Zur Teilnahme am Jäger-Festzug, der am Sonntag, 17. August, um 15 Uhr durch die Neheimer Innenstadt führt, sind das Königspaar mit seinem Hofstaat sowie der Vorstand der Schützenbruderschaft St. Georg eingeladen.
"Es ist alles gesagt"
Heute berät der Dachverband BHDS den Fall. Derweil ist in Sönnern ein wenig Ruhe eingekehrt. Pastor Christoph Severin, der beim Schützenhochamt im vergangenen Juli von „gelebter Integration“ gesprochen hatte, ist am Telefon zwar freundlich, aber eher wortkarg.
„Es ist doch alles schon gesagt“, so der katholische Geistliche und Präses der St. Georg Schützenbruderschaft. Zum Beispiel? „Dass wir nach dem Vogelschießen den Schützenkönig fröhlich begrüßt haben.“ Pastor Severin steht in diesen Tagen im engen Kontakt mit dem Schützenvorstand, lässt er sich noch entlocken, bevor er ein dezentes Signal sendet, dass ein weiteres Nachfragen zwecklos ist: „Wir sollten es dabei belassen.“
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Raimund Reuther ist stellvertretender Oberst der St.-Johannes-Baptist-Schützenbruderschaft in Neheim, die beiden Schützendachverbänden angehört (Sauerländer Schützenbund und BHDS). Der Lehrer hat seinerzeit den Antrag formuliert, das Schützenwesen als Weltkulturerbe eintragen zu lassen. Befürchtet er, dass die bundesweite Diskussion um den muslimischen Schützenkönig die Bestrebungen lähmt? „Das kann passieren, aber ich hoffe, es passiert nicht. Ich wünsche mir, dass sich die vernünftigen Stimmen durchsetzen.“
Vielleicht, so sagt Reuther, wäre gerade jetzt ein solcher Titel Ansporn für die Schützen, sich weltoffen zu zeigen - „wie das die Unesco fordert“. Das bedeute: tolerant und offen zu sein; nicht auszugrenzen, sondern zu vermitteln, dass jeder willkommen ist. „Wenn man als Schützenbruderschaft weltoffen sein will, muss man auch über die Möglichkeiten der Integration Andersgläubiger nachdenken.“ Bei den Neheimer St.-Johannes-Baptist-Schützen gibt es seit Jahren Gastmitgliedschaften für andersgläubige Mitbürger.
Multi-kulturelle Gesellschaft
Schützen müssten nicht jedem Zeitgeist hinterher rennen, so Reuther weiter. „Aber sie müssen doch akzeptieren, dass wir in einer multi-kulturellen Gesellschaft leben.“
Den Schützenkönig aus Sönnern - Vater von vier katholisch erzogenen Kindern - sieht Reuther als Paradebeispiel für eine gelungene Integration. Die Entscheidung des dortigen Vorstandes, ihn beim Vogelschießen mitmachen zu lassen, sei nachvollziehbar. „Letztlich geht es aber immer um eine Einzelfallentscheidung.“
In den Streit um einen muslimischen Schützenkönig hat sich die Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) eingeschaltet. In einem Brief an den Geschäftsführer des Bundes der Historischen Deutschen Schützenbruderschaft (BHDS) nennt ADS-Leiterin Christine Lüders die Haltung des Dachverbandes intolerant und diskriminierend.