Meschede. In Meschede und Bestwig werden systematisch Plakate beschmiert. Nur eine Partei bleibt bislang verschont. So reagieren die Politiker.

Die SPD im Hochsauerlandkreis ist von einer Vandalismus-Serie betroffen. Die Sozialdemokraten berichten von einer „Zunahme an Beschädigungen und Schmierereien“. Das Ziel sind vor allem: die großen Plakatwände, auf denen Bundeskanzler Olaf Scholz neben Katarina Barley, SPD-Spitzenkandidatin im Europawahlkampf, zu sehen ist.

Mit Edding verunstaltet

In Wehrstapel wurde dem Kanzler erst mit Edding ein Hitlerbart gemalt, dann folgte eine Schmiererei, die an die Anonymous-Maske erinnert. Zuletzt wurde nun auch die große Stellwand am Ruhrplatz bei den Stelzenläufern in Meschede zerstört. Große Teile des Plakats haben Unbekannte herausgerissen.

Gebot aus der Bibel

An der Schützenhalle in Velmede bekritzelten Unbekannte das Gesicht des Bundeskanzlers zunächst mit einem Phallussymbol. Als diese Schmiererei überklebt wurde, folgte die nächste Tat. Wie auch auf einer Stellwand in Olsberg schrieb jemand das Wort „Lügner“ und „§ 8“ über den Kopf des Kanzlers. Die Handschrift war in beiden Fällen identisch.

Es zeigt, wie sehr mittlerweile Respekt in der politischen Auseinandersetzung abhandengekommen ist.
Dirk Wiese (SPD)

Dieser Schriftzug solle sich auf das 8. Gebot der Bibel („Du sollst nicht lügen.“) beziehen und tauche „häufig in sozialen Medien bei AfD-Sympathisanten, sogenannten Querdenken und Reichsbürgern auf“, berichtet Bundestagsabgeordneter Dirk Wiese und Vorsitzender der SPD im HSK.

Verrohung deutlich

Wiese weiter: „Wir verurteilen so etwas auf das Schärfste. Es zeigt, wie sehr mittlerweile Respekt in der politischen Auseinandersetzung abhandengekommen ist. Gerade der Satz vom AfD-Vorsitzenden Gauland „Wir werden sie jagen!“ steht exemplarisch für die Verrohung des politischen Klimas von rechts.“

Beschmierte Wahlplakate der SPD in Meschede-Wehrstapel.
Beschmierte Wahlplakate der SPD in Meschede-Wehrstapel. © WP | Ilka Trudewind

Die Sozialdemokraten bringen diese Fälle stets zur Anzeige. Die Polizei übermittelt alle Sachbeschädigungen an den Staatsschutz, der bei politisch motivierten Straftaten tätig wird.

Es gibt einen gewissen Stolz, beschädigte Plakate nicht hängenzulassen. Das fühlt sich wie ein verlorener Kampf an.
Jörg Rostek, Grüne Hochsauerland

Zerstöre Wahlplakate in Meschede: Hier liegt ein Plakat der Grünen am Boden.
Zerstöre Wahlplakate in Meschede: Hier liegt ein Plakat der Grünen am Boden. © WP | Ilka Trudewind

Neu beklebt

Auch die Grünen haben im laufenden Europaparlamentswahlkampf mit Vandalismus zu kämpfen. Bislang liegen Schadensmeldungen aus Arnsberg, Bestwig, Brilon, Marsberg, Meschede und Sundern vor. In einem Ort wurden sogar systematisch über Nacht alle Plakate heruntergerissen. „Bereits einen Tag, nachdem unsere Großflächenplakate, die so genannten Wesselmänner, aufgestellt waren, waren zahlreiche beschmiert oder heruntergerissen“, so Jörg Rostek, Geschäftsführer der Grünen im Hochsauerland.

Beschmierte Wahlplakate der SPD in Velmede.
Beschmierte Wahlplakate der SPD in Velmede. © WP | Ilka Trudewind

Windkraftgegner am Werk?

In diesem Ort laufe nach Angaben der Grünen schon seit Jahren eine Kampagne gegen Windenergie, sie vermuten deshalb einen Zusammenhang. Auf eine Anzeige habe der Kreisverband verzichtet, um die „Gemüter nicht noch stärker zu erhitzen“. Anders sei dies, wenn Hinweise vorliegen, dass Rechtsradikale hinter der Zerstörung strecken. Diese würden grundsätzlich zur Anzeige gebracht.

Grundsätzlich neu bekleben

SPD und Grünen bekleben verunstaltete oder zerstörte Plakatwände grundsätzlich neu. Die A1-Plakate werden erneuert. „Es gibt einen gewissen Stolz, beschädigte Plakate nicht hängenzulassen. Das fühlt sich wie ein verlorener Kampf an“, erklärt Jörg Rostek.

2500 Plakate im HSK

Insgesamt hat der Grüne-Kreisverband gemeinsam mit den Grünen vor Ort 51 Wesselmänner und 918 Plakate geordert (Stand 30. April 2024). Die SPD hat im HSK derzeit 31 Wesselmänner aufgestellt und etwa 2500 A1-Plakate bestellt. Die Wahlwerbung für die Europawahl 2024 wird von der Bundespartei gezahlt. Eine Zahl zur Verdeutlichung: Im Bundestagswahlkampf 2021 hat die HSK-SPD eine Stellwand rund 400 Euro gekostet.

Ein Wahlplakat der FDP an der Warsteiner Straße.
Ein Wahlplakat der FDP an der Warsteiner Straße. © WP | Ilka Trudewind

Auch AfD betroffen

Auch die Plakate der AfD sind im laufenden Europawahlkampf zerstört und gestohlen worden. Zuletzt verschwanden beispielsweise alle Plakate in der Neheimer Fußgängerzone, Meschede haben Unbekannte auf der Coventry-Brücke in Meschede die Wahlwerbung heruntergerissen. „Armselig“, nennt Otto Strauß, Sprecher der AfD im HSK, diese Form des Vandalismus‘. „Wir sind schon seit Jahren, eigentlich seitdem es uns gibt, davon betroffen. Der Unterschied ist jetzt nur, dass auch die anderen Parteien betroffen seien“, berichtet der Arnsberger. Er ist überzeugt davon, dass dies keinen Prozentpunkt mehr oder weniger im Wahlergebnis ausmache. Die AfD zeige jeden Fall an, „damit es in die Statistik eingeht“, so Strauß. An eine Aufklärung der Taten hält er, auch aus der Erfahrung der vergangenen Jahre, für unrealistisch.

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CDU und FDP weniger betroffen

Bislang ist bei der CDU kein Fall von Vandalismus bekannt. „Wir sind derzeit wohl weniger im Fokus“, sagt Dieter Berger, Leiter des Wahlkreisbüros von CDU-Europakandidat Peter Liese. Ähnlich sieht es auch bei den FDP-Wahlplakaten aus. Klaus Willeke, Europakandidat der FDP im HSK, berichtet von wenigen Einzelfällen. Bei mutwilliger Zerstörung werde Anzeige gegen Unbekannt erstattet. Die Hoffnung auf Aufklärung sei jedoch gering.