Meschede.
Die Eindrücke des Tages hatten ihn aufgewühlt - aber auch angespornt. Als Franz Müntefering Mittwochnachmittag die AWO-Tageseinrichtung „Wendepunkt“ in Meschede verließ, war ihm klar: „Wir müssen richtig Stoff geben.“
Vier soziale Einrichtungen in zwei Tagen. Der ehemalige Bundesarbeits - und sozialminister Franz Müntefering tourte durch seinen Wahlkreis, um sich ein Bild von der sozialen Arbeit vor Ort zu machen. In Meschede schaute er in der AWO-Tageseinrichtung „Wendepunkt“ in der Briloner Straße den Mitarbeitern über die Schulter. Hier werden psychisch erkrankte Menschen betreut.
„Wir haben es im Arbeitsschutz geschafft zu verhindern, dass Beine und Arme abfallen, aber die Psyche haben wir außen vor gelassen“, sagte Müntefering nach seinem Besuch. Der gebürtige Neheimer zeigte sich verwundert, angesichts von nur 15 zur Verfügung stehenden Betreuungsplätzen für psychisch Erkrankte in Meschede. Müntefering: „Wer sich die Knochen bricht, wird doch auch sofort behandelt. Das muss auch für psychische Erkrankungen gelten.“ Der Landschaftsverband finanziere die teilstationäre Behandlung von Menschen bis zum 64. Lebensjahr, aber nicht nach dem Renteneintritt.
„Das System ist auf Kante genäht“
Der SPD-Politiker verwies auch auf den Mangel an Ärzten im psycho-therapeutischen Bereich: „Da brauchen wir viel mehr Personal.“ Einen der größten Knackpunkte stelle aber der Wegfall der Zivildienstleistenden im kommenden Sommer dar. „Mit einem Schlag brechen diese Kräfte weg. Und ähnlich wie bei der Bundeswehr ist die Zahl der Freiwilligen zu gering“, erklärte Müntefering. Die Aussetzung der Wehrpflicht sei nicht mit genug Bedacht in die Wege geleitet worden.
Er will die im Hochsauerland gesammelten Eindrücke nun mit nach Berlin nehmen. Müntefering: „Wir müssen eine große Pflegedebatte führen und die Kommunen stärken. Hier sind Bund und Länder gefragt. Nur so gelingt die soziale Gesellschaft.“ Die Arbeit im sozialen Bereich müsse aufgewertet werden. Mehr Personal und eine bessere Entlohnung müssten her. „Das System ist auf Kante genäht“, so Müntefering.