Meschede. . So traurig sie ist, die Entscheidung ist endgültig. Allen 37 jungen Leuten, die zum 1. September eigentlich als Auszubildende bei Martinrea-Honsel anfangen sollten, wird gekündigt. Betroffen sind 36 am Standort Meschede, einer am Standort in Soest. Die meisten sind Kinder von Beschäftigten. Die Kündigungen können jetzt verschickt werden.

Die offizielle Begründung des Unternehmens lautet, die Geschäftsführung sehe „keinen Ausbildungsbedarf“. Gestern hat sich der Betriebsrat mit den Kündigungsanträgen, die die Geschäftsführung eingebracht hat, beschäftigen müssen. Der Betriebsrat musste nur angehört werden. Nach Angaben der Betriebsratsvorsitzenden Verena Ridder widersprach der Betriebsrat dabei den Anträgen und äußerte seine Bedenken.

Klagen sind theoretisch möglich

Theoretisch könnten die 37 jetzt vor dem Arbeitsgericht klagen. Ernüchternd dabei: Selbst wenn ein Richter der Klage auf Einstellung stattgeben würde, könnte ein Arbeitgeber dann in der Probezeit ohne Angaben von Gründen kündigen.

Die auch für den Betriebsrat überraschende offizielle Begründung des Unternehmens lautet, die Geschäftsführung sehe „keinen Ausbildungsbedarf“. Dem widerspricht die Betriebsratsvorsitzende: „Wir leiden doch auch unter dem demografischen Wandel und brauchen Fachkräfte.“ Der Betriebsrat sieht hinter den Kündigungen tatsächlich vor allem Kosteneinsparungen.

Entscheidung kommt aus Firmentrale in Kanada

Die Entscheidung, den gesamten Jahrgang einzusparen, kommt unmittelbar aus der Firmenzentrale in Toronto/Kanada: „Hier am Standort kann man niemandem einem Vorwurf machen“, sagt Ridder. Auch der Betriebsrat sei davon überrascht worden, die Kündigungsabsichten seien vom einen Tag auf den anderen bekannt geworden. Das Unternehmen wolle sich jetzt mit bemühen, die 37 bei anderen Betrieben im Sauerland unterzubringen. Ob Martinrea 2013 wieder ausbildet, ist offen: Der Bedarf werde noch geprüft, erfuhr der Betriebsrat.

Für die 37 jungen Leute hat nach dem Bericht Automobilzulieferer Martinrea-Honsel will keinen Auszubildenden einstellen eine Welle der Solidarität eingesetzt. Die Interessengemeinschaft Mescheder Wirtschaft wirbt bei ihren Unternehmen darum, zusätzliche Lehrstellen zu schaffen. Auch Bürgermeister Uli Hess ruft dazu auf, „einen Auszubildenden mehr einzustellen als geplant: Hier können Sauerländer Unternehmen ihre Verlässlichkeit beweisen.“ Der DGB-Kreisvorsitzende Wolfgang Zeh will die Industrie- und Handelskammer einschalten, damit auch die sich um neue Ausbildungsplätze kümmert.

„Martinrea wird vom Gedanken getrieben, Geld einzusparen“

Wolfgang Werth, Erster Bevollmächtigter der IG Metall, bleibt dabei: „Martinrea wird vom Gedanken getrieben, Geld einzusparen.“ Bei den Verhandlungen zuletzt wollte Martinrea durchsetzen, Auszubildende nach der Lehre fünf Jahre an sich zu binden – „das lässt die rechtliche Schiene natürlich nicht zu“, sagt Werth: „Ich kann niemanden dazu verpflichten, bei einem Arbeitgeber zu bleiben.“ Das Unternehmen habe die Rechnung aufgemacht: 486 Azubis seien für zwölf Millionen Euro ausgebildet worden, heute aber seien „nur“ 211 davon bei Martinrea noch tätig. Die Schlussfolgerung, die die Unternehmensführung daraus zog, erinnert sich Werth: „Wir geben doch kein Geld für andere aus.“

Werth glaubt, Martinrea habe die Folgen seiner Vorgehensweise „überhaupt nicht auf dem Schirm“: Denn welcher junge Mensch werde sich jetzt im nächsten Jahr noch bei Martinrea bewerben wollen? „Die langfristigen Schäden sind enorm.“