Meschede. Mehrweg wird Pflicht für die Gastronomie: Es rollt eine Bürokratie-Welle auf die Betriebe zu. Es gab bereits Post im Hochsauerland.

Rund 800 Betriebe haben in den vergangenen Wochen unerwartet Post vom Hochsauerlandkreis bekommen. Es ging ein Aufschrei durch die Gastro-Branche. Und auch die Behörde leidet mit. Landrat Dr. Karl Schneider findet deutliche Worte: „Mir geht es zunehmend auf den Wecker, dass alles und jedes detailliert geregelt werden muss. Wir sollten mal wieder etwas nüchterner an Problemlösungen herangehen und die oft übertriebene Bürokratiehysterie eindämmen.“

Landrat sieht HSK drangsaliert

Darum geht es: die Mehrwegangebotspflicht. Sie klingt harmloser als sie ist. Daher sagt der Landrat auch: „Wir alle werden von immer mehr Bürokratie von Europa, Bund und Land drangsaliert. Die, die am Sonntag von Bürokratieabbau sprechen, setzen montags bis freitags eine neue Bürokratie in Gang.“ In diesem Fall gemeint: die Bundesregierung. Sie hat das Gesetz beschlossen. Jetzt muss es überwacht werden. Diese Aufgabe fällt dem Hochsauerlandkreis zu. Vier Seiten ist der Brief lang, der daraufhin verschickt worden ist, darunter ein Fragebogen. Auch Bußgelder werden angedroht.

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Bereits seit dem 1. Januar 2023 gilt die Mehrwegangebotspflicht für so genannte Letztvertreiber von Einwegkunststoff-Lebensmittelverpackungen und Einweggetränkebechern - selbstverständlich mit zahlreichen Unterregelungen und Ausnahmen, zum Beispiel für Betriebe mit weniger als fünf Mitarbeitern und 80 Quadratmetern. Alle anderen müssen Verbrauchern ihre Waren auch in mitgebrachte Mehrwegbehältnisse abfüllen, hygienische Standards vorausgesetzt. Und sie müssen Hinweistafeln aufstellen, „gut sichtbar und lesbar“.

Es fehlte der Leitfaden

Jetzt, nach mehr als einem Jahr, startet die Kontrolle. Der Grund dafür: deutsche Bürokratie. Es fehlte lange Zeit ein Leitfaden „zum Vollzug der Mehrwegangebotspflicht“ und es mangelte zusätzlich vor Ort an Personal. Schließlich sah sich die Untere Abfallwirtschaftsbehörde des Hochsauerlandkreises gezwungen, selbst ein Konzept zu entwickeln, wie mit der neuen Regelung umgegangen werden soll. Bei ersten Kontrollen vor Ort stellte die heimische Behörde fest, dass viele Betreiber gar nicht Bescheid wussten. Die Folge: Der Hochsauerlandkreis schrieb sie alle an.

Dieser Fragebogen ist Teil des mehrseitigen Schreibens an die Gastronomen.
Dieser Fragebogen ist Teil des mehrseitigen Schreibens an die Gastronomen. © Privat

„Dies bietet den Anbietern einerseits die Möglichkeit, sich mit der Regelung auseinanderzusetzen, ohne, dass sie direkt mit einem Bußgeld rechnen müssen, und andererseits ist es ihnen möglich, offene Fragen zu kommunizieren“, so die Untere Abfallwirtschaftsbehörde. Sie wolle erreichen, dass nicht direkt „mit der Keule“ auf die Betreiber losgegangen werde, sondern Hilfestellungen zu möglichen Schwierigkeiten bei der Umsetzung geboten werden könnte. „Die Untere Abfallwirtschaftsbehörde tritt hier als beratender Dienstleister in Erscheinung. Erste Erfahrungen haben gezeigt, dass eine solche Vorgehensweise sinnvoll ist, um die Umsetzung erfolgreich zu gestalten und offene Fragen zu klären.“ In Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr NRW hätten zudem schon einige offene Fragen beantwortet werden können.

Immer neue Aufgaben

Es ist übrigens nicht die einzige Aufgabe, die bei der Fachbehörde des Hochsauerlandkreises in den vergangenen Jahren hinzugekommen ist. Da ist beispielsweise das Elektro- und Elektronikgerätegesetz, die Überprüfung von Pfand im Rahmen des Verpackungsgesetzes, da sind Neuerungen im Bereich der Einwegkunststoffverordnung und in der abfallrechtlichen Marktüberwachung. Und natürlich werden auch die Kontrolleure kontrolliert: „Durch höhere Stellen wird ebenfalls überprüft, ob diese Pflichtaufgaben auch wahrgenommen werden. Dies geschieht zum Beispiel über regelmäßige Abfragen über die durchgeführten Fälle.“

Die ausufernde Bürokratie betrifft die, die Regelungen vor Ort umsetzen müssen, nahezu täglich.
Martin Reuther - Pressesprecher des Hochsauerlandkreises

Martin Reuther, Pressesprecher des Hochsauerlandkreises: „Die ausufernde Bürokratie betrifft die, die Regelungen vor Ort umsetzen müssen, nahezu täglich. Allein zuletzt haben wir wieder drei neue Themenfelder hinzubekommen...“